Was sagt Frau Sabienes?
In den Marschlanden von North Carolina, 1952. Die kleine Kya ist gerade einmal sechs Jahre alt, als ihre Mutter die Familie verlässt. Als kurze Zeit später ihre Geschwister davon laufen, ist sie mit ihrem alkoholkranken und aggressiven Vater alleine. Sie leben mehr schlecht als recht von seiner kleinen Invalidenrente in einer Holzhütte mitten in der Marsch – die Niederungen zwischen dem Atlantik und dem Festland. Irgendwann macht sich auch der Vater aus dem Staub und Kya steht ganz alleine da.
Ohne Familie, ohne Schulbildung und ohne Geld.
Aber sie schlägt sich durch. Mit dem Verkauf von gesammelten Muscheln verdient sie sich ein bisschen Geld, bringt sich selber bei, zu angeln und mit dem Boot zu fahren. Und ihre Marsch, die Lagune und die Sandbänke kennt sie bald wie ihre Westentasche. Und sie weiß bald mehr über die Flora und Fauna in diesem Gebiet, als mancher Erwachsener.
Aber als das Marschmädchen (oder Marschschlampe, wie manche sie auch bezeichnen) steht sie zusammen mit der schwarzen Bevölkerung an unterster Stelle in der Hierarchie.
Als 1969 die Leiche von Chad Andrews, Sohn einer Familie der örtlichen Hautevolee, tot aufgefunden wird, steht sie ziemlich bald als Täterin fest.
Das Marschmädchen, die Marschschlampe.
Eigenartig, gefährlich und schön.
Die Autorin Delia Owens
Delia Owens, Jahrgang 1949 wuchs im Bundesstaat Georgia in den Vereinigten Staaten auf. Zwischen 1970 und 1990 arbeitete sie mit ihrem Mann als Naturforscherin in Afrika. In dieser Zeit erschien auch ihr gemeinsames Buch Der Ruf der Kalahari, welches damals ein Bestseller gewesen ist. Schaut einmal auf die Seite von Namibiana Buchdepot. In diesem Artikel findet ihr ein Foto von Delia Owen mit ihrem Mann Mark. Man erkennt sie in der Beschreibung ihrer Protagonistin Kya wieder.
Inzwischen lebt Frau Owens wieder in den USA und genießt nach ihren eigenen Angaben im Staat Idaho die absolute Einsamkeit.
Der Gesang der Flusskrebse – Meine Meinung
„Die Hütte lag etwas entfernt von den Palmettopalmen, die sich über Sandwatt bis zu einer Perlenschnur von grünen Lagunen erstreckten, und dahinter, in weiter Ferne kam die weite Marsch.“
Dieses Buch hatte ich bereits im Oktober auf meinem Blog Sabienes TraumWelten empfohlen. Da es sich bei diesem Werk unter anderem um einen Frauenroman handelt, passt es gut zu dem Thema dieses Blogs.
Unter anderem ist Der Gesang der Flusskrebse aber auch noch ein Sachbuch der Biologie (Meeresbiologie), ein Liebesroman, ein Survivalhandbuch (Überleben in der Wildniss), ein Drama und ein Krimi. Und das findet alles auf 464 Seiten statt – ihr könnt euch also denken, welche atmosphärische Dichte euch hier erwartet!
Denn die Autorin lässt uns Leser wenig zu Atem kommen. Kaum, dass wir mit Maisgries die Möwen gefüttert haben, müssen wir uns vor einer Clique Teenager am Strand verstecken. Nachdem wir eine seltene Feder finden, krümmen wir uns vor Bauchschmerzen – die erste Periode ist im Anmarsch. Wir weinen mit ihr am Strand vor lauter Einsamkeit, genießen die Sonnenuntergänge, fassen zögerlich Vertrauen zu anderen Menschen.
Nur um uns dann wieder vor ihnen zu verschließen.
Stärken und Schwächen dieses Buchs
Die Stärke dieser Autorin liegt ganz eindeutig in der Fähigkeit, die Natur sehr achtsam zu beobachten und zu beschreiben. Auch hat sie einen gewissen Hang zur Romantik, was die zwischenmenschliche Beziehungen anbelangt. Ich glaube, sie ist ein Mensch, der absolut loyal zu ihren Freunden sein kann und hingebungsvoll liebt. Und andererseits genau dies auch von ihren Mitmenschen erwartet. Aber vielleicht geht diese Einschätzung auch zu weit.
Eine Schwäche dieses Buchs ist für mich die Darstellung von Kyas Leben. Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass ein Kind, welches jahrelang mehr oder weniger ohne Sozialkontakte lebt, zu einer geschätzten Autorin von Natursachbüchern werden kann. Wahrscheinlicher ist wohl, dass sie ihrer Muttersprache kaum noch mächtig sein wird. Manche Szenen kommen auch mit einer ordentlichen Portion Kitsch einher. Ganz schlimm ist die Auflösung der Geschichte ihrer Mutter. Wir erinnern uns: Eine Frau verlässt Mann und vor allen Dingen ihre Kinder. Aber plötzlich generiert sie zu Mutterfigur, die ihre Kinder im Stich lässt, um sie zu schützen.
Da kann ich nur noch den Kopf schütteln.
Der Gesang der Flusskrebse – Mein Fazit:
Trotz der zuletzt genannten Mängel ist Der Gesang der Flusskrebse ein sagenhaft schön erzähltes Buch. Es ist nicht so sperrig geschrieben und so trostlos, wie Die Farbe der Milch. Denn Kya ist niemals lange ein Opfer und außerdem gibt es diesmal ein Happy End.
Mit einer großen Überraschung.
Und was singen die Flusskrebse?
Um ihren Gesang zu hören, müsst ihr ganz, ganz, ganz weit mit dem Boot hinausfahren!
Bibliografisches
- Titel: Der Gesang der Flusskrebse
- Originaltitel: Where the Crawdads Sing
- Autor: Delia Owens, Ulrike Wasel (Übersetzung), Klaus Timmermann (Übersetzung)
- Gebundene Ausgabe: 464 Seiten
- Verlag: hanserblau; Auflage: 3 (22. Juli 2019)
- Sprache: Deutsch
- ISBN-10: 3446264191
- ISBN-13: 978-3446264199
- Preis Stand Dezember 2019: 16,99 Euro (Kindle), 22,00 Euro (Gebundenes Buch), 14,69 Euro (Audio-CD, gelesen von Luise Helm)
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(Alle Angaben ohne Gewähr)
Wenn ihr dieses Buch schon gelesen habt oder in Zukunft einmal lesen werdet, würde mich eure Meinung sehr interessieren!
Mit dieser Rezension beteilige ich mich an Daggis Buchchallenge 2019, Aufgabe 48: eines Autors, von dem Du noch kein Buch gelesen hast
Alle Fotos: Der Gesang der Flusskrebse – Ein Roman von Delia Owens ©frau-sabienes.de
Text: Der Gesang der Flusskrebse – Ein Roman von Delia Owens ©frau-sabienes.de
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