Der Gefängniswärter-Report

Von Eulengezwitscher @Edda_Eule

Er hat den Rassenhass überwunden: Nelson Mandela. Heute vor einem Jahr ist der große südafrikanische Versöhner gestorben, der wegen seines Widerstands gegen das Apartheit-Regime sein halbes Leben hinter Gittern verbracht hat. Davon berichtet einer ehemaligen Wärter: "Mein Gefangener, mein Freund" hat Christo Brand hat sein Mandela-Buch genannt, das in diesem Jahr im Residenz Verlag erschienen ist.  Der Gefängniswärter-Report offenbart neue Blicke auf einen der bekanntesten Menschen der Weltgeschichte. Eine Rezension:

Christo Brand

Mandela

Mein Gefangener, mein Freund

Erschienen im Residenz Verlag im März 2014. 304 Seiten kosten in der gebundenen Ausgabe 22,90 €.


Christo Brand ist noch ein Teenager, als er seinen Dienst auf der Gefängnisinsel Robben Island antritt. Hier sitzt Mandela schon fast genauso lange ein, wie Brand lebt.

Er war ruhig und würdevoll, eine imponierende Erscheinung in makelloser Sträflingskleidung, groß, schlank und aufgrund seiner täglichen Gymnastik fit.

Bald merkt Brand, dass sein berühmter Gefangener nicht nur äußerlich eine beeindruckende Figur macht: Mehr und mehr vollzieht sich in dem jungen weißen Aufseher ein Umdenken: Brand beginnt den schwarzen Mann, den er gewissermaßen amtlich hassen muss, zu bewundern. Zwischen den beiden ungleichen Inselbewohnern wächst ein Vertrauensverhältnis, vom dem Brand anekdotisch erzählt. Das ist teilweise anrührend (wenn etwa Brand Mandela wider alle Vorschriften heimlich sein Enkelkind zeigt) und fast immer faszinierend, denn Brandt zeichnet ein einzigartiges Portait Mandelas, das weniger die großen (politischen) Linien in den Mittelpunkt rückt, sondern den Alltag hinter Gittern. Mandela zieht Brand in seinen Bann, weil er trotz seiner hoffnungslosen Lage nie verzweifelt oder den Mut sinken lässt. Diese Erinnerungen zählen zu den wertvollsten biografischen Eindrücken, die es vom Mandela vor dessen Präsidentschaft gibt. Allerdings scheint sich Christo Brand nicht recht entscheiden zu können, ob sein Buch eher Mandela oder sidch selbst widmen soll. Auch, wenn es auf der Hand liegt, dass eine jahrzehntelanges enges Beieinander auch zwei Biografien ineinander fließen lässt: Brands Motto ist weniger "Mandela und ich" als "Ich und Mandela". Wenn man aber diese eher unerwartete Perspektive akzeptiert, ist das Buch ein großer Gewinn - auch weil beispielsweise in der Freilassungsszene die Vorzüge dieser Perspektive ersichtlich werden: 

Mein Herz schwoll vor Stolz. Ich konnte kaum sprechen und hatte Tränen in den Augen. Dort stand mein Gefangener, und ich wusste, dass er bald mein Anführer sein würde.

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