Der ganz normale Wahnsinn

Auf Facebook oder Pinterest sehen wir das scheinbar perfekte Leben der Anderen. Das stresst. Ja, löst eine Neidspirale aus, wie Forscher wissen. Besonders unter Druck: die Mütter.  Der perfekte Haushalt, die perfekte Familie, das perfekte Styling. Genauso wurden die Vorzeigehausfrauen in den 60er Jahren präsentiert. Mad Men lässt grüssen. Heute ist alles anders.

Frauen in der Neidfalle

Die Frauen arbeiten, die Familienidyllen stehen aufgrund der Scheidungsraten unter Generalverdacht und die smarten Vorstadthäuschen sind den coolen Lofts gewichen. Geblieben ist das Wunschbild einer perfekten Familienidylle. Mit beruflich befriedigten Eltern, hochbegabten Kindern, selbstgebackenem Brot und stilvoll dekorierter Wohnung.

Der perfekte Haushalt, die perfekte Familie, das perfekte Styling. Genauso wurden die Vorzeigehausfrauen in den 60er Jahren präsentiert. Mad Men lässt grüssen. Heute ist alles anders. Die Frauen arbeiten, die Familienidyllen stehen aufgrund der Scheidungsraten unter Generalverdacht und die smarten Vorstadthäuschen sind den coolen Lofts gewichen. Geblieben ist das Wunschbild einer perfekten Familienidylle. Mit beruflich befriedigten Eltern, hochbegabten Kindern, selbstgebackenem Brot und stilvoll dekorierter Wohnung.

Der ganz normale Wahnsinn

Tummelfeld der perfekten Hausfrauen

Liebstes Tummelfeld für die Hausgöttinnen von heute ist das Netzwerk Pinterest. Noch nicht lange auf dem Markt und mit durchschlagendem Erfolg bei der Frauenwelt. Da werden unzählige Bilder von Cupcakes, Tortenkreationen und Wohnarrangements gepostet und das eigene Leben in Hochglanz präsentiert. Wer einst selber erlebt hat, wie eilig gekaufte Zöpfe für den Besuchsmorgen oder Kuchen aus dem Regal für den Fussballkiosk mit Verachten quittiert und hinter vorgehaltener Hand als «typisch berufstätige Mutter» bezeichnet werden, der ahnt welch emotionales Minenfeld hinter den Bildern des Glücks Daheim lauert.

Mütter fühlen sich gestresst

Today Moms hat 7000 Mütter befragt und 42 Prozent gaben an, dass sie gelegentlich unter Pinterest Stress leiden. Sie sind in Sorge, dass sie nicht geschickt oder kreativ genug sind. Sie geben an, dass sie etwa bis um 3 Uhr morgens aufbleiben, sich durch die Fotos von hausgemachten Geburtstagstorten klicken, um am nächsten Tag ermattet und frustriert einen zu kaufen. Schlechtes Gewissen inklusive.

Der Perfektionismus, mit dem sich Frauen unter Druck setzen, ist ja nicht nur bei Pinterest ein Thema und wird durch die Medien zusätzlich geschürt. So sucht die Zeitschrift «Annabelle» die aktivste Mama und zeichnet die auch noch aus. Der Begriff perfekt fällt dann mehr als einmal in den Lobpreisungen der  nominierten Mütter der «Annabelle». Da stehen Aussagen wie: «Sie will immer eine tolle Mutter sein, gleichzeitig arbeiten und gut aussehen — dieser Spagat gelingt ihr vollkommen! Sie ist sehr stylisch, rennt den ganzen Tag herum und ich frage mich nur zu oft, wie Sie das alles bloss macht.»

Die Perfektionismus-Falle

 Eine berechtigte Frage bei all den Supermamas, die scheinbar problemlos mehrere Kinder, ein Haus, ihr Aussehen und dann auch noch einen anspruchsvollen Job managen. Bei aller Anerkennung dieser Frauen, ist allein das Kriterium «aktivste Mutter» dazu geeignet bei vielen anderen Frauen ein Gefühl des Unvermögens zu provozieren. Perfektionismus ist einer der Gründe für die steigende Burn-out Rate bei Frauen über die eher in Selbsthilfeforen als auf Pinterest oder in Hochglanzmagazinen diskutiert wird oder die allenfalls Stoff für eine dieser anonymisierten Schicksalsgeschichten gibt, die mit einem kleinen Schaudern gelesen werden. Er kann aber auch zu Beziehungsstress führen, denn nicht alle sehen das so entspannt wie Blogger Eric Mack, der von seinem anstrengenden Leben in einem Pinterest Haushalt berichtet. Wie er die Beleuchtung des Ofens optimiert, eine Tafel montiert und auch sonst allerlei Anstrengungen unternimmt, um den Ansprüchen seiner Frau und der Pinterest Gemeinde zu genügen.

 Diese ist anspruchsvoll und professionell. Viele Bilder auf Pinterest stammen aus Hochglanzmagazinen oder von Profis, die sich auf den Plattformen eine Klientel suchen, der sie ihre Träume verkaufen können. Vorne mit dabei ist die amerikanische Chefhausfrau Martha Stewart. Die «Frauen von Stepford» kombiniert mit den praktisch veranlagten Landfrauen lassen grüssen.  Dass soziale Netzwerke in der Regel eine Welt des schönen Scheins sind, das gilt längst nicht nur für Pinterest. Profile dienen zur Profilierung. Das zeigen die meist publizierten Bilder auf Facebook, die schöne Strände, gutes Essen und tolle Partys zeigen und sich unendlich wiederholen (Lesen Sie dazu: Im Netz der Klischees).

Netzwerke und Neidspiralen

Ob Stress oder Inspiration, darüber scheiden sich Geister der Kommentierenden. Kömodiantinnen machen sich in einem erfolgreichen Video über die grassierende Pinsanity lustig. Dieses zwiespältige Empfinden ist auch aus seriösen Studien bekannt. So haben deutsche Forschende im Zusammenhang mit Facebook auf dieses Phänomen hingewiesen und festgestellt, dass soziale Netzwerke eine eigentliche Neidspirale auslösen können. Das scheinbar perfekte Leben der Anderen führe zu Unzufriedenheit und Neid. Die Forschenden sehen das langfristig auch durchaus als Bedrohung für die Plattformen, wenn sich immer mehr User dem Stress durch Abwesenheit verweigern.

«Pinterest ist vor allem eine Site unrealisierter Träume», sagt die Bloggerin und Fotografin Jenna Andersen, die den Blog Pinterestfail betreibt, der ungleich amüsanter, die missglückten Versuche der Perfektion zeigt: Die Cookies die aussehen wie geschmolzene Plastikteller, die Barbietorte, die recht üppig geraten ist oder Brötchen, die nur mit viel gutem Willen als solche zu erkennen sind. Das hat dann mit der perfekten Hausfrau soviel zu tun, wie ein Arztroman mit dem Spitalalltag.

Beitrag von Seraina Mohr / clack.ch


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