Der Fuchs ist hinter dem Jäger her - Gibt es im Iran entscheidende Veränderungen?

31.10.2013Politik & Gesellschaft erstellt von Gyula Fekete

Mehriran.de - Hashemi Rafsandschani gilt als eine sehr erfahrener, einflussreicher und weitblickender Politiker innerhalb der Führungselite des Landes. Diese Eigenschaften haben ihm eine Art "Ehrentitel" eingebracht: er gilt als Fuchs. Ihm gegenüber steht ein mit Hilfe von Rafsandschani inthronisierter Pharao ähnlicher Führer namens Ali Khamenei an der Spitze des Systems, der seine Stellung durchaus Rafsandschani verdankt.

Die beiden Männer streiten um Macht und Einfluss im Staat. Sie verfolgen leicht unterschiedliche Auslegungen wie das System auszusehen hat und halten dennoch beide am System fest.

Der Fuchs ist hinter dem Jäger her - Gibt es im Iran entscheidende Veränderungen?

Rohani und Rafsandschani

Khamenei hat sich bei vielen Iranerinnen und Iranern unbeliebt gemacht, sie betrachten ihn als einen Wolf und manche vergleichen ihn mit dem aus der Mythologie bekannten Zahâk, dem aus jeder Schulter eine Schlange wuchs, die sich am Blut der Untertanen gütlich hielten.

Im Zusammenhang mit den manipulierten Präsidentschaftswahlen von 2009 musste Rafsandschani viel Fingerspitzengefühl an den Tag legen, um das Regime nicht untergehen zu lassen. Zwischen den Zeilen kritisierte er Entscheidungen des Führers aber insgesamt hielt er sich damit zurück den Konflikt um die Wahl anzuheizen. Khamenei sorgte dafür, dass Rafsandschani mehr und mehr aus dem Zentrum der Macht ausgeschlossen wurde und einige einflussreiche Stellungen verlor. Rafsandschani schien kein Gewicht mehr zu haben. Es schien als habe der Jäger den Fuchs in sein unterirdisches Höhlensystem getrieben.

Als Hassan Rohani die Präsidentschaftswahlen 2013 gewinnen durfte, zeigte sich bald, dass der Fuchs nicht ganz untätig in der Höhle gelegen hatte. Rafsandschani hatte mit anderen erfahrenen Politikern Rohani unterstützt und sichergestellt, dass sich ein großer Teil der Gesellschaft hinter Rohani versammelte. Said Dschalili konnte dadurch nicht mehr als 4 Millionen Stimmen gewinnen. Eines von Khameneis willfährigen revolutionären Werkzeugen war gescheitert.

Rohani hatte vor der Wahl versprochen einige Änderungen auf den Weg zu bringen und gleichzeitig davor gewarnt, dass es eine Weile dauern würde. Einige seiner Versprechungen scheint er umgesetzt zu haben. Wenige der vielen politischen Gefangenen sind entlassen worden, darunter auch die berühmt gewordene Anwältin Nasrin Sotoudeh.
Mitglieder des Europäischen Parlaments, wie die portugiesische Sozialistin Maria Gomez, die der Iran Delegation innerhalb des Europäischen Parlaments angehört, haben Iran mittlerweile besucht und haben Frau Sotoudeh und den Regisseur Jafar Panahian nach Brüssel eingeladen, um den Sacharow Preis des EU Parlaments endlich in Empfang zu nehmen.

Einige Beobachter kommentieren die Gefängnisentlassungen mit dem Hinweis, dass sie ausschließlich strategische Ziele verfolgen würden, um die Sanktionen zu lockern und die Nuklearverhandlungen zu begünstigen.

Zwei Machtbasen stehen sich unversöhnlich gegenüber, wenn wir etwas weniger genau hinschauen. Die eine Fraktion ist dabei etwas ins Hintertreffen zu geraten: es handelt sich um eine radikal-revolutionäre Fraktion um Khamenei, Mesbah Yazdi, die Gruppierung der Ammariyoun, Hisbollah und alle Anhänger des Philosophen von der "Zeit nach dem Morgen" Ahmad Fardid. Sie heben sich durch Gegnerschaft gegen alles Westliche hervor und glänzen durch "Tod Amerika" und ähnlichen Slogans.

Die Fraktion der etwas pragmatischer orientierten Recken um Rohani und Rafsandschani würden gerne Gespräche mit den USA führen und einige Veränderungen im Land bewirken sowie es etwas an den Westen heran führen. Ein kleines Beispiel zur Illustration der Positionen: Als der Geheimdienstminister Alawi öffentlich ankündigte Iraner im Exil könnten jetzt wieder in den Iran einreisen, konterte am nächsten Tag das Sprachrohr Khameneis, die Zeitung Kayhan mit ihrem Chefredakteur Hossein Shariatmadari, dass jeder Exil Iraner mit rechtlichen Schritten zu rechnen habe. In der Regel könnte der Vorwurf Zusammenarbeit mit dem Feind und Landesverrat heißen.

Eine etwas gewichtigere Änderung, die mehr Zeit brauchen wird, um ernsthafte Auswirkungen zu haben könnte eine Verschiebung in der Machtbalance zwischen Khamenei und Rafsandschani sein. Es scheint der Fuchs ist hinter dem Jäger her. Khamenei ist in eine etwas defensivere Stellung geraten und muss eher reagieren auf die Vorstöße von Rafsandschani oder Rohani.

Der Hohe Rat für Nationale Sicherheit (Shorâye Âly-e Amniat-e Melli), hat an seiner Spitze Said Jalili verloren und wird von dem ehemaligen Admiral und Helden des Krieges Irak-Iran Ali Shamkhani geleitet. Dieser Rat legt Khamenei Beschlüsse in wichtigen Fragen vor, die erst mit seiner Unterschrift umgesetzt werden können.

Vor kurzem legte dieser Rat Khamenei eine Liste mit Gefangenen, die befreit werden sollten vor, auf der auch die sogenannten "Anführer des Aufruhrs" Mir-Hossein Moussavi und Mehdi Karroubi aufgeführt waren. Khamenei schloss die beiden aus der Befreiung aus. Der Druck die beiden sogenannten Reformisten zu entlassen wird sicher zu nehmen und am Ende wird Khamenei nachgeben müssen und wieder mit Gesichtsverlust aus dem Spiel gehen. Je weiter Khamenei und seine Herde in eine defensive Rolle gedrängt werden, desto ernster droht die Gefahr eines gewaltsamen Rückschlags.

Die radikalen Kräfte könnten sich zu weiteren Eskalationen bemüßigt fühlen, die den Kettenmorden und ähnlichen Verbrechen in der Zeit Khatami's ähneln. Ein mögliches Szenario: US Vertreter tauchen in Iran auf, um substantielle Gespräche zu führen - dort könnten sie ein gutes Ziel für die Radikalen sein, die schon oft bewiesen haben, dass sie ohne mit der Wimper zu zucken töten, Bomben legen und entführen und dann z.B. die Volksmujaheddin beschuldigen, die gerne als Sündenböcke für viele Probleme im Iran herhalten.

Unbedeutende Veränderungen im Land sind durchaus sichtbar, doch auch diese könnten hinweggefegt werden, wenn die Herren des Hasses einschreiten.

Gyula Fekete, Budapest

Quelle: http://mehriran.de/artikel/der-fuchs-ist-hinter-dem-jaeger-her-gibt-es-im-iran-entscheidende-veraenderungen.html


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