Der fragmentierte Mensch

Von Stevenblack

Hallo Leute, gehts euch gut? Hoffentlich besser wie mir, ich fühlte mich heute gegen Mittag herum überhaupt nicht wohl. Ich traf heute einen ehemaligen Schulkameraden wieder, den ich – wie es eben im Leben so kommt – aus den Augen verlor, weil er damals auf eine “höhere Schule” wechselte und später auf der Uni studierte.

Natürlich hatten wir uns viel zu erzählen, aber je mehr er erzählte und je länger ich ihm zuhörte, desto mehr begann ich mich zu wundern! Es ist nicht weiter wichtig, wie sein richtiger Name lautet oder welchem Beruf er heute nachgeht. Lasst ihn uns – fürs Protokoll, “Tom” nennen.

“Tom” redete fast ununterbrochen, geschlagene 2 Stunden lang und er schien richtig aufzublühen, fast wirkte es, als habe er sonst niemanden der ihm zuhörte. Anderen Menschen fehlt für dergleichen oft die Geduld, mir hingegen macht es nichts aus zuzuhören. So lerne ich am besten und ich hörte sehr aufmerksam zu was er sagte. Tom schien es gut getroffen zu haben, sowohl privat als auch beruflich. Er sei glücklich verheiratet, sagte er und habe einen Beruf der ihn ausfülle.

<- Ju-hu!

WAS für einen sagte er zunächst jedoch nicht. Ich erinnerte mich jedoch, dass er stets davon träumte Wissenschaftler zu werden. Kein Wunder, dass der Kerl die Schule wechselte, wir waren damals 14 und mit dem Alter verstand ich “böhmische Wälder”, wo er Wissenschaftler sagte. Aber ich bin einer dieser “Spätzünder” gewesen – wie man so gerne sagt und es stimmt, ich habe so einige Dinge erst spät verstanden. Allerdings, wie ich finde, dafür mit einem tieferen Verständnis.

<-Spätzünder ..

Langsam begannen mir einige unliebsamen Dinge an ihm aufzufallen, wir saßen schon ca. 2 Stunden in einem Gasthaus und tranken das mittlerweile 2. Bier, da bemerkte ich wie er so ziemlich jedem hübschen Mädchen hinterher “stierte”- wir saßen an einem Fensterplatz – dass draußen vorbei ging. Nein, das war kein Schreibfehler, denn er stierte wirklich – er schaute nicht, er stierte! So, als habe er noch nie eine Frau gesehen! Da begann ich schon etwas “ungutes” zu ahnen – und mit hinterher gucken war es bald auch nicht mehr getan. Jedesmal wenn eine Frau vorbeiging, begann er “Wertungen” abzugeben: “Schau dir den Ar … an, Mann!” Dabei stupste er mich entweder – als wenn ich eventuell Gefahr liefe Blind zu werden, oder rief aus: “Schau, schau – was für Möpse” ..

DER soll “glücklich verheiratet” sein, fragte ich mich? Vorerst jedoch, schob ich es auf die Biere. Vielleicht, so dachte ich, trinkt er sonst gar nichts und hat nur wegen dem “Wiedersehen” mitgezogen. Das wäre nicht das erste Mal, das mir derartiges unterläuft.. Und schön langsam, als würde die “Zeit” mich verhöhnen, sollten meine Ahnungen sich bewahrheiten .. Ich hasse es, wenn mir derartiges passiert und versuche wenns geht, dem aus dem Weg zu gehen. Heute aber war es nicht “möglich”, als also das 3. Bier da stand, begann er mir zu erzählen auf welche Weise er seine Frau sexuell erobert hätte.

<-bla, laber ..

Und er erzählte mir eine furchtbar unglaubwürdige, groteske Geschichte voller Lügen, Märchen, Wunschdenken und im Prinzip, pubertäre Phantasien wie sie Teenager haben, auf meine Nase zu binden. Meine Beteiligung dabei, erstreckte sich darauf an den “richtigen Stellen” möglichst weise zu nicken- wie das halt “Männer von Welt” so tun.  Dass, leider, ist keine Seltenheit und ich schätze mal über 80 % ALLER Männer, reden solchen Stuss. Und wie er so erzählt und mir alles in den “buntesten Farben” schilderte, “oh, und diese Beine”bla, bla, laber .. – breitete sich langsam ein stechender Schmerz von meinem Hinterkopf zur Stirn hin aus und mir schwante, dass mir so ziemlich alles bekannt vorkam, wovon er redete. Ihr kennt dass sicher auch, ähnlich diesen “Deja-vu” Gefühle …

Nur – “Deja-vu’s” erzeugen in einem das Gefühl, als hätte man dasselbe, genau dasselbe wie jetzt gerade passiert, schon einmal erlebt. Ein ziemlich widersprüchliches Gefühl, wenn man mich fragt. Und je mehr man ihm versucht “hinterher zu schleichen”, desto weniger bekommt man es zu fassen! Das aber war es nicht was ich meinte, kein Deja-vu, aber so ähnlich ..

Und plötzlich gingen mir ein paar “Lämpchen” auf,   auf einmal wusste ich, warum mir das “leere Geseire” von dem Kerl so bekannt vorkam! Da hätte ich ruhig früher draufkommen können, aber unangenehmes versucht man zu ignorieren, da bilde ich keine Ausnahme.  

Genau so, wie er redete, so redete eine frühere “Ausgabe” von mir, ja, klar – das tat weh! Und wie! Alles was mir heute so unangenehm und penetrant erscheint, hat die “frühere Version” meines Ichs mit Vorliebe produziert. Der Kerl quasselte wie ich vor ca. 12 Jahren, nicht zu fassen. Und ab diesem Gedanken hätte er mir noch 10 Stunden erzählen können, wie glücklich und all dass er wäre – ich würde es ihm nicht abnehmen!

<- Ei, gucke da, ein Spiegel ..

Denn zum Unterschied zu “Tom”, weiß ich heute warum ich solchen Unsinn, warum ich die Welt mit Lügen, meine Umgebung mit Angebereien und in Frauen nur “Körperteile” gesehen hatte. Auch ich erzählte allen, wie prächtig das Leben es mit mir meinte und wie gut es mir ging. Nichts besonderes, alle anderen Menschen tun dasselbe. Sie lügen sich gegenseitig alle an und sind unglücklich, viele sind einsam und es ist – wie ich weiß – eine bittere Einsamkeit. Denn jeder einzelne glaubt, nur er alleine, nur ihm ginge es so und deswegen versucht er auch, sich in eine Scheinwelt zu flüchten.

Als “Tom” sich von mir verabschiedete, wusste ich noch immer nicht, welchem Beruf er nachging – aber ich wette, auch das wäre gelogen gewesen. Vermutlich ist er gar nicht verheiratet – ja, Männer schauen anderen Frauen hinterher, auch wenn sie verheiratet sind, daran ist nichts übles. Aber so, wie der Kerl heute allen Frauen nachsah – mein lieber Herr, so wirkt jemand der eine sexuelle Langzeitabstinenz hinter sich hat. “Glücklich” sieht etwas anders aus ..

Das bewog mich auch, mir nähere Gedanken darüber zu machen, aus welchen Gründen Männer niemals über das Wesen einer Frau, sondern nur ihre vordergründigen, fleischlichen Reize sprechen? Das ist natürlich keine profunde Erkenntnis der Neuzeit, die nur ich habe, das ist allgemein bekannt und wird “toleriert”. Mal ganz abgesehen davon, dass dies aus den Elementen der Trennung und aufgrund der Arbeit der “sozialen Ingenieure”, wie dem Tavistock Institut zustande kam. Es sind jene Institute die dafür sorgen, dass diese oberflächlichen und dämlichen Aussagen, wie dass Frauen schlechter einparken  und Männer keine tiefgehenden Gespräche führen könnten – immer wieder und in allen möglichen Zeitschriften wiederholt werden, dies wäre angeblich in unserer DNS verankert .. so ein “Schmarrn”.

  Zum einen muss ich sagen, war diese Begegnung heute ein richtiger “Glücksfall”, im Sinne eines Spiegels und für mich zum Vergleich, wie sehr anders ich heute doch geworden bin. Und es zeigt deutlich – und indem ich darüber schreibe, für alle Leser auch – es ist möglich, man kann sich selbst ändern! Man muss es nur konsequent verfolgen. Manchmal aber, wie in meinem Fall ist gar nichts anderes mehr möglich .. letztlich aber, ist es eine freie Entscheidung. Nur, was wenn ich sie nicht getroffen hätte? Nun, dass ist eine müßige Frage und nicht beantwortbar, denn ich habe sie getroffen.

 Ich vermute auch, ein wichtiges Element warum Männer in ihren sexuellen Phantasien, stets “einzelne Körperteile” sehen, wo abgewinkelte Beine in Strapsen wichtiger sind, als leuchtende Augen oder ein Lächeln, wo sich High Heels mit Brustimplantaten streiten und wo die Frage, ob ein Mädchen die Pille nimmt wichtiger ist, als wie alt sie ist und ob sie “es” wirklich will, könnte durch den Umstand kommen, dass es den Verführern und Marketingexperten gelungen ist, in den Köpfen der Männer – als auch der Frauen – so isses ja nicht – die Illusion wachzurufen, als hätten die einzelnen Körperteile eine “Identität”, ein eigenes Wesen.

  

Ich meine, hört doch mal genau hin, wenn der nächstbeste davon “schwadroniert” – nicht das man lange warten müsste, aber wirklich, bitte achtet mal darauf, wie sie über Beine, Hintern, Brüste, etc. sprechen! Als wenn diese eine eigene Seele hätten, als wenn man über die Augen eines Menschen reden würde … Werbung und Marketing, wie auch Propaganda im allgemeinen – was Werbung eigentlich ist – begannen Produkte mit menschlichen Sehnsüchten und Emotionen zu verbinden.

  Emotionen werden auch als “Wirkungsverstärker” benutzt, Emotionen entstehen durch Reize, welche beim Betrachter etwas auslösen .. und so kam es, dass Emotionen unser kostbares Gut eine inflationäre und ordinäre Ware wurde. Man fragmentierte den Menschen und ordnete ihm eine Reihe positiver, negativer und neutrale Emotionen zu und man gab jenen eine “Identität”, einen “Wiedererkennungswert”. Autos lachen heute, blinzeln und können jede Art von Mimik nachäffen, Marketing und Hollywood sei Dank. Meiner Meinung nach, wurde hier ein sehr gefährliches Spiel begonnen und mittlerweile stecken wir alle drin. 

Und Augen aber sind etwas wirklich magisches, leider, nicht mehr bei allen Menschen, Frauen oder Männern. Weil ihre Lebensfreude schon sehr erloschen ist ..

Oh, und bitte, lasst mich rasch noch festhalten, dass ich sehr wohl körperliche Attribute von Frauen schätze. Mir gefallen Frauenbeine ebenso wie allen anderen, aber nicht mehr auf diese Weise, nicht als “fragmentierte Einzelteile”. Man nimmt entweder den ganzen Menschen, die ganze Frau und nicht nur ihre Beine/Brüste,etc. Und dann sind sie überrascht, wenn diese Haut irgendwann nicht mehr richtig fest ist und eine andere Konsistenz bekommt, weil sie altert. Aber das wirkliche, wahre Wesen eines Menschen, das altert nicht.  Aber alles kein Problem, nicht für Egomanen – schließlich laufen ja noch genug jüngere Menschen herum ..

Man hat mit der Verdrehung der Gehirne ganze Arbeit geleistet. Die Menschheit steckt heute in einer weltweiten Sinnkrise, was einerseits wünschenswert und nur zu notwendig ist, aber es zeigt sich dadurch auch, in welchem Ausmaß eine geistige Verwirrtheit um sich gegriffen hat, die nahezu jeden Bereich menschlichen Zusammenlebens “kontaminiert” hat. Wir können nur das beste hoffen, aus dieser Misere mit etwas Anstand herauszukommen, damit die Menschen des 3. Jahrtausends imstande sind, eine bessere Kultur zu hinterlassen. Und dass sie hoffentlich mehr Widerstandskraft gegen Propaganda entwickeln. Solange es Menschen gibt, die bereit und Willens sind sich selbst zu suchen und den Mut besitzen sich zu verändern existiert Hoffnung. 

Als ich mich von “Tom” heute verabschiedete, dachte ich so bei mir – “herrje, was noch ein weiter Weg, den er da vor sich hat ..”

  <- herrje ..

Ehrlich Leute, um kein Geld der Welt nicht und nicht um gute Worte, möchte ich an seiner Stelle sein. Ich möchte natürlich auch an keiner anderen Stelle sein, da wo ich heute bin ist Goldrichtig. Gemeint war nur, dass ich recht froh bin, diese oberflächliche und eigentlich traurige “Persönlichkeit” abgelegt und überwunden zu haben. Jetzt bin ich nur mehr oberflächlich .. ahem, nein, ein Scherz zum Abschluss – auch Spaß muss sein ..