Der Federmann | Max Bentow

Von Tintentraeume @Splitterherz

Er tötet ausschließlich blonde Frauen. Er schleicht sich heimlich in ihre Wohnungen. Er schneidet ihnen die Haare ab. Er ermordet sie brutal. Und dann hinterlässt er einen toten Vogel am Schauplatz des Grauens - der Federmann. Als der Berliner Kommissar Nils Trojan am ersten Tatort aufkreuzt, ist er nicht nur entsetzt, sondern ebenfalls ratlos. Wer ist zu solch einer Tat fähig? Mit Hilfe der Psychologin Jana Michels versucht Nils den Mörder zu fassen, doch die Zeit arbeitet gegen ihn und eine rasante Jagd durch die deutsche Hauptstadt beginnt.

Bis vor wenigen Monaten war mir der Name Max Bentow gänzlich unbekannt, dementsprechend skeptisch war ich, als ich sein Debüt "Der Federmann" zu lesen begann. Seit ich Psychothriller vor ein paar Jahren für mich entdeckt habe, bin ich immer auf der Suche nach neuen Lieblingsautoren, die ihr Handwerk nicht nur verstehen, sondern auch außergewöhnliche (Serien)Täter erschaffen, die schockieren, fassungslos machen und zum Weiterlesen antreiben. Ob Max Bentow ein solcher Autor geworden ist? Lasst mich die Frage so beantworten: Zum jetzigen Zeitpunkt habe ich bereits die ersten vier Bände um den Berliner Ermittler verschlungen und zwei weitere warten im Buchregal auf ihren Auftritt.

Einen guten Psychothriller machen genau zwei Dinge aus: 1. ein authentischer Ermittler und 2. einen auf eine grausame Weise faszinierenden Mörder. Denn nur wenn beide Komponenten in Symbiose treten, macht ein solches Genrebuch Spaß - wie "Der Federmann".

Nils Trojan, als Held der Buchreihe, hat weder einen dicken Bierbauch, noch ist er Alkoholiker oder ein rauer Einzelgänger - wie man es aus vielen anderen Geschichten gewöhnt ist. Der Kommissar lebt zwar für seinen Beruf, ist aber auch ein Familienmensch und würde für seine fünfzehnjährige Tochter sein letztes Hemd geben. Er ist geschieden, aber nicht verbittert. Und auch wenn er einen kleinen Knicks weg hat, der sich in Panikattacken äußert, ist er nicht nur ein sympathischer Protagonist, sondern ebenso authentisch. Gerade deshalb stört es nicht, wenn sich das Buch in vielen Kapiteln seinem Privatleben widmet. Ob wir ihn nun zu seinem türkischen Lieblingsladen begleiten, mit ihm zusammen Nudeln mit Tomatensoße kochen - weil er sonst eigentlich gar nicht kochen kann - oder mit seiner Tochter zusammen einen Bootsauflug machen. Gerade diese Abschnitte und Einblicke, schweißen Hauptfigur und Leser zusammen. Kurzum: Nils ist ein Charakter mit Herz, mit Stärken, mit Schwächen, er ist wie du, er ist wie ich und gerade deshalb macht das Mörderjagen mit ihm einfach Spaß.

Max Bentow schreibt aus verschiedenen Blickwinkeln, sodass wir ebenfalls Einsichten in die Psychologie, beziehungsweise die Vorgehensweise des Täters bekommen, der faszinierend brutal und gnadenlos vorgeht, wodurch man fast unbemerkt durch die Geschichte rauscht und schon nach wenigen Lesetagen am Ende des Buches angekommen ist. Die eigentliche Ermittlungsarbeit und deren Prozesse stehen hier eher weniger im Fokus und die Nebenfiguren bleiben vergleichsweise blass, trotzdem hat man an keiner Stelle ein Gefühl von Langeweile - auch wenn ich mir an der ein oder anderen Stelle mehr Konturen der Nebendarsteller gewünscht hätte, denn oft leben Geschichten von dem Zusammenspiel aus Nebenfigur und Hauptfigur.
Schwierig ist jedoch, dass die verschiedenen Blickwinkeländerungen nicht gut genug gekennzeichnet sind, wie etwa durch entsprechende Absätze. So gerät der Lesefluss leider mehr als einmal gefährlich ins Straucheln, wenn man sich als Leser versucht zu orientieren.

Wäre das Absatzproblem nicht vorhanden, dann würde man mit Nils Trojan einen rasanten Schritt hinlegen, hinter Buchstaben huschen, vor Kommata lauernd, wartend auf den bestialischen Killer. Denn der Schreibstil von Max Bentow ist angenehm flüssig, ohne große Stolpersteine und gerade wenn es um die Kapitel des Täters geht, sehr bildhaft, sehr greifbar und dadurch zum Nägelkauen spannend.

Überflüssiges wird häufig vom Autor ausgeblendet, was zur Folge hat, dass das Buch an Tempo und Spannung gewinnt. Die Kapitel sind alle sehr gut konstruiert und spielen nicht nur einmal mit den Erwartungen des Lesers. Dies erschwert zwar das Mitraten, sorgt am Ende aber auch für die eine oder andere Überraschung. Da ich ein großer Fan vom Mitermitteln bin, ergibt sich hieraus letztlich mein einziger Kritikpunkt.

"Der Federmann" von Max Bentow ist ein gelungener Psychothriller, der sich durch einen authentischen Ermittler, einen brutalen Mörder und ein hohes Tempo auszeichnet. Zwar liegt bei diesem Debüt der Fokus weniger auf der polizeilichen Ermittlungsarbeit, trotzdem verliert das Werk dadurch nicht an Sogkraft.

temporeich, brutal, spannend, authentisch

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