Es ist an und für sich schon peinlich, wenn man die Sonntagsrunden mit Anne Will (Thema am 15.05.2011: Immer mehr Milliarden für arme Euro-Schlucker – riskiert die Regierung unser Geld?) und die versammelte “Inkompetenz” aus Wirtschaft und Politik, mit Ausnahme von Prof. Max Otte, verfolgt. Thematisiert wurde die desolate Situation in “Griechenland” und der ins Wanken geratene Euro.
Peinlich deshalb, weil in solchen Sendungen einmal mehr der Bürger nur hören soll, dass der “EURO” zu retten sei und “Griechenland” viel SCHULD auf sich geladen hat. Da werden sogar von den senil erscheinenden Ex-Politikern aus den Altparteien, wie gestern von Edmund Stoiber, der EURO mit der “Eindämmung” der Kriege zwischen den Europäern in Zusammenhang gebracht. Da wird so getan, als hätten die Bürger in Europa ausgerechnet den EURO gebraucht, um nach dem 2. Weltkrieg friedlich miteinander zu leben. Aber wenn Ex-Ministerpräsidenten solche absurden Argumente anführen, dann ist es um den EURO schlecht bestellt.
Das was die Euro-Kritiker seit vielen Jahren gepredigt hatten, nämlich das die volkswirtschaftlichen Ungleichgewichte gegen eine zu frühe Einführung des EURO sprechen, wurde seinerzeit insbesondere von England und Frankreich ignoriert. Es ging damals darum, die “Wirtschaftskraft” Deutschlands, die unabweisbar zu den beiden zurückliegenden Weltkriegen beigetragen hatte, in der EU zu nivellieren. Das war ein wesentlicher Grund, der die volkswirtschaftlich berechtigten Bedenken gegen die zu frühe Einführung des Euro beiseite schob. Und Helmut Kohl hatte damals nicht die Kraft, der zu frühen Einführung des Euro entgegen zu treten, obwohl ihn Alfred Herrhausen, der damalige Wirtschaftsberater, davor warnte.
Spätestens nach der Klage der Euro-Kritiker gegen die Euro-Einführung, nämlich die Professoren Hankel, Nölling, Schachtschneider und Starbatty, hätte man wissen müssen, was da volkswirtschaftlich nach Euro-Einführung schiefgehen muss, wenn man nicht die berechtigte Kritik aufnimmt und Lösungen anstrebt, die die schlimmsten Auswirkungen und Konsequenzen abfedert.
Heiner Flassbeck und Friederike Spieker schreiben in ihrem Aufsatz (Wirtschaftsdiend 2010|3) – Lohnpolitische Konvergenz und Solidarität oder offener Bruch – (Untertitel: Eine große Krise der EWU ist nahezu unvermeidlich) zu den Gründen der EWU-Krise folgendes:
Ein entscheidender Geburtsfehler des Euro ist sein
Staatsschuldenbias. Von Anfang an wurde dem Problem
der Staatsschulden wesentlich mehr Aufmerksamkeit ge-
widmet als dem weit wichtigeren Problem der Zahlungs-
bilanz- und Wettbewerbsfähigkeitsungleichgewichte. Sei-
nen Niederschlag fand diese Einäugigkeit in den öffent-
lichen Defizit- und Schuldenstandsobergrenzen, die im
Maastricht-Vertrag festgesetzt wurden, während Fragen
der Auslandsverschuldung völlig außen vor blieben. Dass
auch heute noch ein so wichtiger Berater der ersten Stun-
de wie Ottmar Issing einseitig Griechenland abwatscht,
ohne die Kehrseite der externen griechischen Verschul-
dung, nämlich die Überschüsse anderer EWU-Partner, al-
len voran Deutschlands, zu erwähnen oder einen Ausweg
aus der Misere ohne Finanzkrise auch nur ansatzweise
zu skizzieren, zeigt, wie tiefgreifend die Inkompetenz vor allem der vom Monetarismus geprägten Berater von Be-
ginn an war.
Die “Monetaristen” mit ihrem neoliberalen Wahnwitz, dem sich die Taugenichtse der UNION und der FDP und Teile der SPD (Schröder / Steinmeier) verschrieben hatten, musste nahezu zwangsläufig zu den volkswirtschaftlichen Verwerfungen nach Einführung des Euro führen!
Und der einzige Finanzpolitiker von Bedeutung in der damaligen Koalition zwischen SPD und Grünen, nämlich der Finanzminister Oskar Lafontaine, der die Schwierigkeiten heraufziehen sah und gegen die Dominanz der Finanzmärkte vorgehen wollte, wurde ausgerechnet von Gerhard Schröder mit Hilfe von Tony Blair aus dem Amt gemobbt. Der heute noch spürbar gegen Oskar Lafontaine gerichtete Hass der alten SPD-Riege um Schröder, Müntefering und Steinmeier beruht auf der Tatsache, dass bereits damals die Fehlentwicklungen unübersehbar waren, aber Kanzler Schröder auf die Finanzjongleure aus England setzte, die es anscheinend besser wussten.
Dass dann Steinmeier (SPD) und Merkel (CDU) diesen absurden Kurs in der Europa-Politik fortsetzten, ist eher der völligen Inkompetenz in ökonomischen Fragen zu verdanken.
Wo neben den volkswirtschaftlichen Ungleichgewichten bei Griechenland und anderen EU-Südländern wirklich der Hase im Pfeffer liegt, beschreiben Flassbeck und Spieker anschaulich in den folgenden Absätzen:
Die Argumentation auf Basis der Staatsverschuldung
lässt sich mit wenigen Überlegungen vollständig zu-
rückweisen. Vergleicht man die Staatsschuldenstände
der südeuropäischen Länder mit denen Japans oder
der USA, muten die Zinsdifferenzen auf Staatsanleihen
innerhalb der EWU geradezu grotesk an: Während der
japanische Staat bei seinen Bürgern mit fast dem Dop-
pelten der jährlichen Wirtschaftskraft des ganzen Landes
verschuldet ist (2009: 190% des BIP), musste er Anfang
dieses Jahres an den Finanzmärkten nur 1,3% Zinsen für
seine zehnjährigen Staatsanleihen berappen. Zum Ver-
gleich: Deutschland mit einer Schuldenstandsquote von
73% des BIP bezahlt derzeit 3,3% Zinsen für zehnjähri-
ge Staatsanleihen. Der US-amerikanische Staat schuldet
seinen Bürgern immerhin 83% des Bruttoinlandspro-
dukts, die Zinsen auf die entsprechenden US-amerikani-
schen Wertpapiere liegen bei 3,7%.Wie sieht es in Südeuropa aus? Hier variiert der Schul-
denstand 2009 zwischen 114% (Italien), 112% (Griechen-
land), 77% (Portugal) und 54% (Spanien). Die langfristigen
Zinsen liegen zwischen 4% (Spanien) und 6% (Griechen-
land). Mit anderen Worten, der im Vergleich zu Japan nur
ungefähr ein Viertel mal so stark verschuldete spanische
Staat zahlt den dreifachen Zinssatz. Griechenland, das
nicht einmal doppelt so stark verschuldet ist wie Deutsch-
land, muss mit einem Aufschlag von 276 Basispunkten im
Vergleich zu Deutschland fast den doppelten Zinssatz für
seine Staatsschulden aufbringen. Das noch stärker ver-
schuldete Italien hingegen hat nur 82 Basispunkte über
dem deutschen Zinssatz zu schultern. Das lässt nur den
Schluss zu, dass selbst im Urteil der „Märkte“ öffentlicher
Schuldenstand und Zinsdifferenzen viel weniger mitein-
ander zu tun haben, als allgemein unterstellt.
Von Griechenland werden auf den internationalen Finanzmärkten bereits mehr als 15 % Zinsen verlangt! Jeder volkswirtschaftliche Laie wird erkennen, dass bei einem Wachstum von bestenfalls jährlich 2 % bis 3 % solche exorbitanten Zinsen zum Kollaps des Staatshaushaltes führen müssen.
Da wirken dann die Beteuerungen der Taugenichtse der UNION und der FDP vor diesem erkennbaren Hintergrund, die noch vor einem Jahr die “Rettungspakete” als einmalige Hilfsaktion darstellten und den IWF lobhudelten, der es schon richten wird, wie eine Verhöhnung der Bürger, die wie in Griechenland, aber auch in Deutschland, hirnlos in die Armut getrieben werden.
Es fällt geradezu auf, dass selbst heute noch die wenigen Experten in den Talk-Shows nur selten zu Wort kommen. Es war bereits vor vielen Monaten Prof. Dr. Wilhelm Hankel, der den Griechen die Rückkehr zu ihrer eigenen Währung empfahl, damit die notwendigen volkswirtschaftlichen Anpassungsprozesse auch über die Abwertung des Drachmen abgefangen werden können. Das wäre geradezu ein Segen für die Bürger gewesen, die jetzt nach einem Jahr Arbeitslosigkeit vor dem NICHTS stehen, weil sie keinerlei Leistungen erhalten. Das erklärt die Verzweiflung der Bevölkerung in Griechenland, die ihren Ausdruck in den ausufernden Protesten und Demonstrationen finden. Allein unsere Schmierenpresse, voran die Zeitung mit den großen Buchstaben, verschweigt die wirklichen Zusammenhänge und die Existenznöte der Arbeitslosen.
Einmal mehr haben die inkompetenten EU-Politiker und die Regierungen in den Nationalstaaten auf die BANKEN gehört, die für die kriminellen Spekulationen, der Schöpfung von Billionen aus dem NICHTS (ohne Gegenwert von Gütern und Leistungen) verantwortlich waren. Anstatt im Zuge der FINANZKRISE auch den “Schulden-Schnitt” für Griechenland durchzusetzen, auch um den weiteren kriminellen Zins-Spekulationen gegen EU-Staaten ein Ende zu bereiten, will man weiterhin die Konsequenzen dieser absurden Finanzpolitik dem Steuerzahler aufbürden und in der EU viele Millionen Menschen wie jetzt in Griechenland in die Armut treiben oder wie in Deutschland in der Armut halten. Der Zinswahnwitz soll durch die Ausweitung der prekären Beschäftigungsverhältnisse geradezu aufrechterhalten werden; der neoliberale Ungeist feiert Urständ!
In der Öffentlichkeit wird verschwiegen, dass es in Wirklichkeit um die Eindämmung des “Zinswuchers” und der “Geldschöpfung” aus dem Nichts (ohne reale Güter und Leistungen) geht, wenn man die Entwicklung in Europa in den Griff bekommen will.
Der Betrug an der Bevölkerung fängt damit an, dass man es den Privatbanken und anderen privaten Finanzjongleuren gestattet, Staaten zu finanzieren. Es ist geradezu “kriminell”, dass “Notenbanken” GELD zu niedrigsten Zinsen (max. 1 % bis 2 %) an PRIVATE in Milliardenhöhe herausgeben und quasi in der gleichen Sekunde die “PRIVATEN” Kredite an Staaten herausgegeben, die weitaus höher verzinst werden müssen (= Zinsen jenseits der 4 %; Griechenland derzeit mehr als 15 %). Normalerweise hat der STAAT das GELDMONOPOL. Es gibt keine überzeugende Begründung dafür, dass sich Staaten über PRIVATE finanzieren müssen.
Das gilt auch für die EU. Es wäre der EZB durchaus möglich, vorrangig die EU-Staaten DIREKT zu niedrigsten Zinsen zu finanzieren. Die GELDMENGENENTWICKLUNG hätte sich selbstverständlich insgesamt an der Entwicklung des EU-BIP zu orientieren. Damit wäre sichergestellt, dass der GELDMENGE reale Güter und Leistungen gegenüberstehen.
Aus den nur rudimentär angedeuteten “Alternativen” wird deutlich, dass es die Politik der Aufrechterhaltung der neoliberalen Gier und Abzockerei der Finanzwelt und der Eliten in den Nationalstaaten ist, die die Bürger in der EU in die Armut treibt.
Auch die UNION und die FDP und Teile der SPD wollen diese neoliberale Politik fortsetzen; es mangelt in diesen Parteien an Bürgern, die das Interesse der gesamten Bevölkerung im Blickfeld haben.
Nachdem jetzt selbst bei einigen Abgeordneten der UNION und der FDP aufgegangen ist, dass der neoliberale Wahnwitz (Zinswucher, Geldschöpfung aus dem Nichts, zunehmende Verarmung der Bevölkerung, finanzielle Auszehrung der Kommunen, …) in den EU-Kollaps führen wird, regt sich Widerstand.
Der von Edmund Stoiber gestern vorgetragene Glaube, dass durch eine weitere Integration der EU (abgestimmte Wirtschafts- und Finanzpolitik) die Rettung liegt, ist ein Irrglaube. Denn die EU ist in Wirklichkeit eine Veranstaltung der FINANZWELT und der ELITEN in den Nationalstaaten, nicht der Bürger.
Die weitere Integration würde derzeit nur zu einer Verfestigung der absurden neoliberalen Politik der leistungslosen Gier und Abzockerei führen. Zunächst müssen die Nationalstaaten und die EU dafür sorgen, dass die FINANZWELT angemessen an dem angerichteten Schaden beteiligt werden, damit auch die immer noch existierenden (toxischen) FINANZBLASEN im Billionenhöhe beseitigt werden.
Mit der Durchsetzung der FINANZTRANSAKTIONSSTEUER würde man auch die “leistungslosen” Spekulationen eindämmen.
Die nur in diesem Rahmen skizzierten Notwendigkeiten erfordern auch einen unabhängigen “Sachverständigenrat” auf EU-Ebene, in dem auch die EU-Kritiker zu Wort kommen müssen.
Denn es ist geradezu ein Zeichen von politischer Dekadenz, dass man angesichts der erkennbaren volkswirtschaftlichen Verwerfungen nach Euro-Einführung keine aktive und strukturierte EU-Politik entwickelt hat, um gegenzusteuern. Der neoliberale Zeitgeist hatte den Blick für die zu erwartenden Schieflagen in den einzelnen volkswirtschaftlich unterentwickelten EU-Ländern verstellt.
Ob UNION und FDP überhaupt in der Lage sind, Änderungen in der EU-Politik im Sinne der Mehrheit der Bürger einzuleiten, muss bezweifelt werden. Der neoliberale Wahnwitz sitzt so tief in den Köpfen der Politiker und “Schein-Experten”, auch weil man sich selbst in den gesellschaftlichen ELITEN so komfortabel einrichten konnte. Da interessiert das untere Drittel der Bevölkerung, das nach dem Willen der Gierigen und Abzocker und der Eliten in der Armut gehalten werden muss, damit man die Politik des WEITER SO WIE BISHER fortgesetzt kann, wenig.
Die Konsequenz daraus ist, dass man die “neoliberalen” Parteien (Union und FDP) aus den Regierungen in Berlin und in den Bundesländern entfernen muss, damit eine zukunftsweisende EU-Politik eingeleitet werden kann. Ob die SPD lernfähig ist, wird sich noch erweisen. Derzeit sind noch starke neoliberale Kräfte aus der “Schröder-Ära” im Bundestag vertreten.
Nur der Wähler hat es in der Hand, die EU-Politik zu verändern. Dem neoliberalen Zeitgeist der UNION und FDP muss ein Ende bereitet werden. Die Wahlverweigerung unterstützt geradezu den neoliberalen Wahnwitz, der die Menschen in die Armut und Kriege treibt.
Deshalb wäre jede andere Regierungskoalition ein Segen für die Bürger und die EU und die Zukunft der Kinder.
Wählt den neoliberalen Wahnwitz ab; das fängt in den Kommunen und in den Bundesländern an und setzt sich auf Bundesebene bei der nächsten Bundestagswahl fort. Es ist noch nicht zu spät.
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