Der Engel mit der Mörderhand (1968)

Der Engel mit der Mörderhand (1968)

USA 1968
Mit Anthony Perkins, Tuesday Weld, John Randolph, Beverly Garland, Dick O’Neill u.a.
Drehbuch: Lorenzo Semple Jr. nach einem Roman von Stephen Geller
Regie: Noel Black
Dauer: 89 min

Achtung: Dieser Text enthält Spoiler – ebenso der Blick auf den deutschen Verleihtitel und das amerikanische Filmplakat! Am besten lesen Sie diese Rezension mit geschlossenen Augen.

Im Ernst: Ich weiss wirklich nicht, wie ich den Twist dieses Films verstecken soll, wenn dieser schon vom Filmtitel verraten wird. Andererseits: Wer liest die Rezension und schaut gleich danach den Film? Bis Sie ihn sich (wenn überhaupt) ansehen, haben Sie all das Geschreibsel wieder vergessen.

Acht Jahre vor Erscheinen dieses Films gab Anthony Perkins in Hitchcocks Psycho den Norman Bates. Seither war er auf psychisch zumindest labile Charaktere abonniert. Pretty Poison macht – unter anderen – deutlich, weshalb: Er konnte das wirklich ganz hervorragend. Perkins erscheint zum ersten Mal im Bild und schon beschleicht den Zuschauer ein leichts Unwohlsein: Was stimmt mit dem nicht? Ein leichtes, unmotiviertes Zucken des Mundes, kurze, abschweifende Seitenblicke – und schon ist der gewünschte Effekt da. Perkins setzt seine schauspielerischen Mittel sparsam, aber höchst effektiv ein.

In Pretty Poison ist sein Verrückter allerdings vergleichsweise harmlos – verglichen mit anderen Charakteren, die Perkins in anderen Filmen gespielt hat, verglichen aber auch mit der weiblichen Hauptfigur in diesem Film. Sue Ann heisst die junge Frau (Tuesday Weld), in die sich der auf Bewährung freie Straftäter Dennis (Perkins) verguckt hat. Dennis probt die Wiedereingliederung in die Gesellschaft, arbeitet in einer Chemiefabrik und steht unter der Beobachtung seines Mentors Azenauer (John Randolph). Um die junge Dame auf sich aufmerksam zu machen, gibt er sich geheimnissvoll und mimt am Würstchenstand den CIA-Agenten. Das hat zunächst durchaus seinen komischen Reiz, vor allem, weil sie auf seine Albernheiten hereinfällt und sich davon mächtig beeindrucken lässt. Bis man so langsam erkennt, dass Sue Ann selbst einen an der Klatsche hat…

Bis das soweit ist, zieht sich der Film leider etwas in die Länge – weil die Charaktere zu lange in ihrer Naivität, in ihren kindischen Spielereien verharren.Etwa in der Hälfte kommt die Wende, als Dennis eines Nachts mit Sue Anns Hilfe einen lange gehegten Plan in Tat umsetzt: Er will den Abfluss der Chemiefabrik, der giftige Substanzen in den benachbarten Fluss leitet, mittels Entfernens zweier Schrauben zerstören. Dummerweise werden die beiden „Geheimagenten“ vom Nachtwächter überrascht…
Wie ein Paukenschlag offenbart der Zwischenfall Sue Anns psychische Störung – und von da weg kommt Bewegung in die Geschichte. Aus dem Spiel wird Ernst – die beiden Jugendlichen müssen einen Mord vertuschen, geraten aber dank Sue Anns Wahnsinn immer tiefer in den Schlamassel.

Die Macher dieses kleinen, aber feinen Psychothrillers sind heute vergessen. Das Drehbuch stammt von Lorenzo Semple jr. , einem heute kaum mehr bekannten Autor, der zuerst fürs Fernsehen arbeitete, mit Pretty Poison sein erstes Filmdrehbuch verfasste und dann eine ganze Serie beachtlichter Vorlagen für Klassiker wie Papillon, The Parallax View, Three Days of the Condor und den kürzlich hier besprochenen King Kong entweder mitverfasste oder im Alleingang schuf.
Beim Regisseur verhält es sich fast genau umgekehrt: Noel Black drehte zwischen 1968 und 1983 fünf grosse, aber kaum erfolgreiche Kinofilme; danach arbeitete er nur noch fürs Fernsehen, wo er einige beachtliche TV-Filme schuf.
Pretty Poison ist ein Glücksfall, denn ein Film mit dieser Thematik hätte peinlich ins Auge gehen können. Der Glücksfall liegt im sensiblen Zusammenspiel zwischen dem Regisseur und den herausragenden Hauptdarstellern. Diesmal ist es nicht Anthony Perkins, sondern Tuesday Weld, die einem das Blut in den Adern gefrieren lässt.

Die Regie: 8 / 10 
Das Drehbuch:  7 / 10 
Die Schauspieler: 9 / 10 
Gesamtnote: 8 / 10

Verfügbarkeit:
Pretty Poison gab es im deutschsprachigen Raum einst auf DVD (deutsche Synchro / englische Originalfassung, allerdings ohne deutsche Untertitel). Sie ist inzwischen nur noch antiquarisch erhältlich (z.Bsp. über amazon)
Im Stream findet er sich aktuell bei keinem Anbieter.

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