Seit seiner Einführung, im Jahr 1961, ist der Mutterpass eine deutsche Erfolgsgeschichte, die in vergleichbarer Form nur in Österreich und der Schweiz zu finden ist. Der Pass hat sich fortlaufend an die veränderten Bedingungen in der Gesundheitsvorsorge und speziell der Schwangerenvorsorge angepasst. Dies ist gerade vor dem Hintergrund einer steigenden Frühgeburtenrate besonders wichtig.
Neue Anpassungsprozesse gehen weg vom bekannten Mutterpass hin zum elektronischen Mutterpass. Ein solcher elektronischer Mutterpass speichert die Anamnese der Schwangeren und ermöglicht eine schnelle Einsicht von Ultraschall- oder Röntgenbildern in Originalqualität, Laborwerten, Ergebnissen zu Infektionen, der Entwicklung des Fötus und dem voraussichtlichen Geburtstermin. Mehrfacherfassungen oder Doppeluntersuchungen werden dadurch verhindert und die sektorenübergreifende Zusammenarbeit zwischen Praxis und Klinik optimiert. Ein mögliches Versäumen von Terminen wird durch eine Erinnerungsfunktion vermieden. Sollte ein Notfall bestehen, können die Ärzte vorab Einsicht auf die Daten nehmen und sich ein Bild über die Schwangere verschaffen und entsprechende Maßnahmen einleiten, bevor die Schwangere ins Krankenhaus eingeliefert wird. Ein nicht zu unterschätzender Vorteil ist die permanente Lesbarkeit der Informationen gegenüber handschriftlichen Notizen. Weiter ist für fremdsprachige Patientinnen ein Sprachtool vorgesehen, das die Informationen in die jeweilige Sprache übersetzt. Dadurch ist die Schwangere besser in der Lage die Untersuchungen zu begleiten, was die Kommunikation zwischen dem Arzt und der Schwangeren zusätzlich stärkt.
Die Umsetzung einer Überführung des Mutterpasses in einen elektronischen Mutterpass ist bereits 2008 in einem Pilotprojekt von der Universitäts-Frauenklinik Heidelberg in Zusammenarbeit mit sieben niedergelassenen Gynäkologen und zwei Kliniken für Geburtsmedizin der Gesundheitszentren Rhein-Neckar angelaufen. Hier wurde der Mutterpass durch in einen elektronischen Mutterpass, der online einsehbar ist, ersetzt.
Etwas früher, wurde ein ähnliches Konzept bereits in der Klinik für Geburtshilfe am Universitätsspital Zürich erprobt. Hier erhielten alle Schwangeren einen elektronischen Mutterpass in Form eines USB-Sticks, auf dem alle notwendigen Daten abgespeichert werden konnten. Nach jeder Kontrollvisite wurde der Stick aktualisiert und somit zeitgleich auf dem neusten Informationsstand synchronisiert. Insgesamt gab es sehr gute Rückmeldungen und der USB-Stick wurde von den teilnehmenden Schwangeren gut angenommen.
Die Umstellung zum elektronischen Mutterpass wird sicherlich nicht von heute auf morgen realisierbar sein. Da sich der Mutterpass bereits über 50 Jahre als ein fester Bestandteil in der Schwangerenvorsorge etabliert hat, sind hier Veränderungen ein langwieriger Prozess. Vielmehr wird er gleichlaufend mit dem bisherigen Mutterpass Anwendung finden. Sollte er sich in der Praxis bewähren und gut angenommen werden, wird auf lange Sicht die Möglichkeit einer Umstellung immer wahrscheinlicher. Dies wäre im Umkehrschluss ein weiterer Schritt in Richtung Verbesserung der Gesundheitsvorsorge von werdenden Müttern.