Der einsame Mensch am rechtsrheinischen Ufer

Der einsame Mensch am rechtsrheinischen UferDie Stimme des Konservatismus in Deutschland, die Frankfurter Allgemeine, leistet sich einen Auslandskorrespondenten in Frankreich, der nicht objektiv berichten braucht, sondern der die französische Gesellschaft nach Art des Marktes querlesen soll. Christian Schubert heißt der Mann, der seit Wochen die Unfähigkeit des Sozialisten Hollandes beschwört und von dessen altbackenen Methoden berichtet. Dabei geht es vor allem um die höhere Besteuerung großer Einkommen und um die Körperschaftssteuer, was er sämtlich als Rückschritte deklariert.
Die Macher von heute in Europa scheinen den Mann regelmäßig zu lesen. Jedenfalls berichten sie in demagogischer Beharrlichkeit von einem steuergeplagten Land, das von einem Sozialisten alter Schule zugrundegerichtet wird. Eine andere Sicht auf die Dinge gibt es beim ZDF nicht. Mit dabei ist auch stets der beliebte Vorwurf, die Sozialisten würden alte Heilmittel feilbieten, die in der modernen Welt des freien Marktes nicht mehr greifen. Ganz so plump sagen sie es dann zwar nicht, aber wer zwischen den Zeilen lauschen kann, der höre mal genau hin.

Deutschland, so hat man den Eindruck, wenn man den publizistisch organisierten Konservatismus so beobachtet, steht als Wacht am Rhein, um die Interessen des Marktes zu wahren, um zu mahnen, bloß nicht vom richtigen neoliberalen Weg abzukommen. Und diese konservative Deutungshoheit geht täglich mehr in die Denkweise der Bürger über. Selbst der Müllmann, der seit Jahren keine merkliche Lohnerhöhung mehr kennt, fühlt sich jetzt mehr und mehr von Europa umzingelt. Die Europäer nehmen ihn mehr nicht nur aus, sie werden nun auch noch unvernünftig und wollen nicht mehr sparen in dieser Not, sorgt er sich.
Überhaupt scheint Deutschland ein Land im Kampfstellung zu sein. Nicht eines, das Marschbefehle ausgibt und mobilmacht, Grabenkämpfe durchplant und taktische Winkelzüge studiert. Eher eines, das sich in einem heraufziehenden Wirtschaftskrieg befindet und in einen Kessel zu geraten droht. Neben den Franzosen, die das als Klassenkampf diffamierte Steuererhöhen wiederentdeckt haben und die damit die Interessen der öffentlichen Hand stärken und den Privatisierungspionieren das Wasser abgraben, gibt es weitere feindliche Angriffe.
Da ist zunächst die mittlerweile bekannte Abneigung gegen alles Deutsche im mediterranen Europa. Mehr so eine emotionale Geschichte, die aber auch das neoliberale Konzept als Wurzel enttarnt und letztlich die antideutschen Neigungen zu einer anti-neoliberalen Haltung sublimiert. Und dann sind da neuerdings noch die Vereinigten Staaten, die der deutschen Wirtschaft einen ausufernden Exportismus unterstellen. Mit all seinen Folgen für die Länder, die deutsche Waren importieren. Denn die Lohnzurückhaltung und der größte Niedriglohnsektor Europas schaffen bei den Importeuren Lohndruck, Arbeitslosigkeit und demontieren dort letztlich auch den Sozialstaat.
In der jüngeren Vergangenheit haben mehrere Länder, nicht die USA alleine, diese Problematik Deutschland zum Vorwurf gemacht. Reagiert hat man wie üblich. Man fühlt sich unverstanden und despektierlich behandelt. Man gönne uns nichts, tönt unseriös wie immer die Bildzeitung. Die starke deutsche Wirtschaft stemme die Krise fast alleine und soll nun Krisenursache sein, fragt sich seriös die FAZ. Nur vereinzelt äußern sich Kommentatoren beipflichtend, geben zu bedenken, dass die Binnennachfrage lange wie ein Stiefkind behandelt wurde. Das sind aber Raritäten, die im Mainstream untergehen.
Die ökonomische Schieflage Europas, die wesentlich zur Krise im Euroraum beitrug, die dem exportlastigen Deutschland einen zollfreien Absatzmarkt schenkte und den Rest Europas zu Schuldnerzone werden ließ - diese Schieflage erkennt man innerhalb Deutschlands nicht als Faktum an, sondern wertet sie als fingierte Neiddebatte, die die anderen Nationen den Deutschen aufs Auge drücken wollen. Die seien auf das Land von Hartz IV und Reformgeist, von Niedriglohn und Flexibilität nur neidisch. Man gönnt dem hässlichen Deutschen, zu dem man gemacht wird, nur nicht seine Leistungen als Folge von Fleiß und Intelligenz. Und selbst die Franzosen verlassen nun das Boot und geben die Errungenschaften der letzten Jahre auf, erhöhen Steuern und machen das ganze schöne Konzept kaputt.
Der konservative Deutsche scheint sich in einem Gefecht zu stehen. In einem gegen den Vorwurf der Exportlastigkeit und gegen jeden Anflug von nicht-neoliberalen Konzepten oder dezenten Versuchen des Entzugs von neoliberalen Rezepten. Er isoliert sich selbst in seinem Wahn, der Welt die richtige Ökonomie zeigen und auferlegen zu wollen. Und er wirkt pikiert, wenn man seinen Anleitungen nicht folgt und sie kritisiert. Der konservative Deutsche ist in diesen Tagen mal wieder ein Mensch, der überall Verrat und Brüche mit der Vernunft wittert. Seinem Plan folgt niemand so, wie er ihn sich ausgedacht hat. Das nimmt er persönlich. Da er auch noch kritisiert wird, igelt er sich ein. Er spielt mal wieder den einsamen Menschen am rechtsrheinischen Ufer.
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