Hier ist der erste Teil dieser Geschichte.
Hier ist der zweite Teil dieser Geschichte.
„Meister Windu hat uns erklärt, dass wir Hüters des Friedens sind, keine Krieger. Und wenn der Krieg vorbei ist, wird es unsere Aufgabe sein, den Frieden zu bewahren.“
Diese Aussage schien Ahsoka Tano nicht zufrieden zu stellen. „Ja, aber werden wir dies als Hüter des Friedens tun, oder als Krieger und wo genau liegt der Unterschied?“
Barriss sah ihre Freundin an. Sie saßen allein in der halbdunklen Messe der TB-73 Fregatte, die vor kurzen den Orbit um Geonosis verlassen und den in den Hyperraum gemacht hatte und sich nun auf dem direkten Weg nach Ord Cestus befand, um dort dringend benötigte medizinische Geräte und Arzneien abzuliefern. Und sie waren allein hier, denn es war jetzt eigentlich mitten in der Nacht (auch wenn der Begriff „Nacht“ im Weltall eine etwas seltsame Bedeutung hatte) und die Klonsoldaten befanden sich alle in ihren Kabinen, um zu schlafen. Barriss und Ahsoka hatten nach den Ereignissen in der Waffenfabrik keine Ruhe gefunden und waren deshalb hierhergekommen, um sich mit Essen und Reden ein wenig abzulenken.
„Ich habe drauf keine Antwort, Ahsoka, ich bin ein Padawan, wie Du. Was sagt denn dein Meister?“
Barris griff nach ihrem Becher und nahm einen Schluck von dem dunkelroten Getränk, das sich darin befand. Ebenso wie die bescheidene Speiseration, die sie und Ahsoka sich aus dem Automaten neben dem Eingang der Kantine geholt hatten war es rein synthetisch hergestellt und schmeckte dementsprechend. Aber die Hauptaufgabe der Nahrungsrationen und der Getränke auf den Schiffen der Großen Armee der Republik bestand auch nicht darin besonders wohlschmeckend zu sein, sondern seine Besatzungen mit all dem zu versorgen, das sie brauchten um am Leben zu bleiben und genug Kräfte für die Kämpfe mit den Separatisten zu haben.
Barriss‘ Frage schien Ahoska zu überraschen, denn sie legte die Gabel neben ihr Tablett und dachte kurz nach. „Anakin,“ antwortete sie schließlich, „nun, du würdest wohl einige seiner Ansichten über die Zukunft ein wenig – radikal finden.“
„Wirklich, warum?“, wollte Barriss mit einer Mischung als Überraschung und Amüsiertheit wissen.
„Sagen wir einfach, dass mein Meister immer tun wird, was getan werden muss.“
In ihrer Zelle schüttelte Barriss leicht den Kopf, ohne aus ihrer Meditation aufzuwachen. Warum zeigte ihr die Macht eine Erinnerung an jenen Flug, in dem Barriss von den geonosianischen Gehirnwürmern befallen wurde, nicht mehr sie selbst war, Ahsoka fast getötet hätte und schlussendlich von ihrer Freundin verschont worden war, obwohl sie selbst den Wunsch geäußert hatte, von ihrer Besessenheit erlöst zu werden. Das ergab in diesem Moment weder einen Sinn, noch half ihr das bei ihrer Suche nach ihrer eigenen Zukunft weiter.
Sie versank noch tiefer in ihrer Meditation und versuchte die Macht dazu zu zwingen, ihr endlich eine Vision davon zu zeigen, was sein würde, nicht was gewesen war.
„Glaubst du, dass die Jedi mehr tun sollten?“
Barriss, die ein Gruppe Fische dabei beobachtet hatte, wie sie scheinbar Fangen spielten hob überrascht den Kopf.
„Was meinst du mit mehr tun? Wir tun das, was die Macht uns aufträgt zu tun.“
Ahsoka runzelte die Stirn. „Ja, aber glaubst Du nicht auch, dass wir mehr erreichen könnten, wenn wir unsere Methoden ändern würden?“
Jetzt war es an Barriss die Stirn zu runzeln. „Ahsoka, wir handeln nach dem Willen der Macht, seit vielen tausend Jahren, warum sollten wir jetzt unsere Methoden ändern?“
Ahsoka senkte den Blick und schwieg für einige Augenblicke, sodass das einzige Geräusch das Plätschern des kleinen Wasserfalls war, der sich in mehreren Kaskaden von einem dunkelgrauen Felsen in den Teich ergoss, neben dem sich die beiden Mädchen niedergelassen hatten. Sie befanden sich im Saal der tausend Quellen, einem der größten Räume des Tempels und einem, in den sich viele Jedi zurückzogen, wenn sie Ruhe brauchten und sich der macht öffnen wollten.
„Vielleicht weil die Jedi das erste Mal seit fast 1000 Jahren wieder einen galaxisweiten Krieg führen müssen und die Wege, die sie in den letzten Jahrhunderten eingeschlagen haben nicht mehr die Richtigen sind für die heutige Zeit.“ Es klang mehr nach einer Frage, als nach einer festen Überzeugung.
Barriss rutsche unruhig auf der Steinplatte hin und her auf der sie saß. Die Worte ihrer Freundin erschreckten sie fast.
„Und inwiefern sollten wir unsere Methoden ändern?“
Ahsoka schien mit ihrer Antwort zu ringen, denn sie schwieg einige Augenblicke. „Vielleicht könnten wir diesen Krieg schneller beenden und wieder zu den Hütern des Friedens werden, die wir sein sollten, wenn wir nicht ständig an die Beschlüsse des Senates gebunden würden und das tun könnten, was getan werden muss.“
Als Barriss keine Antwort gab fuhr sei fort: „Die Macht gibt uns so viele Möglichkeiten Dinge zu tun und dennoch frage ich mich, ob wir uns nicht selbst Grenzen auferlegen, die uns in unsere handeln behindern. Dooku, Grievous und die Separatisten haben diese Grenzen nicht und wir sind durch einen uralten Kodex gezwungen immer nur soviel Gewalt einzusetzen wie unbedingt nötig. Wir reagieren nur, anstelle zu agieren. Wir sind Sklaven des Senates und Sklaven unserer eigenen Geschichte.
Sie schwieg und fragte nach einigen Augenblicken unsicher: „Klingt das sehr verrückt?“
Barriss schüttelte leicht den Kopf, nicht wie sie ihrer Freundin recht geben wollte, sondern weil sie nie damit gerechnet hatte solche Worte aus dem Mund Ahsokas‘ zu hören.
„Wie kommst du eigentlich auf so etwas?“
Da erzählte Ahsoka Barriss von dem Gespräch, das Anakin auf Lola Sayu mit Captain Tarkin geführt hatte, als sie versucht hatten aus der Zitadelle, dem Gefängnis in dem Even Piell, Tarkin und etliche Klonsoldaten gefangen gehalten worden waren zu fliehen. Darin war es um die Rolle der Jedi in diesem Krieg gegangen und ob die Methoden, die der Orden in Gehorsam der Macht anwendete nicht ineffizient waren, um diesen Konflikt zu beenden. Während Anakin scheinbar Tarkins Meinung teilte, war Ahsoka zunächst entsetzt über diese Behauptungen gewesen, je mehr sie aber darüber nachdachte, desto mehr fragte sie sich, ob Tarkin – so wenig sie auch von ihm hielt - nicht vielleicht doch in gewisser Hinsicht recht gehabt hatte. Und nun teilte sie diese Zweifel ihrer Freundin mit.
„Nein Ahsoka, wir sind Jedi, wir sind verpflichtete, den Willen der Macht zu folgen. Die Macht sagt und was richtig und was falsch ist und es ist gefährlich sich über das was sie von uns will hinwegzusetzen.“
„Ja, aber könnten wir die Macht nicht einsetzen, um diesen Krieg zu beenden? Um all das Leid, das jeden Tag überall um uns herum entsteht zu mindern? Und wir haben die Fähigkeiten dazu. Meister Yoda hat einmal gesagt, dass jeder Jedi so mächtig ist wie mindestens einhundert Droiden, wäre es denn wirklich so schlimm diese Macht für das einzusetzen, von dem wir wissen, dass es das Richtige ist?“
Daraufhin schwiegen beide für einige Zeit.
Barriss beobachtete wieder die kleine Gruppe Fische, die in dem Teich miteinander spielten. Drei orange-graue Fische verfolgten einen größeren, der ebenfalls leuchtend orange war, jedoch gelbe Flecken hatte. Plötzlich tauchte dieser unter und verschwand, um wenige Augenblicke später wieder an die Oberfläche zu kommen. Doch nun war er grün und hatte schwarze Streifen. Die Anderen brauchten einige Augenblicke bis sie die Täuschung erkannten und den größeren Fisch wieder zu verfolgen begannen. Das Ganze war offensichtlich ein Spiel, aber in der Natur konnten die paar Sekunden, die die Farbänderung und die damit erreichte Verwirrung ausgelöst hatte unter Umständen über Leben oder Tot entscheiden.
Barriss ertappte sich dabei, dass sie sich wünschte, dass die Jedi manchmal auch in der Lage wären, sich so zu tarnen und damit für andere unsichtbar zu werden.
Sie wandte den Blick von der Wasseroberfläche ab und schaute wieder zu ihrer Freundin hinüber. Ahsoka hatte den Blick gesenkt, als wäre ihr das was sie gerade gesagt hätte unangenehm.
„Woher kannst du überhaupt so gut Jar‘Kai?“, fragte sie schließlich, um Ahsoka aus ihren Gedanken zu reißen.
Bevor sie hierher in den Saal der tausend Quellen gekommen waren, um sch abzukühlen und zu entspannen, hatten die beiden in einem der Trainingsräume des Tempels mehrere Stunden lange Kampfübungen mit Trainingsschwertern ausgeführt und Ahsoka hatte dabei nicht nur eine sondern zwei dieser Waffen benutzt. Wie üblich, wenn die beiden ihre Kräfte im Kampf mit dem Laserschwert maßen hatte Ahsoka Barriss auch diesmal klar besiegt, aber diese empfand keinen Groll gegen ihre Freundin. Ahsoka entstammte einer uralten Spezies von Jägern und der Kampf mit den Waffen der Jedi zählte zu ihren absoluten Stärken. Trotzdem war es beeindruckend gewesen zu erleben, wie mühelos die Togruta die beiden Trainingsschwerter geschwungen hatte, jeden von Barriss‘ Attacken mit einer Leichtigkeit zurückschlug und das Tempo im richtigen Moment sogar noch steigern konnte, bis Barriss eine Hand hob und sich ergab.
Und obwohl dieses freundschaftliche Kräftemessen schon bevor Ahsoka gelernt hatte, ein zweites Schwert zu führen meist sehr einseitig verlaufen waren, genoss Barriss diese gemeinsam Zeit sehr und das nicht nur weil die beiden so selten Gelegenheit hatten, sie zu erleben. Obwohl Barriss sowohl im Tempel als auch auf ihren Reisen viele andere Personen kennengelernt hatte, denen sie freundschaftlich verbunden war empfand sie für kaum jemanden eine so starke Sympathie und Verbundenheit wie für Aksoka. Sie schien ihr wie eine Schwester zu sein und obwohl die Togruta einige Jahre jünger war als Barriss hatte sie oft das Gefühl, dass diese wesentlich besser über ihren Platz in der Galaxis bescheid wußte als sie selbst. Und dies war etwas worum Barriss sie beneidete.
„Oh das habe ich mir selbst beigebracht.“, beantwortete Ahsoka Barriss Frage und schien froh darüber das Thema wechseln zu können. Barriss hob überrascht die Augenbrauen.
„Wenn Anakin und ich für einige Tage auf Coruscant sind, trägt er mir immer auf, mich selbst zu beschäftigen, da er keine Zeit hat, sich mit mir zu befassen, sondern irgendwo anders hinmuss.“, fuhr sie fort. „Und da habe ich begonnen, mir in der Bibliothek des Tempels Holovids über Jedi Kampftechniken anzusehen. Und dabei bin ich auf Jar‘Kai gestoßen.“
Das überraschte Barriss. Natürlich wusste sie, dass die Bibliothek eine schier unerschöpfliche Quelle des Wissens war, aber sie wäre nie auf die Idee gekommen. Holocrons zu verwenden, um neue Kampftechniken zu erlernen.
„Und dann?“ wollte sie wissen
Ahsoka zuckte mit den Schultern. „Dann habe ich begonnen, mir ein Shoto zu konstruieren. Als ich damit fertig war und ich das Gefühl hatte, alles was ich aus den Videos lernen konnte gelernt zu haben, bin ich in einen der Übungsräume des Tempels gegangen und habe die Trainingsdroiden so programmiert, dass ich beide Laserschwerte brauchte, um bestehen zu können. Am Anfang war es schwierig, aber wenn man sich einmal ganz auf das Fließen der Macht einlässt, funktioniert es ganz wie von selbst. Allerdings erst nach einigen Wochen“
Sie lächelte und Barriss erwiderte ihr Lächeln. Es fühlte sich fast an, als hätten die beiden jetzt ein Geheimnis, das sonst niemand kannte.
„Und was hat dein Meister zu deinen neuen Fähigkeiten gesagt?“ wollte sie wissen.
Ahsoka zuckte wieder mit den Schultern. „Er erzählte mir nicht, wo er hingeht, wenn wir auf Coruscant sind, also habe ich ihm nicht erzählt, was ich tat während er nicht da war.“
Daraufhin mussten die beiden kichern und Barriss musste den spontanen Impuls unterdrücken ihre Freundin zu umarmen.
Danach saßen die beiden noch einige Minuten schweigend nebeneinander und genossen den Frieden, den der riesige Park im Inneren des Jedi Tempels bot, bevor Ahsoka plötzlich aufstand.
„Ich muss noch meine Sachen packen.“, erklärte sie, „wir brechen morgen früh nach Felucia auf und wie ich Anakin kenne ist früh bei ihm sehr früh“.
Barriss nickte, doch sie bedauerte, dass die gemeinsame Zeit mit Ahsoka schon wieder zu Ende war. Sie selbst würde noch einige Tage auf Coruscant blleiben, bevor sie auf einer medizinischen Fregatte in den Outer Rim aufbrechen würde, um Ausrüstung zu liefern und einen endlosen Strom an verwundeten Soldaten zu heilen oder diesen zumindest dabei zu helfen ohne Schmerzen zu sterben.
„Wenn wir beide wieder hier sind, müssen wir uns wieder genau hier treffen“, rief sie Ahsoka nach, die sich bereits ein paar Schritte entfernt hatte.
„Ja, ich wette wir werden noch in siebzig Jahren hier sitzen, wenn wir schon beide alt und grau sind!“, rief sie Barriss zu.
„Ja, und wenn unsere Meister uns immer noch vorschreiben was wir tun dürfen und was nicht.“
Daraufhin mussten beide wieder lachen und als Ahsoka gegangen war, wünschte sich Barriss, dass sie und Ahsoka bald wieder und noch für lange Zeit so unbeschwerte und fröhliche Momente erleben würden.
Doch dazu sollte es nicht mehr kommen, denn das nächste Mal als Barriss Offee und Ahsoka Tano miteinander sprachen war es nach dem Begräbnis von sechs Jedi, die bei einem Bombenangriff auf den Tempel ums Leben gekommen waren.
Fortsetzung folgt…