Ich finde es faszinierend, dass die Menschen zu allen Zeiten und in allen Kulturen von einem schlangen-ähnlichen, oft geflügelten Wesen berichten: vom Drachen.
Wir treffen ihn in vielen Märchen aber auch in Heiligenlegenden, er taucht in den Sagen der verschiedensten Regionen auf und natürlich darf er auch in keinem Heldenepos fehlen. Wir begegnen ihm auf Schritt und Tritt – heute gar in naturalistischer Perfektion als Drache Smaug auf der Kinoleinwand (in der Hobbit Trilogie).
Verfolgt uns der Drache oder bringen wir ihn ständig neu hervor?
Viele Bücher wurden über dieses Phänomen geschrieben. Manche Psychologen erklären es mit Archetypen in unserer Psyche und gewisse Evolutionsbiologen mit der Fehldeutung von Knochen von Urtieren. Die zahllosen Begründungen stimmen alle ein wenig, aber nichts überzeugt so ganz.
Wäre der Drache überall der Inbegriff des Schlechten, dann würde es wohl das Erklären erleichtern – aber in China und Japan ist der Drache traditionellerweise ein Glücksbringer und sehr positiv besetzt!
Das Wort Drache kommt vom griechischen drakon – ursprünglich “Schlange”. Drakonische Strafen oder die Dragoner (Kavallerie) erinnern daran. Bei uns hiess er zuvor “Lindwurm” (zB. im Nibelungenlied), wobei auch da der Wortteil Lint “Schlange” heißt. Die Spanier trafen bei der Eroberung Mexikos auf einen wundervollen aber bösen aztekischen Drachen, den Quetzalcoatel (geflügelte Schlange) und die Alchemisten hatten ihren altägyptischen Drachen, nämlich den Ouroboros – Symbol der ewigen Wiederkehr.
Ich beschäftige mich viel und gern mit dem Drachen, entdecke ihn in mir und in anderen Menschen, beschleiche ihn in Höhlen oder Wäldern und beobachte, wie er aus Moorseen auftaucht. Und natürlich male ich ihn auch immer wieder.
Über den Dächern der Stadt / HxBxL 45cm x 82cm x 55cm / Acryl auf Figur aus Seidenpapier und Pappmaché / 2005 / Nr.05-094
(oben: Fotomontage meines Drachens über der Stadt Kathmandu)