Der doppelte Til: „Der große Schmerz“ und „Fegefeuer“

Der doppelte Til: „Der große Schmerz“ und „Fegefeuer“

©ARD

Gleich im Doppelpack gab's Til Schweiger zum Jahresbeginn. Und man darf Til Schweiger auch nur wünschen, dass er Montagnacht ebenfalls etwas doppelt gesehen hat. Oder dass er zumindest irgendetwas genommen hat, was sein Bewusstsein etwas eingeschränkt hat. Denn sein berühmter facebook-Post lief ja bekkantlich etwas aus dem Ruder. In dem er Kollegen – sogar zu Unrecht – beschimpft. Kölns Kommissare essen nämlich schon seit geraumer Zeit keine Currywurst mehr. Hat er vielleicht doch nicht so viel Ahnung von der Craft(Materie)?Na ja,sei's drum. „Bahnbrechend“, „was aussergewöhnliches“ oder gar „Fernsehgeschichte“ sind seine beiden Tatorte nämlich mitnichten. Der von Schweiger in den Himmel gelobte Regisseur Christian Alvart langweilt im ersten Teil, im zweiten Teil trumpft er dann auf mit – echt jetzt – rasanter Spannung. „Non Stop Action“, immerhin das stimmt in Schweigers Pamphlet. Nur ....KUNST ist das alles irgendwie trotzdem nicht.

Der doppelte Til: „Der große Schmerz“ und „Fegefeuer“

"Schwarze Natascha, nur du!" Okay, leider nur Helene Fischer mit schwarzer Perücke. ©NDR/Gordon Timpen

„Der große Schmerz“: Helene Fischer sagt das F-Wort

Helene Fischer sagt „Ficken“. Das ist so ziemlich das einzige, was vom ersten Teil haften bleibt. Denn unsere blonde Schlagerqueen schauspielert neuerdings. Im Film, geschrieben von Christoph Darnstädt, mimt sie Leyla, eine schwarzhaarige Auftragskillerin. Und die hat nach vier Minuten eine Knarre in der Hand, ist dann flüchtig, kidnappt im Auftrag vom im Kittchen sitzenden Gangster-Boss Firat Astan (mit der beste Mann: Erdal Yildiz) Tils Tochter (wie der Vater so der Nachwuchs: Luna Schweiger) und Frau (viel zu sympathisch für die Rolle: Stefanie Stappenbeck). Denn der hat noch eine Rechnung mit Tils Tatort-Figur Nick Tschiller offen. Der Rest ist schnell erzählt.Fischer muss eigentlich kaum was sagen, außer einmal: „Ich bin hart und grausam.“ Dieses aufs Wesentliche reduzierte, das sollte sie mal öfter machen. Das kann sie wirklich. Tschiller irrt derweil durch die Gegend, vor lauter Angst um seine Familie. Da sinkt er einmal mitten in der nächtlichen Pampa zusammen und ihm kommt die Lülle aus dem Mund. Nick, das soll der Moment suggerieren, leidet. Leider leidet man nicht mit ihm. Denn auch wenn man der Produktion das im Verhältnis zu anderen Tatorten immense Budget ansieht: Der Inhalt ist alles bloße Fassade.Eine furztrockene Entführungsstory, bei der der Haupt-Ermittler am Rande des Wahnsinns gebracht wird, gab's schon häufig. Funktionieren kann dieser Plot schon. Nur nicht, wenn alles bloß vorgeheuchelt wird. Jegliche Emotion in diesem aufgepimpten Irgendwas ist vorgetäuscht, Empathie empfindet man eigentlich mit keinem einzigen Charakter. Da kann Alvarts Inszenierung auch noch so gelungen sein: Es interessiert einfach nicht, wer da gerade ums Leben kommt. Der Film scheitert nicht (nur) an Schweiger, sondern schlichtweg an seinem eigenen Unterbau.

Der doppelte Til: „Der große Schmerz“ und „Fegefeuer“

Der "es erträglicher"-Macher: Fahri Yardim. ©NDR/Gordon Timpen

Hinzu kommen Figuren aus der Drehbuch-Studiums-Hölle wie ein zugekokster Innensenator (eigentlich einer von den Guten: Arnd Klawitter) oder weitere Leute, die so tun, als würden sie schauspielern. Ferris MC, früher mal Rapper, jetzt Deichkind, hat sich vom Schweiger breitschlagen lassen, eine kleine Rolle zu übernehmen. Klappt irgendwie nicht so. Am Ende schließt der Streifen mit einem netten Cliffhanger des einzigen Hoffnungsschimmers der 90 Minuten: Fahri Yardim heißt er im echten Leben, im Tschiller-Universum Yalcin Gümer. Und man mag sich gar nicht vorstellen, was wäre, wenn er nicht dabei wäre.Dann wären wir diesmal alleine mit Helene Fischer und mit Til Schweiger gewesen. Das wäre wohl die Hölle gewesen. Aber wir wissen ja: Die Hölle morgen früh ist uns ja eh egal. Immerhin wird Super-Helene am Ende zum Schweigen gebracht. Und eine Bazooka, die holt Teufelskerl Til sogar auch noch aus einem Schließfach am Bahnhof. Geht alles.

Der doppelte Til: „Der große Schmerz“ und „Fegefeuer“

Sowas nennt man wohl herumgetschiller...©NDR/Gordon Timpen

"Fegefeuer": Tschillersche Glückskekse am Grab

Atemlos geht’s auch in der Fortsetzung zu. Und endlich kommt wirklich mal Schwung in die Kiste. Die Geschichte über den privaten Zwist zwischen Astan und Schweiger, irgendwelche dunklen Geheimnisse und Geschäfte des koksenden Innensenators und eine mehr als nur peinlich inszenierte Geiselnahme im Tagesschau-Studio interessiert kaum. Man schaut nämlich – klingt unmöglich, ist aber so – tatsächlich gebannt auf den Bildschirm. Rasant inszeniert Alvart die Hetzjagd von Tschiller, wie er Astan von dem einen zum nächsten Ort schleift. Es gibt viele Aha-Momente, viele blutige, wirklich mutige Momente, wo man sich auch mal über eine altersgerechtere Ausstrahlung zu einer späteren Uhrzeit hätte Gedanken machen dürfen in der ARD.Ohne zu ulken: „Fegefeuer“ ist wirklich pures adrenalingeschwängertes Action-Kino. Stark inszeniert, pausenlos, temporeich – und Fahri Yardim ist auch noch dabei. Er sorgt für die wenigen heiteren Momente. „Tu' den Schaumstoff weg“, raunzt sein Yacin Journalisten zu, die wegen der Geiselnahme im Nachrichtenstudio vorm Präsidium hausen. Dort machen er und Kollegin Kallwey (Britta Hammelstein) die stinknormale Büro-Arbeit, während da draußen unser herzallerliebster Nick sich fröhlich durch die Gegend tschillert – sprich: Ballern, kloppen, bluten, leiden. Macht trotzdem Spaß. Auch wenn ihm diesmal keine Lülle aus dem Mund läuft.Darnstädt schafft es sogar, ihm und seinem von Yildiz hervorragend interpretierten Kontrahenten ein paar knackige One-Liner in den Mund zu legen. „Ich verkaufe Glückskekse an deinem Grab“ war noch mit der beste Spruch. Nur die Geschichte im Hintergrund, also all das hinterm großen Getöse, wirkt nicht so recht schlüssig. Macht aber nichts. Dass dem so ist, das hat der Schweiger wirklich gut hinbekommen. Also nicht er, eher der Alvart. Eigentlich nur der.Der Look ist kinotauglich, die Fischer auch nicht mehr dabei: „Fegefeuer“ behält der Zuschauer tatsächlich als recht guten Hirn-Ausschalter in Erinnerung. Nicht mehr, nicht weniger, doch wenigstens überhaupt was. 

Der doppelte Til: „Der große Schmerz“ und „Fegefeuer“

©ARD

Aber was schreibe ich das hier eigentlich alles? Ich bin ja eh nur schwach und klein, ein Neider und ein Trottel. Überhaupt: Alles nur wegen dem NDR..!!!!!
BEWERTUNG - "Der große Schmerz": 03/10BEWERTUNG - "Fegefeuer":7,0/10Titel: Tatort: Der große Schmerz & FegefeierErstausstrahlung: 01./03.01.16Genre: KrimiRegisseur: Christian AlvartDarsteller: Til Schweiger, Fahri Yardim, Tim Wilde, Britta Hammelstein, Arnd Klawitter, Eradl Yildiz, Luna Schweiger, Stefanie Stappenbeck u.v.m.

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