Der deutsche Olympische Triathlon

Von Wonseong

Der DOSB hat entschieden…und nun ist das Geheule groß. Aber warum nur? Ein Kommentar (ja, das ist nur einmal mehr ein möglicher Standpunkt von vielen).

Triathlon-Deutschland wird im nächsten Monat in Rio de Janeiro bei den XXXI. Spielen lediglich von einer einzigen Athletin, Anne Haug, vertreten. Wie die DTU in einer Pressemitteilung verlauten ließ, sei man sehr traurig über diese Entscheidung. Ein Blick in die sogenannten Social Media zeigt mir, dass es den meisten meiner Triathlon-Freunden anscheinend genau so geht. Warum nur? Das möchte ich im Folgenden analysieren.

  1. Fakt: Die Nominierungskriterien sind seit ewigen Zeiten klar definiert und kommuniziert.
  2. Fakt: Alle in Frage kommenden Athleten wussten, was von ihnen verlangt wird.
  3. Fakt: Außer Anne Haug hat sich kein deutscher Athlet (-in) auf sportlich einwandfreiem Weg qualifizieren können.

Noch irgendwelche Fragen? Dieses Gutmenschen-Gequatsche geht ja offenbar nicht nur mir tierisch auf den Geist…und nicht nur in diesem Thema. Ich finde es ja auch total unfair, dass die deutsche Fußball-Nationalmannschaft im Halbfinale ausgeschieden ist und nun „deutlich schlechtere Mannschaften“ im Finale standen und (Vize-) Europameister wurden. Aber was gibt es da zu diskutieren? Die Regeln des Spiels sind klar und sie haben eben verloren. Punkt. So einfach ist das.

Die deutschen Kurzdistanz-Triathleten hatten genug Zeit, sich für Rio zu empfehlen und sie haben ein um’s andere Mal diese Chance nicht genutzt. Und nicht nur knapp. Ich werde regelmäßig extrem hellhörig, wenn ich Dinge lese wie „Ich denke auch, dass wir ein, zwei Olympiaqualifikationen erleben werden. Die Vorbereitung verlief planmäßig und weitestgehend störungsfrei. Das spiegelt sich natürlich auch in den Trainingsresultaten und den Ergebnissen der Leistungsdiagnostiken wider.“ (DTU-Cheftrainer Ralf Ebli). Zwei Tage später klingt das dann so: „Das war natürlich ein sehr enttäuschender Auftakt. Bedingt durch verschiedene Ursachen, die wir jetzt analysieren müssen. Die drei sind unsere Olympiakandidaten und somit müssen wir sie wieder aufrichten und stärker in den nächsten Rennen zurückkommen.“ Steffen Justus kam als einziger Mann überhaupt ins Ziel – weit abgeschlagen auf Platz 36. Auch zur Leistung der Damen hat Ebli einen passenden Kommentar: „Insgesamt ist das Ergebnis natürlich traurig für uns. Enttäuscht sind wir, dass die wirklich guten Trainingsergebnisse nicht umgesetzt werden konnten.“ Und das betraf lediglich den WTS-Auftakt in Abu Dhabi im März. Man könnte sich auch fragen, warum sich (außer Anne) niemand zuvor qualifizierte und nun alles auf die letzten verbliebenen Rennen ankam.

Aber ich will nicht zu tief ins Detail. Der Punkt ist, dass…

  1. Immer wieder die gleiche Art von Kommunikation zu hören ist, die von den echten Champs (sowohl auf Trainer- als auch auf Athletenseite) nie zu hören ist: „Wir sind ja alle so toll im Training und können uns gar nicht erklären, warum wir im Wettkampf so schwach sind…“. Hallo??! Drei Mal darf man raten, warum z.B. ein Brett Sutton die verdammten Stoppuhren und Gadgets aus dem Training seiner Schützlinge verbannt. Ein Lernpunkt für unsere tollen DTU-Trainer: Trainingsresultate sind nicht gleich Wettkampfresultate. Oder wie unser allseits geliebter Sebi es auf einem Vortrag so schön formulierte: „Es gibt mehr Trainingsweltmeister als richtige Weltmeister.“ Dem ist nichts hinzuzufügen. Und kennen wir das nicht alle aus unserer eigenen Trainingspraxis? Gottseidank können mir die ganzen Trainingsweltmeister im Training so richtig in den Hintern treten und sind dann im Rennen Lichtjahre zurück.
  2. Ich von mehreren Spitzentrainern vernehmen musste, dass sie sich fragten, was die deutsche Triathlon-Nationalmannschaft denn da so im Training treibt und hinterfragten, ob da irgendjemand einen Plan hat (ich gebe hier lediglich wider, was mir persönlich zugetragen wurde).

Fazit:

  • Die Athleten haben es nicht geschaftt, sich zu qualifizieren.
  • Wenn man sich unsere Nachbarländer anschaut und sieht, was diese aus weit weniger Quantität an Qualität generieren, darf man sich schon wundern.
  • Wenn man sieht, was einige Spitzenkräfte auf Trainerseite (Kurzdistanz) kontinuierlich an Leistung generieren, darf man sich auch wundern (z.B. Brett Sutton, Darren Smith, Joel Filliol, um nur ein paar Wenige zu nennen).
  • Wenn man sieht, was unsere Langdistanz-Profis ohne Sportförderung und den ganzen DTU-Trainerstab auf Weltspitzen-Niveau hinkriegen, darf man sich schon wieder wundern.
  • Im Grunde muss man sich förmlich fragen, wie man es schafft, so konsistent schwache Leistungen zu bringen bei dem Input und den Trainingsmöglichkeiten.
  • Und in diesem Zusammenhang sei die Frage erlaubt, wie man an einem so erfolglosen Trainerteam festhalten kann und – nicht erst seit drei Monaten – zusehen kann, wie sich der deutsche Kurzdistanz-Triathlon aus der Weltspitze verabschiedet.
  • Hinzu kommt die politische Dimension: Was sollte der DOSB denn machen, nachdem sich Rebecca Robisch erfolgreich über das Schiedsgericht eingeklagt hatte? Das war aus deren Sicht die einzig sinnvolle Entscheidung.
  • Und schließlich darf man sich fragen, wie professionell unsere Kurzdistanz-Asse wirklich sind, wenn (nur als eines von vielen Beispielen) die Website von Rebecca Robisch auf dem Stand von der letztjährigen DM stehen geblieben ist…