Der Darm funktioniert wie ein Gemüsegarten

Dr. Ulrich Mohr: Der Darm funktioniert wie ein Gemüsegarten

Der Darm funktioniert wie ein GemüsegartenWie ernähren wir uns möglichst gesund? Brauchen wir noch mehr Vitamine und besondere Präparate? Dr. Ulrich Mohr meint, es ist viel einfacher: Langsamer kauen, lernen, den natürlichen Geschmackssinn zu sensibilisieren, dann weiß unser Körper von ganz allein, was ihm gut tut. Wer klug ist, sorgt sich um die Gesundheit seiner kleinen bakteriellen Helfer. Hier einige gute Anregungen, was wir tun können.

Von Dr.med. Ulrich Mohr

Eine neue Sichtweise der Ernährung – Nicht unsere Ernährung ist das Wichtigste. Das Wichtigste sind die optimalen Lebensbedingungen für die Bakterien in Darm und Lunge.

Was passiert, wenn man sein Gemüsebeet mit Mengen an fauligem halbverwestem Kompost beglückt? Die gesunden Mikroorganismen ergreifen die Flucht oder versterben elendiglich beim Versuch der Auswanderung. Der Ertrag Deines Gartens bleibt trotz bester Absichten auf der Strecke. Gifte statt Humus verrichten ihr zerstörerisches Werk. Was das mit menschlicher Gesundheit zu tun hat? Sehr viel, denn in unserem Verdauungssystem verlaufen die chemischen Umwandlungsprozesse sehr ähnlich den Vorgängen in der Natur. Dieser Umstand fand bisher kaum Beachtung. Ein gesunder Darm ähnelt weitaus mehr einem Gemüsegarten als einer Chemiefabrik. Und der Biogärtner weiß, dass er für beste Ergebnisse nur das Mikroklima optimieren muss. Dann ist noch nicht einmal Düngen erforderlich. Das klingt vielleicht ungewohnt, doch nur im ersten Moment. Es lohnt sich jedenfalls, diesen Mikrokosmos im Bauch zu verstehen. Mit diesem Wissen werden Heilungen möglich, wo es bisher keine Hoffnung zu geben schien.

Ein gesunder Darm ähnelt weitaus mehr einem Gemüsegarten als einer Chemiefabrik. Angesichts der ständig wachsenden medizinischen Möglichkeiten müsste man vom Besten ausgehen können und sich an sinkenden Krankheitszahlen und Todesfällen erfreuen. Doch kurioserweise ist gerade das Gegenteil der Fall. Der klassische Mediziner konnte bis heute mit hochgerüsteter Technik das Blatt nicht wenden. Dem mehr feingeistigen Naturheilkundler ergeht es nicht besser.
Worin mag das begründet sein? Liegt es an der unter selbstkritischen Medizinern bekannten Weisheit „Je mehr Ärzte, desto mehr Kranke.“, die sich statistisch tatsächlich belegen lässt? Das mag einer der Gründe sein, doch genügt er bei weitem nicht, um die ständig wachsende Zahl der chronisch Kranken und Schwerstkranken zu erklären.

Genauso wenig ist damit der Jo-Jo-Effekt erklärt. Was dem Namen nach ein neuer Breitensport sein könnte, ist tatsächlich die Qual einer explodierenden Zahl Übergewichtiger. Sie stolpern von einer Diät in die nächste, um mit immer weniger Kalorien immer schneller dicker zu werden. Ich wage eine andere, sehr viel provokativere Sichtweise.

Könnte es sein, dass wir in der Faszination für Technik und Fortschritt den Blick für das Einfache völlig verloren haben? Ja, dass wir dem Einfachen sogar jede Wirksamkeit absprechen? Wie schafft es ein Tier, in freier Wildbahn gesund zu bleiben? Wie gelingt ihm die Genesung bei den eher seltenen Erkrankungen oder Verletzungen? Vielleicht sollten wir
hier ansetzen, um nach Antworten zu suchen. Die älteren und die natürlich wirtschaftenden Bauern wissen noch, dass eine kranke Kuh intuitiv die Kräuter frisst, die der Genesung am dienlichsten sind. Wer auf solcherlei Besonderheiten achtet, wird auch feststellen, dass krankes Wild zu besonderen Quellen geht, um genau dieses Wasser zu trinken. Es scheint also in der Natur des Tieres ein Instinkt zu existieren, das jeweils für den Moment Passende zu essen und zu trinken.

Hat der Mensch diese intuitive Gabe ebenfalls und sie nur vergessen? Es sieht ganz so aus. Indizien hierfür gibt es viele. Ich greife exemplarisch ein besonders Anschauliches heraus, weil es immer wieder Anlass zu Spötteleien gibt. Schwangere entwickeln die kuriosesten Vorlieben, ob sie nun kiloweise Sonnenblumenkerne verzehren oder zur sauren Gurke mit Marmelade greifen. Dahinter verbirgt sich nichts anderes als ein instinktives Wissen, dass bestimmte Inhaltsstoffe eines Lebensmittels für den Organismus im Moment besonders wichtig sind.

Nehmen wir also an, dass dies alles so ist, dann müsste man sich gesund essen und trinken können. Der Gedanke an sich ist nicht neu, nur funktionierte es bisher meist nicht. Dabei bräuchte man nur seinen lebenswichtigen Darmbakterien die optimalen Lebensbedingungen zu schaffen. Wenn das so ist, stellt sich andersherum die Frage, was uns daran hindert, dies zu tun. Einen gewichtigen Grund nannte ich bereits: Die fehlende Vorstellung, dass Einfaches wirkungsvoll sein könnte. Der zweite wesentliche Grund ist die hochgradige Verarbeitung vieler Lebensmittel. Selbst wenn unser Ernährungsinstinkt einwandfrei funktionieren würde, müsste er hier scheitern. Denn die künstlichen Kombinationen und Konzentrationen kennt er nicht, daran scheitert auch das freilebende Tier.

Den Supertreibstoff Glukose beispielsweise frisst jedes Tier pur, wenn es ihn kriegen kann. Das Zuckerl fürs Pferd ist dafür ein bekanntes Beispiel. Aus dem gleichen Grund verenden Wildtiere zu Hauf an den Feldrändern besonders ölreicher Rapssorten. Die hohen Konzentrationen hat die Natur so nicht vorgesehen. In unseren industriellen Lebensmitteln bewirken die vielen tausend Chemikalien ihr übriges, um dem intuitiven Empfinden für Bekömmlichkeit und Wert den Garaus zu machen.

Wer also den natürlich einfachen Weg zur Gesundheit beschreiten will, braucht wenigstens
zwei Dinge:

1. Die Rückbesinnung, dass Einfaches wirkt,
2. Mehrheitlich naturbelassene Lebensmittel wenigstens während der Heilungsphase.

Und man sollte wissen, wie diese Lebensmittel individuell einzusetzen sind. Denn die bisherige Vorstellung einer allgemeingültigen, gesunden Kost darf als gescheitert bezeichnet werden. So kann es nun gelingen, auch wenn alles andere vorher versagte. In medizinischen Worten ist es das Wiedererwachen der Selbstregulation.

Doch wie lerne ich von der Kuh, wann ich was und wieviel davon verzehren sollte, um zu genesen? Nun, da der Dialog an der Sprachbarriere scheitert, müssen wir uns unsere eigenen Gedanken machen. Das ist gar nicht so schwer, und sogar logisch zu entwickeln. Hier kommt uns die Wissenschaft zur Hilfe. Ausgerechnet die menschliche Kunst, die mit ihren Entwicklungen die Botschaft verbreitet „Fortschritt bedeutet, dass alles komplizierter wird“, liefert die Fakten zur Einfachheit. Bei den folgenden Überlegungen werden wir allerdings die bisherige Betrachtung des Verdauungsvorgangs strapazieren müssen. Doch wer Neues entdecken will, braucht die Bereitschaft, das Alte wenigstens als unvollständig und nur relativ richtig zu vermuten.

Man weiß heute, dass die Verdauung im Mund beginnt. Stärkespaltende Enzyme zerlegen bereits hier die längerkettigen, „großen“ Kohlehydrate in kleinere Einheiten. Ja, wenn man ihnen die Zeit dazu lassen würde. Reinbeißen und schlucken sind hingegen in einer schnelllebigen Gesellschaft mittlerweile weitgehend zu einem Akt verschmolzen. So findet dieser erste Verdauungsvorgang bei den Meisten schon gar nicht mehr statt. Auch die Mitteilung aus dem Mund an den Rest des nachfolgenden Verdauungstraktes, was denn nun auf ihn zukommt, bleibt somit aus. Die spezifische Enzymantwort auf das, was sich als soeben vertilgte Rohrpost auf den Weg gemacht hat, wird nicht gesendet. Runter also mit dem Brocken, der eigentlich feinster angedauter Brei sein sollte. Die Geschmacksknospen sind beleidigt, der Kontakt und damit der Genuss waren nun wirklich zu kurz.

Also muss der nächste Bissen gleich hinterher, um ein weiteres frustrierend kurzes Aufflackern eines Geschmackserlebnisses zu erhaschen. Die Folge ist, dass wir weitaus mehr essen, als wir tatsächlich brauchen. Solches Verhalten leert den Geldbeutel und füllt die Wartezimmer der Ärzte. Nach der basischen Verdauung unter Sauerstoffeinfluss im Mund, ist nun der Magen an der Reihe. Er verdaut mit Magensäure und eiweißspaltendem Enzym, ebenfalls in Anwesenheit von Sauerstoff. Mit Brocken tut er sich jedoch schwer, also werden sie zum Teil unverarbeitet weitergereicht.

Der anschließende Zwölffingerdarm leistet wiederum basisch mit Galle und Bauchspeicheldrüsensaft erneut sein Bestes für die Aufspaltung von Kohlehydraten und jetzt auch Fetten. Hier hat nun Sauerstoff nichts mehr zu suchen. Doch das Übermaß und die verbliebenen Speisebrocken machen einen Strich durch die gesunde Rechnung. Schnell sind Leber und Bauchspeicheldrüse durch Übermaß und Störung des Milieus an ihren Grenzen. Von den unnatürlich hohen Zucker- , Eiweiß und Fettkonzentrationen haben wir dabei noch gar nicht gesprochen. Hier dürften die ersten unerwünschten Verwesungsvorgänge zu beklagen sein. Diese erreichen dann im Dickdarm nebst Fäulnis ihren Höhepunkt.

Mit dem Gang zur Toilette schließt sich der Kreis der Beleidigungen für die zarten Knospen unseres Riechorgans. Der Dickdarm, der uns mit hochwertigen, sauerstoffarm fermentierten Produkten verwöhnen sollte (sogenannte kalte Oxidation, siehe Viktor Schauberger, Wasserforscher), hat buchstäblich die A…karte gezogen. Dabei kann er so viel mehr, als man ihm bisher zugestand. Nur Wasser und ein paar andere Belanglosigkeiten wieder aufzunehmen, ist bei weitem
zu eng gedacht.

Die Liste der Störfaktoren ist mittlerweile länger geworden. Der Gesundung und Gesundheit stehen entgegen:
1. die fehlende Vorstellung von Einfachheit,
2. zu wenig naturbelassene Lebensmittel,
3. zu wenig Kauen, dadurch zu große Essensmengen und
4. zuviel Sauerstoff im Darm, sowie
5. gemessen an der Nahrungsmenge zu wenig Verdauungsenzyme.

Aus dieser unerfreulich folgerichtigen Kette resultiert der weitgehende Tod der gesunden Darmflora. Damit wiederum leidet
6. das Immunsystem und
7. bleibt die Umwandlung von Nahrungsbestandteilen durch Bakterien in körperverwertbare Substanzen weitgehend aus. In Kurzform: Der Mensch verhungert und vergiftet sich mit vollem Darm. Die immense mechanische Dehnung des Verdauungstraktes durch Menge und Gase führt
8. erschwerend zu einem unvollständigen Schließen der jeweiligen Pförtner. Mageninhalt fließt in die Speiseröhre zurück. Mageninhalt fließt zu früh in den Zwölffingerdarm. Galledurchsetzter Zwölffingerdarminhalt fließt in den Magen zurück und schädigt die Schleimhaut usw., eine lange Kette der Irritationen. Man vergegenwärtige sich, dass der leere und gesunde Magen in etwa die Größe der eigenen Faust hat. Seine enorme Dehnbarkeit sollte man nicht unbedingt als Freibrief verstehen, daraus einen Heißluftballon zu machen.

Damit beenden wir diese bedrückende Reise durch unsere überdehnten und überforderten Gedärme. Wir zahlen einen hohen Preis für die bis heute ausbleibende Würdigung derselben. Wie schon gesagt, sie sind weit mehr als eine Röhre, in der die Chemie regiert. Unser Verdauungssystem ist eine überaus lebendige Innenwelt, in der Milliarden von Mikroorganismen das herstellen, was wir als Nährstoffe brauchen.

Vieles weist darauf hin, dass Vitamine, Enzyme, sekundäre Pflanzenstoffe nur teilweise für uns bestimmt sind. Sie scheinen vor allem Nährstoffe für unsere Darmbakterien zu sein, die uns wiederum mit ihrer Aktivität ernähren.

Vieles weist auf einen tragischen Irrtum hin. Man glaubt, die lebensnotwendigen Stoffe für den Menschen wären vor allem Vitamine, Enzyme, Kohlehydrate und dergleichen in der Nahrung. Das mag zum Teil stimmen, doch nicht weniges weist darauf hin, dass wir vor allem unsere Darmbakterien gut ernähren sollten. Und die brauchen von allem viel weniger, als man heute ahnt. Dann nähren sie die Aktivitäten unseres Körpers bestens. So können wir es auch in der Natur beobachten. An sich ist nichts naheliegender, als dieselben Vorgänge in uns zu vermuten. Doch auf die Idee kam noch niemand. .

Gibt es nun einen Weg aus der Misere, ohne dafür die Kutte überzustreifen und fastend auf ewig ins Kloster zu entschwinden? Ja, es gibt ihn und es ist ein überaus genussvoller Weg.

Im Grunde ist unser Darm ein Gemüsegarten. Diese Kette von Misslichkeiten kann umgedreht werden. Das gelingt leicht, wenn man die Parallelen zwischen Gemüsegarten und Verdauungssystem aufdeckt. Alles ist in sinnvollen Kreisläufen organisiert. Eine unendliche Vielfalt hilfreicher Mikroorganismen und Bakterien braucht ein ideales Umfeld. Sie erzeugen den „Humus“, also die Substanzen, auf dem unsere körperliche und geistige Gesundheit prächtig gedeihen kann. Es gilt, ihnen die besten Lebensbedingungen zu schaffen. Düngen mit speziellen Substanzen ist dann nicht erforderlich.

Dabei ist eine erfolgreiche und nachhaltige Umkehr nur möglich, wenn dabei der Genuss nicht zu kurz kommt. Sonst bleibt sie ein Strohfeuer. Wer will schon ein Leben lang auf Freude am Essen verzichten? Wer will neiderfüllt an seinem Speichel ertrinken, während sich der Tischnachbar genüsslich schmatzend Haxe und Torte reinschiebt? Der Anblick des
hochroten Kopfes und der hervorquellenden Augen des Schwelgenden, was seinen hohen Blutdruck erahnen lässt, spenden dabei wenig Trost. Sollte ich lieber doch auf ein paar Lebensjahre verzichten, und die eine oder andere weitere Krankheit in Kauf nehmen, um beim Halali auf das Büffet dabei zu sein? Nur Mut, das ist nicht nötig.

Es gilt als erstes, den natürlichen Geschmackssinn wieder freizulegen. Lerne zu spüren, was Dir wann, wie und in welcher Kombination gut tut und schmeckt. Das kann sich täglich je nach Erfordernissen, wie Belastung und Jahreszeit ändern. Lerne dabei den Genuss des langsam Essens kennen, und staune wie sich von Zauberhand schon dadurch die Essensmengen
reduzieren. Ein individueller Ernährungs- und Verhaltensplan kann während der ersten Wochen sehr hilfreich sein, insbesondere wenn Gewichtsprobleme und Krankheiten im Spiel sind. Doch schon das genussvoll langsame Kauen entlastet die Schließmuskeln von Magen und Darm, reduziert Sauerstoff in den tieferen Darmabschnitten, reduziert Fäulnis und Verwesung und bietet somit gesunden Darmbakterien neue Chancen zum Leben.

Autor: Dr. med. Ulrich Mohr

www.dr-med-ulrich-mohr.de
www.stoffwechselmagie.de/simplonik
www.simplonik.com/

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Quelle dieses Artikels: http://www.mystica.tv/dr-ulrich-mohr-der-darm-funktioniert-wie-ein-gemusegarten/



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