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GTL | 14.8.2013 | Kommentare (0)
Der Christenpartei Wähler
Ich treffe meinen Gesprächspartner in Wien am Fleischmarkt.
Mit der einen Hand drängt er einen jungen Frau, die sichtlich mit dem Erbrechen kämpft, ein rosafarbenes Babypüppchen auf, mit der anderen klammert er sich an ein großes Plakat, das einen daumenlutschenden Fötus in einer transparenten Gebärmutter zeigt.
Nachdem ihm die Frau in den Toreingang entwischt ist und er trotz intensiver Suche kein weiteres zu rettendes Schäfchen ausmachen kann, kommt er mit einem kräftigen „Grüß Gott“ zu mir herüber. Meine Frage, ob er sich denn bewusst sei, dass der abgebildete Fötus bereits ein Alter hat, in dem in keinem Land der Welt eine indikationslose Abtreibung durchgeführt werden darf, beantwortet er mit einer Gegenfrage:
„Ist Ihnen bewusst, dass die Medien seit Jahrzehnten immer wieder den Holocaust der Juden hochschreiben, aber der „Stille Holocaust“ von Millionen ungeborenen Christenkindern totgeschwiegen wird?
Schon im alten Karthago wurden die überflüssigen Weisen und Witwen getötet, um Armut und Leid in der Stadt zu reduzieren. Wir sind das moderne Karthago und wir werden dasselbe Schicksal erleiden.“
Drohend setzte er ein „Ceterum censeo Carthaginem esse delendam!“ hinzu und beschwört so mühsam verdrängten Lateinstunden herauf. Jetzt befält auch mich etwas Übelkeit und ich versuche das Thema zu wechseln.
Ich frage ihn, ob es denn für Ihn ein Problem sei, dass die CPÖ (Christliche Partei Österreichs) in einigen Bundesländern nicht genügend Unterschriften sammeln konnten, um auch in diesen zur Nationalratswahl antreten zu können und ob das nicht eigenartig wäre, da in diesem Land über 2/3 der Bewohner einer christlichen Religionsgemeinschaft zugerechnet werden und somit potentielle Unterstützer einer Christenpartei sein müssten?
Er schwadroniert zuerst von den schikanösen Gesetzen, mit denen Gottlose und Sozialisten das Antreten verhindern würde. Meinen Einwurf, dass mit der ÖVP doch ohnehin eine sich ausdrücklich auf christliche Werte berufende Partei in der Regierung wäre, trägt mir eine verächtliche Handbewegung ein:
„Eine christliche Partei erlaubt keine Schwulen-Ehe!“
„Verpartnerung“, werfe ich ein, nur um mir ein donnerndes
„Sodom und Gomorrha: Aber die Leute zu Sodom waren böse und sündigten sehr wider den HERRN (Gen. 13,13)“ einzuhandeln.
Als ich bezweifle, dass die CPÖ eine reale Chance hat in den Nationalrat einzuziehen, verweist er auf die 5,2% der Stimmen, die ihre Spitzenkandidat Gehring bei der letzten Bundespräsidentenwahl erreicht hat und setzt mit dem Lieblingszitat seines Vorbilds fort, der gerne die Hl. Katharina v. Siena zitiert:
„Nicht das Beginnen wird belohnt, sondern einzig und allein das Durchhalten.“
Im übrigen würde in diesem Land einiges anders ausschauen, hätte es Gehring gegen diesen Austromarxisten Fischer geschafft.
Um die Stimmung zu heben, frage ich welche Bedeutung für ihn der Begriff der „Familie“ hat. Bereitwillig erzählt er mir, dass er mit seienr Gattin 6 Kinder hat, eigentlich wären es 8, aber zwei wären bei der Hausgeburt verstorben. Dann setzt er fort: „Die Familie ist die Keimzelle jeder Gesellschaft und somit des Staates. Sie beruht auf der „natürlichen Hinordnung von Mann und Frau zueinander“. Der Mann ist an seine Position gesetzt ...... und auch die Frau. Alles andere hat den Begriff nicht verdient."
Mich sticht der Hafer und ich wende ein, dass doch auch Gleichgeschlechtliche Zuneigung füreinander empfinden könnten. Sogleich verfinstert sich seine Miene und seine Halsgefäße treten pulsierend hervor:
" Bei dem Gedanken an ineinander verschlungen Männerkörper, die sich schwitzend und zuckend auf dem Boden wälzen wird mir kotzübel! Das ist wider die Natur, das ist wieder das gesetzt Gottes! Der Verkehr wurde dem Menschen von Gott gegeben um Nachwuchs zu zeugen. Eine „Kinder-Mindesquote zum Staats- und Volkserhalt liegt bei 2,1. Diese muss von uns erreicht werden, sonst überschwemmen uns Andersartige und unterminieren Volk und Glauben. Die, die uns zu anderem als den heilige Bund zwischen Mann und Frau verführen wollen, tun dies in der teuflischen Absicht das christliche Abendland zu schwächen. Öffnen Sie die Augen, durch diese Welt jagt eine Welle der Christenverfolgung nach der anderen“.
Mit zunehmender Verzweiflung werfe ich ein, dass niemand das Bungee-Seil von Dompfarrer Faber durchschnitten hat und ich weit und breit keinen christenverfolgenden Nero sehe. Er bekreuzigt sich: „Das liegt nur an unseren von sozialistisch-zionistischem Gedankengut unterwanderten Medien. Zwischen 80% und 90% aller religiös Verfolgten sind Christen. Im Durchschnitt wird heute alle drei Minuten ein Christ wegen seinem Glauben umgebracht.“
Bei meiner späteren Recherche verlor ich übrigens auch noch meinen Glauben an Wikipedia: http://www.kathpedia.com/index.php?title=Christenverfolgung)
"In unserer Neuheidnische Spass und Wegwerfgesellschaft muss man sich ja als gläubiger Mensch schon rechtfertigen, wenn man für christliche Werte eintritt. In unserem Alltag ist alles Heilige verpöhnt und das Unheilige wird umjubelt, deshalb müssen Christgläubige zusammenhalten und das Kreuzerl an der richtigen Stelle machen. Nicht nur damit wir unseren korrupten Politikern, die längst vom wahren Glauben an Gott dem Herrn abgefallen sind, einen Dämpfer verabreichen, sondern auch um all den Abweichlern und Modernisierern in unserer heiligen, katholischen und apostolischen Kirche ein mächtiges Signal zu geben."
Am Horizont taucht eine junge Frau auf, die in Richtung des besagten Hauseinganges zu gehen scheint. Er lässt mich stehen und versucht ihr den Weg abzuschneiden.
Sein herausforderndes "Grüss Gott" ruft er mir schon von der gegenüberliegenden Straßenseite zu, so dass er mein Gemurmel kaum mehr verstanden haben wird:
"Grüssen Sie Ihren Gott auch für mich, ich habe meinen noch nicht gefunden."