Der Caucus in Iowa – Analyse

Der Iowa caucus ist vorbei. Unter Journalisten ist es praktisch schon ein Klischee geworden zu sagen, dass in Iowa alles möglich und das Ergebnis kaum vorherzusagen ist. Während man bei der eigentlichen Präsidentschaftswahl von einem margin of error von 3% ausgeht, ist dieser bei den Vorwahlen bei rund 8% - und in Iowa sogar noch größer¹. Das Ergebnis ist, natürlich, trotzdem eine Überraschung. Stand Dienstag morgen sieht es folgendermaßen aus:
Democrats   Republicans:
Clinton: 49,86%   Cruz: 27,65%
Sanders: 49,54%     Trump: 24,31%
O'Malley: 0,57%   Rubio: 23,09%
Alle anderen Ergebnisse sind für Iowa recht bedeutungslos. O'Malley hat die Konsequenzen gezogen und sich aus dem Wahlkampf zurückgezogen, der damit offiziell ein Duell zwischen Clinton und Sanders ist. Auf Seiten der Republicans dagegen gab es zwei große Überraschungen: Cruz gewann deutlich vor Trump, und Rubio wurde deutlich stärker Dritter als erwartet. Vor allem letzteres ist von enormer Bedeutung.
Wie bereits im Blog erklärt ist Iowa kaum repräsentativ für die USA. Cruz' Sieg kann daher leicht in dieselbe Kategorie fallen wie Huckabee 2008 oder Santorum 2012: ein rechtsevangelikaler, dem es gelingt, die weiß und evangelikal geprägte Basis der Republicans in Iowa für sich zu gewinnen, aber danach deutlich abfällt. Zumindest in New Hampshire und South Carolina sieht es für Cruz nicht gut aus, was die Republicans, für die sein Sieg ein Horrorszenario wäre, erfreuen dürfte. Die weniger gute Nachricht für das Establishment ist, dass sowohl in New Hampshire als auch in South Carolina Trump deutlich vorne liegt, der diese Nacht trotz deutlicher Führung in den Umfragen gegenüber Cruz verloren hat. Insgesamt aber ist das Ergenis Grund zur Freude: Trump und Cruz liegen beide in etwa gleich auf und dürften sich noch eine Weile um die radikalen Elemente der Basis streiten, während Rubio mit seinem unerwartet starken Abschneiden eine gute Chance hat, in New Hampshire ebenfalls Platz drei zu belegen. Das würde bedeuten, dass er die anderen Establishment-Kandidaten - Christie, Kasich, Bush - aus dem Rennen kegeln könnte, so dass sich die Unterstützung dieser Gruppe komplett auf Rubio konzentriert. Dieser müsste dann nur durchhalten, bis die repräsentativen Staaten mit den Vorwahlen an die Reihe kommen und als stärkster der drei derzeit führenden Kandidaten ins Ziel ziehen.
Soweit zumindest die Theorie. Aktuell ist noch sehr schwer abzusehen, ob sich für die Republicans aus Iowa ein Momentum entwickeln wird und wie. Trumps ganze Anziehungskraft besteht aus seiner Dominanz, aus dem Ruch des Sieges, den er nun in Iowa trotz vorteilhafter Umfragen nicht halten konnte. Cruz' Organisation erwies sich als überlegen. Insofern besteht eine Ähnlichkeit zu 2008, wo Obama gegenüber Clinton ebenfalls mit einer guten Organisation in Iowa punkten konnte. Nur hilft das wenig in New Hampshire und South Carolina, und in beiden Staaten führte Trump vor Iowa noch mit fast 40%. Selbst wenn er im Gefolge Iowas an Dampf verliert - er kann es sich (noch) leisten und ist noch bei weitem nicht aus dem Rennen. Falls Christie, Kasich und Bush nicht unerwartet stark abschneiden und den Wahlkampf wieder auf vier oder fünf Kandidaten ausweiten, dürfte das Trio Cruz-Trump-Rubio die Schlagzeilen bis Juni bestimmen - mit einer großen Wahrscheinlichkeit, dass der Endkampf Trump vs. Rubio lautet.
Bei den Democrats ist die Lage bei weitem nicht so eindeutig. Clinton und Sanders liegen praktisch gleichauf, so dicht sogar, dass in diversen Bezirken das Ergebnis per Münzwurf entschieden wurde. Paradoxerweise ist das für beide Kandidaten eine gute Nachricht. Clinton kann sich darauf berufen, um Haaresbreite gewonnen zu haben (ein sehr ähnliches Ergebnis war 2012 extrem hilfreich für Mitt Romney), während Sanders sich darauf berufen kann, die Erwartungen erfüllt und damit seine Kandidatur gefestigt zu haben. Da er, wenn nicht ein Wunder geschieht, New Hampshire nächste Woche deutlich gewinnen und South Carolina deutlich verlieren wird, steht zu erwarten, dass das Duell zwischen Clinton und Sanders uns noch eine ganze Weile erhalten bleibt.
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 ¹Nate Silver erklärt auf 538, warum.

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