“Wanderst Du, brauche nicht nur deine Füße, sondern auch Augen, Kopf und Herz.”
Deutsches Sprichwort
Mein erster Camino war eine Erfahrung sondergleichen und das in jeglicher Hinsicht. Physisch bin ich sicherlich nicht an absolute Grenzen gestoßen wie manch anderer Individual-Tourist, Weltenbummler oder Trekking-Fan, doch war diese Reise auf jeden Fall eine körperliche Erfahrung, wie ich sie so noch nicht kannte. Insgesamt etwas über 650km in 28 Lauftagen waren schon eine Ansage, die mir viele aus dem Freundeskreis und der Familie nicht zugetraut haben. Nicht, weil sie mir den Erfolg nicht gegönnt hätten, sondern einfach aus dem Grund, da ich zuvor noch nicht ansatzweise solche Strecken gelaufen bin. Ohne Frage gab es Momente und ganze Tage, die eine wahre Qual waren – da gibt es nichts zu beschönigen und zu romantisieren: Täglich 25km im Schnitt zu laufen, sind die wenigsten von uns gewöhnt. Erst recht nicht bei Wind und Wetter – und der galicische Regen ist einfach nicht von schlechten Eltern!
Die ultimative Erfahrung dieses Caminos waren aber eigentlich die Menschen, die ich dort kennenlernen durfte. Pilger, Wanderer, Sportler und Reisende, die allesamt den gleichen Weg wie ich gegangen sind und noch gehen, die durch extreme Erfahrungen oder reine Neugierde entschieden haben, den Jakobsweg für sich zu entdecken. Namen sind nicht selten Schall und Rauch auf dem Camino, darüber hatte ich ja schon einmal berichtet. Oft kommt man ins Gespräch und verbringt manchmal sogar mehrere Stunden mit einer Person auf dem Weg, unterhält sich blendend, tauscht sich und und lernt sich kennen und merkt recht spät, dass man gar nicht den Namen des Gegenübers kennt. Das Miteinander auf dem Jakobsweg ist für den Menschen der heutigen, unpersönlichen und schnelllebigen Zeit etwas ganz Besonderes – Freundlichkeit und Gemeinsamkeit wird in den meisten Fällen groß geschrieben und das ganz ohne ein vorheriges Abschätzen, Einordnen und Abscannen.
Blog-Party
Nun hat Christoph vom jakobsweg-kuestenweg.com zu einer Blog-Party aufgerufen. Das Thema: Reisende, die prägen.
Ein wunderbarer Grund also, um die wunderbaren Menschen in einem eigenen Beitrag dieses Blogs zu verewigen, die meinen ersten Camino zu etwas Außergerwöhnlichem gemacht haben.
Der (vorerst) letzte gemeinsame Abend in Burgos.
- Catherine, Norman und Pat aus Canada
- Alessio aus Italien
- Kathryn aus Südafrika / England / Malta
- André, Laurent und René aus Frankreich
- Daniela und Katrin aus Deutschland
- Emilia, José Manuel, Luis Diego, Alberto und Manuel aus Spanien
- und so viele, viele mehr!
Die genannten habe ich während des ersten Teils meines Jakobswegs 2010 kennengelernt und wir haben uns gegenseitig über viele Kilometer begleitet. In den Herbergen hat man sich am Nachmittag oder Abend immer wieder getroffen, in den Bars und Cafés auf dem Weg trudelten auch immer wieder die selben Gesichter ein. Alleine fühlen konnte man sich überhaupt nicht, da bekannte und gemochte Personen immer wieder dann auftauchten, wenn man sie brauchte. Und auch zwischendurch.
Die Fab5
Leider habe ich den festen Stamm ja in Burgos zurücklassen müssen, da ich mich für eine Busfahrt durch die Meseta entschieden hatte, um es innerhalb des Urlaubs bis Santiago zu schaffen. Diese Entscheidung war hart, hatte ich doch tolle Begleiter, wenn nicht sogar Freunde gefunden, mit denen jeder Tag großartig war und jeder Anstieg ein bißchen weniger mühsam und quälend. Ich habe sie dann aber so vermisst, dass ich eine zweite Entscheidung getroffen habe: Nach der Ankunft in Santiago nicht bis ans Kap Finisterre weiter zu laufen, sondern mit Bus und Taxi zurück nach Triacastela zu fahren, um wieder auf Alessio, André und Laurent zu stoßen.
Um meinen Weg auf dem Weg zu beenden.
Mit Herzensmenschen.
Und um mich mit dem Blick auf gelbe Muscheln und Richtungsweiser (vorerst) vom Weg zu verabschieden.
Zu den drei genannten hatte sich während meiner Abwesenheit die zauberhafte Kathryn gesellt, sodass wir weitere vier Tage gemeinsam als die legendären Fab5 weitergezogen sind. Ich denke, wir alle haben diese Zeit sehr genossen, konnten trotz vier unterschiedlicher Muttersprachen wunderbare Gespräche führen und ich muss sagen, dass mich alle vier tief berührt haben und zu wichtigen Menschen in meinem Leben geworden sind. Am Ende waren es hauptsächlich die Fab5, die meinen Camino 2010 so extrem bereichert haben, dass ich heute noch mit strahlendem Herzen und tränenden Äuglein daran zurück denke. Nicht ohne Grund haben wir uns nur wenige Monate nach unserem Camino am Mittelpunkt unserer Wohnorte wieder getroffen und ein großartiges Wochenende in Paris verbracht.
Die Fab5 am 100km-Stein.
Dank Facebook und anderer Kanäle stehen wir noch heute in regem Kontakt und sind eng miteinander verbunden. Ich bin mehr als nur dankbar, diese wunderbaren Menschnen kennengelernt zu haben und hoffe, dass wir uns gegenseitig noch lange, lange Zeit begleiten werden. Die Fab5 sind wahrlich Reisende, die mich geprägt haben!
Der Camino und seine Begegnungen is a post from: Jakobswege, Rezepte und tolle Orte