“Der Butler” von Lee Daniels

John F. Kennedy (James Marsden) begrüßt die Belegschaft des Weißen Hauses.

John F. Kennedy (James Marsden) begrüßt die Belegschaft des Weißen Hauses.

Manche oder inzwischen gar eher ein Großteil der Filme Hollywoods werden nicht etwa von kreativen Drehbuchautoren ersponnen, sondern geschehen im wahren Leben. Immer wieder nimmt die Traumfabrik Bezug auf Schicksale wirklicher Menschen, die sich in Situationen befunden haben, die schier jeder Vorstellungskraft geschehen (man nehme den im November startenden Captain Phillips mit Tom Hanks, über die 2009er Geiselnahme durch Piraten im indischen Ozean). Oder aber diese Menschen haben ein Leben geführt, das als Einzigartig bezeichnet werden kann. Zu dieser Sorte Mensch gehört der Amerikaner Eugene Allen. Er diente 34 Jahre lang als afroamerikanischer Butler im Weißen Haus und erlebte sieben US-Präsidenten – von Dwight D. Eisenhower (1953-1961) bis Ronald Reagan (1981-1989). Erst 2008 wurde der US-Journalist Will Haygood auf diesen Mann Aufmerksam, als er während der Berichterstattung über den ersten afroamerikanischen Präsidenten der Vereinigten Staaten, Barack Obama, für die Washington Post auf Allen stieß, der die Geschichte der Bürgerrechtsbewegung der Afroamerikaner direkt hinter den Gemäuern des mächtigsten Hauses der USA miterlebt hatte. Aus Interviews mit sowohl Allen als auch dessen Ehefrau Helene verfasste Haygood das Portrait A Butler Served Well by this Election.

Auf diesem Artikel und dem Leben Eugene Allens soll nun Der Butler basieren, unter Filmemacher Lee Daniels (Precious – Das Leben ist kostbar) entstanden, von Danny Strong zum filmischen Stoff umverarbeitet. Strong, mit einem Primetime Emmy Award für sein Drehbuch zu dem 2012er Polit-Fernsehfilm Game Change – Der Sarah-Palin-Effekt ausgezeichnet und derzeit damit beschäftigt die Drehbücher zu den beiden finalen Die Tribute von Panem-Filmen als auch dem Robert Langdon Abenteuer The Lost Symbol von Dan Brown zu schreiben, hat aus Der Butler zwar einen kurzweiligen 130-Minüter gezaubert, dessen Bestreben auf einer wahren Geschichte zu basieren allerdings eher als eine durch ein Schicksal inspirierte Erzählung gesehen werden sollte.

Cecil Gaines (Forest Whitaker, links), James Holloway (Lenny Kravitz, mitte) und Carter Wilson (Cuba Gooding Jr., rechts) in der Küche des Weißen Hauses.

Cecil Gaines (Forest Whitaker, links), James Holloway (Lenny Kravitz, mitte) und Carter Wilson (Cuba Gooding Jr., rechts) in der Küche des Weißen Hauses.

Eugene Allen wird hier zu Cecil Gaines, einmal mehr beeindruckend durch Forest Whitaker dargestellt, der seinen 2007er Oscar-Gewinn für Der letzte König von Schottland noch einmal unterstreicht. Der Butler startet Cecils Lebensreise auf einer Baumwollplantage, auf der er als kleiner Junge mit ansehen muss, wie seine Mutter (Mariah Carey) vergewaltigt und sein Vater (David Oyelowo) erschossen wird. Die Nachricht wird unmissverständlich an den kleinen Cecil heran getragen: Diese Welt gehört den Weißen, die Afroamerikaner leben nur in ihr, müssen sich den gewaltsamen Regeln der herrschenden Rassen beugen. Dort ist es aber auch, wo eine ältere Dame (Vanessa Redgrave) ihm die grundlegenden Voraussetzungen beibringt ein guter Hausbutler zu sein, Fähigkeiten die er alsbald mit in die Welt hinausnimmt und verfeinert, bis sogar das Weiße Haus auf ihn Aufmerksam wird. Hier darf er viele Jahre dienen – unter Eisenhower (Robin Williams), John F. Kennedy (James Marsden), Lyndon B. Johnson (Liev Schreiber), Richard Nixon (John Cusack) und Reagan (Alan Rickman), bis er schon im hohen Alter und seine Rente genießend miterleben darf, wie ein afroamerikanischer Mann namens Barack Obama eine Weiße Welt gänzlich umkrempelt.

Und darum geht es leider auch mehr als dass uns Lee Daniels Einblicke in das Weiße Haus verschafft, die so noch nie zu sehen gewesen wären. Der Butler ist kein schlechter Film, schafft es nur nicht sich von bereits bestehenden Exemplaren der Filmkunst zu distanzieren. Natürlich kommt einem Malcolm X in den Sinn, auch Die Jury, zuletzt vielleicht The Help mit größerer Aufmerksamkeit. Hier reiht sich Der Butler nun ein, mit seinen wenigen Momenten, in denen er uns in die Küche des Weißen Hauses entführt, wo Whitaker mit seinen Freunden Lenny Kravitz und Cuba Gooding Jr. witzeln darf. Hier kommentiert man das politische Treiben des Weißen Mannes, hier verweilt der Film aber auch viel zu selten, springt fix wieder aus diesen Gemäuern hinaus um sich um persönlichere Dinge zu kümmern.

Oprah Winfrey als Cecils Ehefrau Gloria Gaines.

Oprah Winfrey als Cecils Ehefrau Gloria Gaines.

Hier traut sich Daniels‘ nicht, den Stil Hollywoods zu brechen. Allein die Geschichte um das Butler-Dasein und den Aufstieg Barack Obamas zum US-Präsidenten hätte genügt um ein schmalzig anrührendes Ende zu produzieren, aber hier muss noch ein Tropfen Traumfabrik oben drauf gepackt werden. Im Zentrum der Geschichte wird von Cecil Gaines dem Vater erzählt, der sich im Streit mit seinem rebellischen Sohn Earl (David Banner) befindet. Während der Vater stolz auf seinen Erfolg als Butler ist, nimmt der Sohn an jeder Bürgerrechtsveranstaltung teil, die die Historie zu bieten hat um die drastische Ungerechtigkeit der Sache mit überschwänglicher Präzision darzulegen. Earl Gaines landet mehr als ein Dutzend Mal im Gefängnis, weil er auf Protestaktionen aufgegriffen wird. Er kämpft an der Seite Martin Luther Kings (Nelsan Ellis) für die Gleichberechtigung, entzweit so aber immer mehr das Band zwischen Vater und Sohn, natürlich nur so lange, bis die emotionale Zusammenführung geschieht. Und eben das schmerzt so sehr in Der Butler, denn all diesen Schmalz hätte die ohnehin einzigartig-interessante Lebensgeschichte nicht nötig gehabt.

Die Zeit vergeht dennoch wie im Fluge, was nicht von jedem über zwei Stunden langen Film gesagt werden kann. Das liegt größtenteils an Forest Whitaker, der in jeder Szene seine ganze Schauspielkraft entfesselt, aber auch an den vielen bekannten Gesichtern, die in die Rollen der US-Präsidenten schlüpfen, so dass man immer damit beschäftigt sein wird, das nächste Hollywoodgesicht zu identifizieren. So sehr man der Bürgerrechtsbewegung und der Gleichberechtigung der Afroamerikaner noch heute Aufmerksamkeit schenken sollte, so sehr bekommt Der Butler noch viel zu viel davon ab, zu viel Hollywood, zu viel gekünstelte Emotionalisierung, zu viel Gesichter, die wir mit einem „Das ist doch…?!“ kommentieren möchten, als dass wir uns auf das Herz der Geschichte konzentrieren könnten. Diesen einen Mann, diesen afroamerikanischen Butler, der sich von einer Baumwollplantage bis in das Weiße Haus gearbeitet hat und damit doch eigentlich den amerikanischen Traum für sich verwirklichen konnte.

 


Der Butler_Filmposter

“Der Butler“

Originaltitel: The Butler
Altersfreigabe: ab 12 Jahren
Produktionsland, Jahr: USA, 2013
Länge: ca. 132 Minuten
Regie: Lee Daniels
Darsteller: Forest Whitaker, Oprah Winfrey, David Banner, Mariah Carey, Alex Pettyfer, Vanessa Redgrave, David Oyelowo, Terrence Howard, Cuba Gooding Jr., Lenny Kravitz, Robin Williams, John Cusack, James Marsden, Minka Kelly, Liev Schreiber, Nelsan Ellis, Alan Rickman, Jane Fonda

Kinostart: 10. Oktober 2013
Im Netz: derbutler-derfilm.de



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