Der Buchhandel und seine 5 beliebtesten Irrtümer

Wie versprochen möchte ich euch ein bisschen über mein Berufsbild erzählen. Seit 2012 bin ich mitten im meiner Ausbildung zur Buchhändlerin. Viele von euch haben eine romantische, verklärte Vorstellung vom Buchhändler. Einem Bücherwurm gleich, streift er durch die verstaubten Regale und verschlingt munter die Weltliteratur. Wenn dann mal ein Kunde vorbeischneit, gibt man ihm den persönlichen Lesetipp des Lebens mit auf den Weg und danach kann man sich wieder den Schwarten widmen.. Solch eine Buchhandlung finden wir überall. Ob bei Carloz Ruiz Zafon, Michael Ende oder Gerhard Ruebenstrunk, bei Walter Moers und auch Cornelia Funke. 
Der Buchhandel und seine 5 beliebtesten Irrtümer
Heute möchte ich gerne mit den 10 häufigsten Irrtümern aufräumen, mit denen wir Buchhändler häufig zu kämpfen haben. Die folgenden Punkte entsprechen keiner bedeutungsvollen Reihenfolge, sondern sind willkürlich von meiner Tastatur getropft. Außerdem möchte ich anmerken, dass ein Hauch Ironie nicht unbeteiligt war.

01.  "Kennen Sie dieses Buch?.. Nein?" - "Und dieses?"
- "Haben Sie etwa nicht alle Bücher hier gelesen?!"
Ich vernehme die Worte und blicke mich hilfesuchend auf den etwa 2000 qm um. "Vielleicht habe ich das eine oder andere Buch nicht gelesen .. können Sie sich das vorstellen?", hätte ich am liebsten gesagt. Habe ich aber nicht. Ich lächele nur und verkneife es mir. Aber mal ehrlich?!
Grundsätzlich müssen wir Buchhändler alles gelesen haben, die aktuellsten und auch alten Buchbesprechungen aus sämtlichen gängigen Zeitungen, Talkshows und Radiosendungen kennen und natürlich über jedes spezielle Fachgebiet bescheid wissen .. und dennoch werden wir häufig wie kleine, unwissende Einzelhändler angeschaut, als hätten wir bei Rewe gelernt und bestimmt kein Abitur.

02. "Wissen Sie, ob das Buch dann bei Thalia vorrätig ist?"
Die Frage kam. Meine Kollegin antwortete gelassen, dass sie es nicht wisse, weil sie dort ja nicht arbeite. Auf der einen Seitekam die Kundin echt süß rüber, mit so einer natürlichen Kindlichkeit ... aber Infantilität kann auch ganz schnell hässlich aussehen. Insbesondere dann, wenn selbige in Fettnäpfchen langen. Wie häufig merken sich die Damen und Herren nicht, ob sie bei einem großen Konkurrenten einkaufen waren oder bei uns?! Nicht so dramatisch .. aber dann bitte ich um Verständnis, wenn wir fremde Bücher mit fremden Etiketten nicht umtauschen. Oder Bücher, die sogar laut eigener Aussage bei ama*on gekauft wurden, nicht annehmen und dafür Bargeld rausgeben.
03. "Ich bin Studentin an der örtlichen TU. Wie hoch ist denn hier der Studentenrabatt?"
Dies ist nur ein Beispiel für unzählige Situationen, in denen wir Kunden darüber aufklären, dass eine sogenannte Buchpreisbindung besteht und wir nicht wie alle anderen Geschäfte mit den Preisen jonglieren können. Ich kann sehr gut nachhvollziehen, wenn man sich mit Themen wie Preisbindung oder verminderter Mehrwertsteuer nicht befasst hat. Wozu auch? Interessiert ja nur mich als Buchhändler. Aber vorauszusetzen, dass wir für jede Randgruppe einen Rabatt parat hätten, ist mir zu viel Dreistigkeit. Ähnlich schön ist "Wo ist denn ihre behindertengerechte Kundentoilette? ... Sie haben keine? Sie haben keine??". Mh nein. Ist doch schon mal schön, dass ein behindertengerechter Fahrstuhl die Kunden barrierefrei in die zweite Etage befördert, oder nicht? Wohl nicht.

04. "Als Buchhändler zu arbeiten muss ein Traum sein. So viele Bücher um Sie rum und dann können Sie auch noch den ganzen Tag lesen ♥ "
Ja, also wenn es so wäre, dann wäre ich vermutlich ein glücklicherer Mensch - so wie nebenbei Tausende anderer Buchhändler ebenfalls :) Natürlich ist eine Buchhandlung einer der atmosphärischsten Arbeitsplätze der Welt. Allerdings hat man nicht die Zeit, sich die ganzen Bücher anzugucken, so wie die lieben Kunden. Millionen von Büchern saugen übrigens auch gerne die Feuchtigkeit aus der Luft, was eine enorm kratzige Trockenheit erzeugt. So an sich ist die Luft in einem Raum mit viel Papier einfach nicht doll. Und fast hätte ich es vergessen: Fürs Lesen werde ich nicht bezahlt. Sein lassen kann ich es trotzdem nicht. Zum einen aus der Liebe zum Buch und zum anderen, weil ich so einiges wissen muss, um die Kunden - also vielleicht auch euch - fachgerecht beraten zu können.


05. "Woher wissen Sie nur, was ich gemeint habe?"Solche positiv überraschten Ausrufe gibt es auch häufiger. Da kommt ein Menschlein an und weiß noch, dass das Schulbuch blau war. Ende der Informationenmitteilung. Ein gewiefter Buchhändler gibt aber nicht so schnell auf und findet im Idealfall das gewünschte Buch natürlich ordentlich an seinem Platz im Regal. Witzig wird es, wenn die Kunden verdrehte Buchtitel mitbringen oder lediglich einzelne Satzfetzen oder sogar eigene Neologismen bilden. So wird aus "Der Besuch der alten Dame" von Friedrich Dürrenmatt schnell mal "Oma ist mein Gast". Oder unsere heißgeliebte Trilogie von Susanne Collins nennt sich dann "Die Schnute von einem", weil die Mutti sich am Telefon verhört hat - da hilft auch keine technische Suchhilfe mehr. Da ist Buchhändlerwissen gefragt.
Jimmy


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