Der Blogger und der Kardinal

Von Nicsbloghaus @_nbh

Hinweis auf kirch­li­che Missbrauchsfälle darf auch def­tig sein

Der Kardinal von Köln pflegt bekannt­lich zur Sexualität ein eher theo­re­ti­sches Verhältnis, dies jedoch mit gro­ßer Leidenschaft. Ungefragt kom­men­tiert der emi­nente Herr Meisner seine bizar­ren Beobachtungen fleisch­li­chen Treibens jen­seits sei­ner Kölner Bahnhofskapelle. Besonderes Interesse ent­fal­tet seine Eminenz an unge­bo­re­nem Leben sowie vor allem an in sei­ner Stadt beson­ders häu­fi­gen gleich­ge­schlecht­li­chen Partnerschaften, die er mit def­ti­gen Worten zu gei­ßeln pflegt. Das Interesse des Klerikers an die­sen Themen ist ver­ständ­lich, gehört er doch einem Staat an, der als Bürger nur unver­hei­ra­tete Männer akzep­tiert, zum Selbsterhalt man­gels eige­ner Sexualpraxis also auf Immigranten ange­wie­sen ist. Zu den Glanzleistungen des Theologen zähl­ten ein Nazi-Vergleich bzgl. des Biologen Richard Dawkins sowie der Entzug der Lehrerlaubnis bei einem Kollegen, der seine Homosexualität öffent­lich machte.

Wenn es um das Austeilen geht, ist seine Eminenz nicht schüch­tern. Umgekehrt hält der Kirchenfürst jedoch wenig davon, bei Schelte auch die andere Wange hin­zu­hal­ten. So war sein Bistum 2005 gegen diverse Politiker und Kabarettisten vor­ge­gan­gen, die den Kleriker als „Hassprediger“ schmäh­ten. Aufgrund Wegfalls von Spanischer Inquisition und wirk­sa­mer Zensurinfrastruktur etc. muss­ten die Gottesmänner damals vor ein welt­li­ches Zivilgericht zu zie­hen. (Wenn umge­kehrt Bischöfe auf der Kanzel Unsinn reden, ist das übri­gens Verwaltungstätigkeit.)

Im Jahre des Herrn 2011, im Juni, fiel sei­ner Eminenz beim Googlen nach neuen Offenbarungen dann fast der Hirtenstab aus der Hand: Ein apo­ka­lyp­ti­scher Schockwellenreiter hatte sich von Meisners Bezeichnung von Abtreibung als „Super-GAU“ pro­vo­zie­ren las­sen und bei sei­ner Kritik am Kardinalfehler dar­auf ange­spielt, dass aus­ge­rech­net die Geistlichen für ihre Stoßgebete bis­wei­len ihre min­der­jäh­ri­gen Weltlichen ins Schoßgebet näh­men. Die kon­krete Wortwahl des empör­ten Schockwellenreiters geriet eine Spur direk­ter. Unter sei­ner Mitra stan­den sei­ner gekränk­ten Eminenz die ver­blie­ben Haare zu Berge. Da eine Beichte des Schockwellenreiters ob des Frevels nicht zu erwar­ten war und die Ungeheuerlichkeit kei­nen Aufschub bis zum jüngs­ten Gericht dul­dete, bemühte der Erzbischof die welt­li­che Justiz.

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