Der BGH ruft den EuGH zur Frage der Zulässigkeit des Vertriebs „gebrauchter“ Softwarelizenzen an

Der BGH ruft den EuGH zur Frage der Zulässigkeit des Vertriebs „gebrauchter“ Softwarelizenzen an

© Grabscheit/ www.pixelio.de

Manche überlegen sich, dem Mainstream zu entfliehen – oder dem neuen Mainstream zu folgen, je nach Blickwinkel -, und steigen aus der Windows-Welt aus; wir haben es getan, aber der Segen des neuen Betriebssystems hat natürlich auch einen Fluch: die eingeschränkte Programmzahl.

Unser grösstes Hindernis war die Branchensoftware, denn die von uns genutzte läuft nun einmal nur auf der Basis von Windows. Was bleibt, ist Zweigleisigkeit: in der Regel arbeiten wir mit Mac OSX, für einige Anwendungen nutzen wir eine Virtualisierungssoftware und sodann Windows – und damit stellt sich sofort die Frage der zusätzlichen Windows-Lizenzen und deren möglichst kostengünstigen Beschaffung.

Wir hatten natürlich die alten Lizenzen unserer bisherigen Rechner, aber was ist bei einem Umstieg auf neue Programme – die man selten einsetzt; schnell denkt man an den Ankauf von gebrauchten Lizenzen, und genau mit dieser Frage beschäftigte sich der für das Urheberrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs jetzt.

Allerdings kam er zu dem Ergebnis, dass die Frage der urheberrechtlichen Zulässigkeit des Vertriebs „gebrauchter“ Softwarelizenzen dem Gerichtshof der Europäischen Union zur Vorabentscheidung vorzulegen sei (Beschluss vom 3. Februar 2011 – I ZR 129/08 – UsedSoft).

Der Sachverhalt:

Der klagende Computersoftwareentwickler vertreibt seine Programme in der Weise, dass seine Kunden keinen Datenträger erhalten, sondern die Software von der Internetseite des Herstellers auf ihren Computer herunterladen. In seinen Lizenzverträgen ist bestimmt, dass das Nutzungsrecht, das die Kunden an den Computerprogrammen erwarben, nicht abtretbar sei.

Die Beklagte im Ausgangsprozesse handelt mit „gebrauchten“ Softwarelizenzen. Im Oktober 2005 bot sie „bereits benutzte“ Lizenzen für Programme der Computerentwicklers an. Dabei verwies sie auf ein Notartestat, in dem auf eine Bestätigung des ursprünglichen Lizenznehmers verwiesen wird, wonach er rechtmäßiger Inhaber der Lizenzen gewesen sei, diese nicht mehr benutze und den Kaufpreis vollständig bezahlt habe. Seine Kunden luden nun nach dem Erwerb einer „gebrauchten“ Lizenz die entsprechende Software von der Internetseite des Herstellers auf einen Datenträger herunter.

Dieser war nun der Auffassung, hierdurch werde sein Urherberrecht verletzt, indem die Erwerber „gebrauchter“ Lizenzen dazu veranlasst würden, die entsprechenden Computerprogramme zu vervielfältigen.

Der Bundesgerichtshof setzte das laufende Verfahren aus und legte dem Gerichtshof der Europäischen Union einige Fragen zur Auslegung der Richtlinie 2009/24/EG über den Rechtsschutz von Computerprogrammen zur Vorabentscheidung vorgelegt, so, wie es in der Pressemitteilung dargestellt wird:

„Die Kunden der Beklagten greifen durch das Herunterladen der Computerprogramme – so der BGH – in das nach § 69c Nr. 1 UrhG ausschließlich dem Rechtsinhaber zustehende Recht zur Vervielfältigung der Computerprogramme ein. Da die Beklagte ihre Kunden durch das Angebot „gebrauchter“ Lizenzen zu diesem Eingriff veranlasst, kann sie auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, falls ihre Kunden nicht zur Vervielfältigung der Programme berechtigt sind. Die Kunden der Beklagten können sich nach Auffassung des BGH allerdings möglicherweise auf die Regelung des § 69d Abs. 1 UrhG berufen, die Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2009/24/EG ins deutsche Recht umsetzt und daher richtlinienkonform auszulegen ist. Nach Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2009/24/EG bedarf die Vervielfältigung eines Computerprogramms – solange nichts anderes vereinbart ist – nicht der Zustimmung des Rechtsinhabers, wenn sie für eine bestimmungsgemäße Benutzung des Computerprogramms durch den rechtmäßigen Erwerber notwendig ist. Es stellt sich daher die Frage, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen derjenige, der eine „gebrauchte“ Softwarelizenz erworben hat, als „rechtmäßiger Erwerber“ des entsprechenden Computerprogramms anzusehen ist. In diesem Zusammenhang kann sich auch die weitere Frage stellen, ob sich das Verbreitungsrecht des Rechtsinhabers erschöpft, wenn ein Computerprogramm mit seiner Zustimmung im Wege der Online-Übermittlung in Verkehr gebracht worden ist.“

Das Ergebnis dürfte weitreichende Bedeutung haben – nicht nur wir würden gerne für viele Programme Lizenzen gebraucht und kostengünstig erwerben bzw. veräussern, zumal heute ja das Herunterladen der Software der Standard ist. Warten wir also – durchaus gespannt – ab, wie sich der EuGH äussern wird.

Die Pressemitteilung finden Sie hier: Pressemitteilung Nr. 21/11 vom 3.2.2011.


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