Der beste Roman des Jahres
Edward St. Aubyn
Piper, 2014
978-3492054355
16,99 €
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Wie immer steigt in den letzten Wochen vor der Verleihung des begehrten Elysischen Preises die Spannung ins Unermessliche. Und während jedes einzelne der überforderten Jurymitglieder seine ganz persönlichen Interessen verfolgt, bringen sich die Autoren in Stellung: Katherine Burns zum Beispiel, die begnadete Stilistin und Femme fatale, oder Sam Black, der liebestrunkene, vielversprechende Debütant, nicht zu vergessen der grenzenlos selbstgewisse Sonny.
Skurriler und ernsthafter geht es kaum. Jeder Protagonist ist einfach völlig überzeichnet, nervig und nett, hinterhältig und ehrlich. Da gibt es niemanden, der irgendwie die Wahrheit sagt. Alle wollen nur das eine: auf die Longlist, um dann auf der Shortlist zu sein und später eine Rede zu halten.
Sie sind alle von sich und ihrem Buch überzeugt. Einer, will etwas anderes schreiben, schreibt dann aber doch den Roman, den die Massen mögen werden. Einer ist so überzeugt von sich, aber sein Buch gibt s nur in Indien – warum also dann England?
Wieder eine hat so viel Sex, das sie fünf Jahre für Buch brauchte, ihr Agent aber eine echt Pappnase ist. Kurzerhand tut sie sich mit einem anderen Schriftsteller zusammen, aber das ist eigentlich schlecht für ihr Ego.
Ich kann gar nicht sagen, wenn ich am liebste mochte. Der Autor hat es geschafft mich an einen Roman zu fesseln, der eigentlich kein besonders spannendes Thema verkauft, dass liegt dann wohl auch an den “netten” Figuren.
“Der beste Roman des Jahres” nimmt die Literaturszene ganz schön aufs Korn und dabei ist es egal, ob die nun in England gemeint ist oder unsere. Eigentlich ist es überall gleich. Bist du ein falscher Autor von einem guten Buch, eine Frau, zu jung oder zu unsagbar, wirst du es nicht auf die Longlist schaffen. Gewinnen wird der mit der großen Lobby – oder nicht?
Kann es passieren, dass alle falsch liegen und durch ihre Ränke, Probleme und Lobbys, den falschen Gewinner auswählen?
Es ist ein wirklich köstlicher Roman, den ich noch einmal lesen werde, damit ich jede spitze Nadel verstehe, jeden Wortwitz aufnehmen kann und jedes Fünkchen Sarkasmus bei mir ankommt.
Jeder Autor kommt zu Wort und das nicht nur mit seinem Leben, sondern es gibt sogar Passagen aus ihren Büchern zu lesen. So gesehen gibt es also bis zu sechs Geschichten in einem Buch, nur das der Leser nicht weiß, wie fünf von Ihnen ausgehen. Nur eine kommt zum Ende: der Preis wird verliehen und ich musste herzhaft lachen.
Also wenn ihr mal Lust habt auf einen etwas gediegenen Text, der sich aber sehr gut lesen lässt und ihr mal richtig viele Zwischentöne entdecken wollt, greift zu diesem Buch. Es ist eine wahre Wonne gewesen.
Das Buch ist so unscheinbar und wird sehr wenig bemerkt. Beim großen A hat es nur eine Rezension und ich frage mich warum? Es sieht einfach gediegen aus und ich glaube, wenn mich jemand damit gesehen hat, musste er lächeln. Fast sieht es wie eines dieser Bücher, die zusammen ungelesen in einem Büro stehen, nur um gut auszusehen.
Ein Roman, wie ein Literaturpreis. Undurchschaubar, witzig, von Lügen behaftet und irrsinnig sarkastisch. Eine Persiflage auf all unsere Literaturpreise, die jene Literatur auszeichnen ohne eine Gruppe auszustoßen, den Außenseiter zu befürworten oder einfach den letzten Dreck gewinnen lassen ;)