Der Beitrag eines Beamten in der Corona-Krise…

Der Beitrag eines Beamten in der Corona-Krise…

Von Wolfgang Schlichting – Publizist + Buchautor

Da wir uns ja noch nicht kennen stelle ich mich erst einmal vor, ich heiße Rudi und bin ein ganz normaler deutscher Bürger, ich lebe in geordneten Verhältnissen (Beamter) bin zweimal geschiedener Single und Fußballfan, spiele einmal pro Woche im Dorfkrug Skat und gehe ab und zu auch mal in einen Swingerclub weil die Leute da nicht so verklemmt sind wie meine Kolleginnen und Kollegen beim Ordnungsamt, die im Gegensatz zu mir alle verheiratet sind.

Als Abteilungsleiter habe ich seit März fast doppelt so viel zu tun als vor der Coronakrise, ich muss nicht nur die Pläne machen, wo und wann meine Mitarbeiter-(innen) die Bürgerinnen und Bürger auf Einhaltung des vorgeschriebenen Sicherheitsabstandes kontrollieren, ich muss auch selbst mit raus, weil diese bombastische Möglichkeit zum Einzug von Bußgeldern bestimmt nicht dauerhaft gegeben ist und deshalb intern ganz genau geprüft wird, welche Abteilung das meiste Bußgeld abkassiert hat, was offiziell zwar keinen Einfluss auf unsere Beförderung hat, aber inoffiziell trotzdem berücksichtigt wird.

Die Mentalität der Bürgerinnen und Bürger, die wir bei einer Unterschreitung des Mindestabstandes mit einem Bußgeld verwarnen ist höchst unterschiedlich, die herkunftsdeutschen Straftäter bekennen sich demütig zu ihrem ordnungswidrigen Verhalten und zahlen gerne das Bußgeld, unsere Neubürger mit ausländischen Vorfahren hingegen wehren sich im Regelfall gegen die Zahlung eines Bußgeldes nicht nur mündlich, sondern sehr häufig auch handschriftlich und da ich auch für die körperliche Unversehrtheit meiner Mitarbeiter verantwortlich bin habe ich meinen Untergebenen verboten, unsere schutzbedürftigen Mitbürger zu belästigen, was übrigens auch der Chef unserer Behörde, der für die GRÜNEN im Stadtrat sitzt, als sehr positiv bewertete.

Wenn ich im Stadtpark auf Streife bin unterhalte ich mich natürlich auch mit Bürgerinnen und Bürgern, die sich vorschriftsmäßig verhalten und freue mich immer wieder darüber, dass die deutsche Bevölkerung ohne Migrationshintergrund großes Verständnis dafür hat, dass ihre bürgerlichen Grundrechte etwas eingeschränkt wurden und mehr als die Hälfte wäre sogar damit einverstanden, dass die Bürgerrechte noch weiter reduziert werden, in- dem der Maskenzwang auch auf öffentliche Toiletten ausgedehnt wird weil man ja nicht weiß, welche Viren dort von den vorherigen Benutzern hinterlassen wurden und auf den zumeist strengen Geruch bezogen sollte man dort sowieso eine Maske tragen. Vorgestern hat mich eine junge Frau gefragt, ob sie nach dem Besuch einer öffentlichen Toilette nicht nur die Hände, sondern auch den Genitalbereich desinfizieren sollte, wozu ich ihr natürlich geraten habe obwohl ich nicht wusste, ob das vorgeschrieben ist und wir deshalb dahingehend auch Kontrollen durchführen müssen, da muss ich mich beim Amtsleiter noch mal kundig machen, denn zu irgendwas müssen die Gummihandschuhe, die zu unserer Ausrüstung gehören ja nützlich sein. Ansonsten bin ich mit der Coronakrise ganz zufrieden, man kommt täglich an die frische Luft und mit dem Kurzarbeitergeld haben wir ja nichts zu tun.


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