der apfel fällt nicht weit vom stamm

Von Lesterschweine

liebe hanna,

ich fühle mit dir, so ein fetter blocken lernstoff in kombination mit der üblichen portion leben rundumadum kann einem schon mal die stimmung zusammenhauen. vor allem triggern, find ich, all diese prüfungssituationen erlebnisse und glaubenssätze aus kindheit und schullaufbahn. bei uns führt das offensichtlich dazu, dass wir eigentlich eh wissen, dass wir es können und uns trotzdem einen irrsinnigen stress machen (“vielleicht täusch ich mich ja, ich bin ja doch nicht so super, wer weiß…”). dann legen wir eine hervorragende leistung ab, ärgern uns, dass wir uns so einen stress gemacht haben und schwören uns, beim nächsten mal wird alles anders, da geh ich das ganz entspannt an. ja, ja.

du bist was du machst! (und das ist sicher nicht durchschnittlich)

ein spegel schafft das mit links!

eh wurscht!

unsere glaubenssätze sind halt erfahrungsgemäß ein bisserl schwierig unter einen hut zu bekommen. drum will man es den eigenen kindern ja leichter machen. entspannt sollen sie groß werden können, ohne leistungsdruck, eh klar, und überhaupt will man nicht so ein anstrengender mutterwisch werden:

mutterwisch (sanft): dschunior, lern martermatik, morgen hast du schularbeit!
dschunior: gute frau, für ein hübsches “mittelmäßig-maßvoll” reicht mein wissen schon.
mutterwisch (rügend): dschunior, was ist das für ein standpunkt? schäm dir! du solltest auf ein “spitzen-spitzig” trainiern!
dschunior: warummen, gute frau? mir reicht ein “mittelmäßig-maßvoll” komplett aus.
mutterwisch (erregt): ja, hast du denn gar keinen ehrgeiz unter dem fell?
dschunior: bezüglich martermatik nicht!
mutterwisch (noch erregter): ohne ehrgeiz bringt man es aber zu nichts im leben! du musst dir eine andere einstellung zulegen!
dschunior: ich will es ja in martermatik zu nichts bringen, mir reicht es aus wenn ich durchkomme.
mutterwisch (schrill): pfui! schäm dir!
dschunior: ich hab meinen ehrgeiz halt auf anderen gebieten.
mutterwisch (noch schriller): zumindest ein “hochmittel-großmaßvoll” könntest du erreichen, wenn du übst!
dschunior: gute frau, wegen so einer eingrädigen unterschiedlichen benötigung versau ich mir doch nicht den blitzblauen nachmittag.
(aus: christine nöstlinger “dschi-dsche-i dschunior”, ende der 80er jahre eines meiner lieblingsbücher)

kürzlich hatte ich also eben jene konversation mit dem großen: dschunior, lern spanisch, morgen hast du qualizipf, etc etc. nur eben, ich gar nicht schrill, sondern voll verständnis und alles. und ein “mittelmäßig-maßvoll” ist es auch nicht geworden, es war eher ein “mangelhaft-ungenügendlich”. drum hat er jetzt die chance neue erfahrungen zu sammeln, in form einer nachprüfung im herbst. mach ich muttermäßig alles ganz anders – fischen. die jungwisch-interpretation der altgekannten dogmen ist also

mittelmäßig-maßvoll kommt nicht in frage!

wenn ich das nicht mit links schaff, dann lass ich es lieber gleich bleiben!

scheiß drauf!

wie ich es dreh und wende. immer wieder mal ein rätsel wie das geht, so eine richtige elternscgaft. aber du hast schon festgehalten: einige der besten kindheitserinnerungen sind ohnehin kulinarischer natur. unsere mutter war und ist bekanntlich eine sehr vielseitige köchin, die diverseste phasen durchlaufen hat (jaja, der apfel…). drum sind unsere kulinarischen kindheitserinnerungen auch sehr divers. eispalatschinken gabs bei mir nie, dafür grenzgeniale brandteigkrapferl. an die musste ich bei deinem post gleich denken und hab mich sofort auf die suche nach einem veganen rezept gemacht. ich bin ja eine no-eggs verweigererin und hab tatsächlich ein rezept ohne ei-ersatzprodukt gefunden. auch die dokumentation hat diesmal super geklappt, jeder arbeitsschritt wurde akribisch festgehalten. nur das ergebnis, das war so fürchterbar, dass ich hier nicht mal das rezept herschreib. außen hart, innen teigig, flach statt hoch. ich denke im süßspeisensektor schaffen es diese krapfen in die top five der grauslichsten sachen, die ich je fabriziert hab. aber vielleicht ist das auch nur in meinem kopf so, schließlich ist der maßstab ein hoher, nämlich die kindheitserinnerung. das jungkind hat gemeint, “so grauslich sind sie gar nicht, nur im nachgeschmack. aber kannst du vielleicht mal wieder ordentliche brandteigkrapferl machen?” tja. ich arbeit dran.

alles liebe,

deine lesterschwester

p.s.: der große hat mir beim schreiben über die schulter geschaut und teilt meine selbstwahrnehmung nicht. “von wegen voll verständnis, urstreng warst du. aber wenigstens nicht schrill.” danke, ich hab dich auch lieb.

p.p.s: unser mutter ist in eine neue kochphase eingetreten. sie kocht jetzt nach farben. grüne menüs und so. ich glaub das muss ich mir mal näher ansehen.

p.p.p.s.: ich hab irgendeine computer-scheiße am laufen. zur zeit kann ich keine fotos in blogposts einfügen, weil dann mein virenprogramm aufheult. tja. ich arbeite dran.