Wer auch immer es war, der das Rad erfunden hat, er hat der Menschheit einen großen Dienst erwiesen. Seine und noch eine ganze Menge anderer Erfindungen lässt uns geschmeidig über Autobahnen brettern und es uns besser gehen, als allen Generationen vor uns. Manche Erfindungen haben über die Jahre aber etwas zuviel Raum eingenommen in unserem Leben und zeigen heute da und dort auch ihre dunkle Seite. Eine davon ist der Reißverschluss.
Braver Erfinder
Withcomb Judson erblickte am 7. März 1846 in Chicago das Licht der Welt. Unzufrieden mit der Länge seiner Schnürsenkel ließ er sich 1893 zu seiner bedeutendsten Erfindung inspirieren. Neben allerhand anderen nützlichen und sinnlosen Dingen hat Withcomb den Reißverschluss erfunden. Man muss dem alten Bartträger zugute halten, dass er bei weitem nicht so weit dachte, wie die heutige Mode geht. Stiefel standen im Fokus und der Prototyp wurde sofort der uninteressierten Öffentlichkeit vorgestellt. Erst im ersten Weltkrieg konnte sich der Reißverschluss schließlich durchsetzen, weil Soldaten damit ausgestattet wurden. Was der 1905 verstorbene Judson aber sicherlich nicht geplant hatte, war die Gefährdung der männlichen Gesichtsbehaarung durch seine Erfindung.
Alles neu macht der Bart
Als Bartträger erlebt man im ersten Jahr des Bartwachstums eine ganze Reihe von neuen Dingen. Das erste Mal, wenn der Bart sich im Wind regt, oder wenn man läuft. Das erste mal Kämmen, Föhnen, oder Einölen. Schwimmen mit dem Widerstand des Bartes und ein nasser Bart, nach einer Dusche. Auch das erste Mal, dass man auf dem Barberchair in eine liegende Position bewegt wird ist ein tolles Erlebnis. Allerdings bringt ein Vollbart, bei all den Vorzügen, die er mit sich bringt, auch ein paar Nachteile. Eigentlich sind es keine Nachteile, sondern ungewohnte Situationen, an die man sich erst gewöhnen muss. Der Vollbart wächst in bisher leere Bereiche und erobert Millimeter für Millimeter die Welt rund um unser Gesicht.
Das reißt!
Waren in 19. Jahrhundert noch Knöpfe und Bänder das Mittel der Wahl, ging es darum seine Oberbekleidung zu schließen, so sind es heute in erster Linie Reißverschlüsse. Nicht wie geplant am Schuh haben die pfiffigen Metall- und Kunststoffzähne ihren Platz gefunden, sondern an der Hose und an den Jacken, Pullovern, Westen und anderen Kleidungsstücken, die in direkter Nachbarschaft zum Vollbart ihren Platz haben. Was als Erleichterung für die Menschheit in Asien in unsere Kleidung genäht wird, birgt Risiken, die Frauen und die, die gerne so aussehen wie Frauen und sich daher täglich rasieren, nicht kennen. Gut, es gibt adipöse Rekordhalter, oder von der Natur mit reichlich Hals ausgestattete Menschen, die das Problem mit dem Reißverschluss kennen und sich da und dort schonmal mit den kleinen Zähnchen die Fettpolster perforiert haben. Stolze Bartträger laufen beim Reißverschluss reißverschließen aber Gefahr, ihr bestes Stück zu beschädigen.
Verlagerung der Probleme
Waren früher Reißverschlüsse für die zweitbesten Stücke gefährlich, so trifft es heute, wo jedermann ordentliche Unterwäsche trägt, die Gesichtsbehaarung. Es könnte nicht unangenehmer sein, wenn der frisch gewaschen und geölte Bart sich im hinterlistigen Reißverschluß verfängt und manch einer, der hilflos festhängt würde liebend gern mit Ben Stiller tauschen. Das Problem beim Schließen des praktischen Verschlusses ist, dass man bei der Verbindung der beiden Seiten das Endteil in den Schlitten einhängen muss. Eine Tätigkeit, die man gerne visuell überwacht um die eigene Finderfertigkeit zu bewundern und dafür zu sorgen, dass Alles in die richtigen Bahnen gelenkt wird. Das Ende des Reißverschlusses befindet sich traditionell am unteren Ende der Jacke. Man steht also mit der Zungenspitze zwischen den Lippen konzentriert in leicht gebückter Haltung mit gesenktem Kopf um den Reißverschluss zu schließen. Kaum eingefädelt rächt sich die männliche Natur.
In Bestzeit zum Schmerz
Das Leben als Mann ist ein Wettkampf. Ein sportlicher Wettstreit, in dem wir immer versuchen der Beste zu sein. Geht etwas, dann geht es auch schneller. Geht es nicht schneller, dann versuchen wir es trotzdem. So auch die Sache mit dem Reißverschluss, die abläuft, wenn Endstück und Schlitten sich vereinigt haben. Wie nach einem Startschuss schicken wir den Schlitten auf seine Reise und haben dabei zwei Dinge im Fokus. Die Zeit ist ein wichtiger Faktor. Schnell muss es gehen, also wird mit der einen Hand der Reißverschluss gestrafft und die andere bewegt sich schneller, als das Auge nach oben. Die zweite Sache ist die akustische Komponente. Zipp, wie man den Reißverschluss auch nennt, ist das Geräusch, das wir damit generieren wollen. Es soll natürlich kein Zi i i i i i i i i ippp sein. Ein Zip muss es sein und die Herausforderung ist es, den Ton um mindestens eine Oktave höher hinzubekommen. Zp! Allerdings vergisst man gern die Vorgeschichte und erfährt die schrecklichen Folgen am eigenen Bart.
Da war doch was
Der singende Reißverschluss nähert sich mit wahnsinniger Geschwindigkeit dem Bart. Wäre die Länge nicht durch Oberkörper und Armlänge limitiert würde der Schlitten nach wenigen Metern beginnen zu glühen und wie ein Komet einen funkensprühenden Schweif hinter sich herziehen, wenn die Zähne des Reißverschluss hinter ihm fest ineinander greifen und deutlich hörbar einrasten. Allerdings ist die Strecke zu kurz um wirklich Alex aus Flashdance Konkurrent machen zu können. Gut für den Reißverschluss, die Kleidung und die Klimaerwärmung, aber schlecht für uns. In der Bewegung, alle Muskel angespannt, auf dem Weg zur persönlichen Bestleistung nimmt der Sportsgeist plötzlich ein jähes Ende. Das war doch was. Was männlich wallendes, das seit der letzten Jackensaison am Kinn gewachsen ist. Ein wunderbarer Gedanke, allerdings nur unter anderen Umständen. Angesichts eines auf glühenden Zinken auf den Bart zurasenden Schlitten etwas, auf das man gerne verzichtet. Zu spät den Kopf noch schützend in den Nacken zu werfen, geschweige denn mit der zweiten Hand schützend einzugreifen, oder gar zu bremsen. Unerbitterlich zieht der Schlitten mit voller Wucht in den Bart.
Bartunfall vom Feinsten
Als Bartunfall wird so Manches bezeichnet. Aber die Kollision mit einem Reißverschluss auf Speed ist die Mutter aller Bartunfälle. Schlimmer ist nur, wenn der Bart einen mächtigen Goder verdeckt. Wie durch Butter zieht der Reißverschluss durch den Bart und endet erst dann, wenn er mit aller Wucht ins Fleisch gefahren ist, oder der Reißverschlussverschließer die Notbremse zieht. Tränen schießen in die Augen und das aus drei guten Gründen. Der Schmerz auf der einen Seite, die Trauer über all die Barthaare, sich auf völlig unnatürliche Weise mit dem Reißverschluss verschmolzen sind und wohl nicht mehr zu retten sind und die Wut. Wut entweder über die eigene Kurzsichtigkeit im Handeln, oder darüber dass die sich ankündigende Bestzeit diesmal wieder nichts geworden ist. Eine Rettung ist für die Barthaare nahezu unmöglich. Vorsichtig kann man eines nach dem anderen aus den Zähnen ziehen und hoffen, dass es keinen bleibenden Schaden davonträgt. Viele werden wohl für immer im Reißverschluss bleiben. Die Veteranen sollten bei nächster Gelegenheit ordentlich gepflegt werden. Eine große Portion Bartöl heilt zwar nicht alle Wunden, ist aber das Mindeste, das man für den Bart tun kann.
Lernen aus dem Reißverschluss
Hat man die gröbsten Schäden beseitigt, die Tränen getrocknet und die Erfahrung zu den heißen Herdplatten und den unpassenden Beurteilungen der weiblichen Garderobe und all den anderen Dingen, die wir nicht mehr tun wollen gelegt, dann bleibt, sich an ein langsames Schließen des Reißverschluss zu gewöhnen. Nicht langsamer, sondern bedachter soll es sein. Kein Rückschritt, ein Fortschritt in unserer Entwicklung. Ist der Bart lang genug um dem Reißverschluss zu begegnen, dann ist es an der Zeit auch den Rest des Lebens anzupassen. Entspannt und mit Stil kommt man als Bartträger leichter durchs Leben. Und weh tut es auch nicht!