Der alte Mann in dem kleinen Haus

Schon oft hat der Mann, der in dem kleinen Haus lebt, über eine Therapie nachgedacht. Über seinem Dach scheint der Himmel stets grau. Wenn die Wolken sich zusammen ziehen, regnet es über seinem Haus zuerst. Das Rauchfähnchen aus seinem Schornstein sieht dann aus wie der Hilferuf eines Indianers, der sich verlaufen hat.

Wenn er nachmittags aus dem Büro nach hause kommt, stapft er mit gesenktem Kopf über die Straße in Richtung der Haustür. Meist trägt er eine Einkaufstüte bei sich, eine aus Plastik. Und nur eine. Nicht zwei. Mit dem Schlüssel öffnet er den Eingang, blickt schüchtern über die Schulter – und zuckt innerlich zusammen.
Kinder spielen auf der Straße, mit Fußbällen und Fahrrädern. Eltern steigen aus Autos aus, selber mit Einkaufstüten bewaffnet, nur mehr, viel mehr, für die ganze Familie. Sie lachen und scherzen, albern herum.

Das mag der Mann aus dem kleinen Haus nicht. Das kann er nicht.

Unauffällig verschwindet er in seinem Haus, drückt die Tür hinter sich ins Schloss und zieht die Gardinen zu. Die Einkäufe stellt er ab in einem kargen Flur. Ein ausgetretener Läufer in blassem Blau führt über das Parkett ins Wohnzimmer. Ein Beistelltisch an der Tür wartet auf seine Schlüssel, am Kleiderhaken daneben hängt nur noch eine weitere Jacke, die ihm gehört. Noch bevor der Mann die Einkäufe in den Kühlschrank räumt, verschwindet er ins Wohnzimmer. Ungeduldig greift er nach der Fernbedienung auf dem Sofatisch, drückt auf die 3 und tippt mit den Zehen, bis das Bild sich auf der Röhre zeigt.

Nach einigen Schrecksekunden, die das alte Gerät braucht um ein Bild zu produzieren, seufzt er und lächelt erleichtert.
Seine Serie läuft.

Auf dem Flimmerbild quietscht eine Frau im Bademantel mit toupierten Haaren, während sie durch ein grell eingerichtete Küche stolziert. Ein Engländer im Anzug steht neben ihr, hält die Hand vors Gesicht und rollt mit den Augen.

„Mr. Sheffield, denken Sie an Maggie!“ quäkt die Haushälterin im Bademantel. „Sie ist noch ein Kind!“
„Lassen Sie das mal meine Sorge sein, Mrs Fine“, erwidert Mr. Sheffield. „Ich komme sehr gut allein zurecht!“

Ein Lacher rollt vom Band.

Der Mann stimmt mit ein. Die Folge – und alle anderen – kennt er auswendig. Stumm formen seine Lippen die Worte, sprechen die Sätze mit, nur unterbrochen von einem verstohlenen Grinsen, während er die Einkäufe in der Küche ausräumt.

Er fühlt sich zu Hause.

Die Nachbarn von gegenüber haben schon überlegt, ob sie den Notarzt rufen sollen. Besonders die Frau von der anderen Straßenseite macht sich so ihre Gedanken. Der Herr von drüben geht so selten vor die Tür. Vielleicht braucht er Hilfe. Ist er krank?
An einem Donnerstagabend entscheidet sie sich für das Gute. Als Hausfrau und Mutter ist sie nicht nur stolz auf ihren Nachwuchs – auch ihr Zitronenkuchen kann sich sehen lassen. Also bindet sie die Schürze um, die mit den grünen Blümchen, streicht sich das dunkle Haar aus dem Gesicht.  Nichts bricht schneller das Eis, als ein warmer, duftender Kuchen. Als sie abends den Herrn vor seiner Haustür erblickt, zieht sie das dampfende Blech aus dem Ofen. Sie saugt den Duft durch die Nase ein, genießt ihn mit geschlossenen Augen, bevor sie den Kuchen in Aluminium konserviert. Mit warmen Kuchenblech und Herzen gewappnet überquert sie die Allee zur anderen Straßenseite, auf Mission im Namen der Nachbarschaft. Voller guter Absichten steigt sie die drei Treppenstufen hinauf und klingelt. Ihre Schuhe knirschen auf dem Stein.

Sie wartet.

Der Kuchen dampft in ihrer Hand, es ist Herbst und draußen ist es kalt geworden. Aber das Blech ist noch warm. Schöner, duftender Zitronenkuchen – mit echten Zitronen. Etwas, das Nachbarn füreinander backen.

Sie wartet, aber es kommt keine Antwort.

Also klingelt sie ein zweites Mal.

Von hinter der Tür meint sie, Stimmen zu hören. Ein hohe, quietschende Stimme, wie ein krächzendes Erdmännchen, dann eine tiefere, männliche Stimme. Vielleicht, denkt die Nachbarin, hat sie sich ja doch getäuscht. Vielleicht hat der Mann ja Besuch? Vermutlich geht es ihm gar nicht so schlecht, wie man auf den ersten Blick denken mag. Vielleicht ist ja alles in Ordnung.

Bevor sie sich abwendet, klingelt sie ein letztes Mal.

Sie bemerkt kaum, wie die Tür sich einen Spalt öffnet. Aber nur einen Spalt – winzig.

Im dunklen Flur dahinter schimmert das blasse Gesicht des Eremiten, der sie anstarrt. Seine wässrigen Augen sind geweitet.

„Willkommen in der Nachbarschaft“, erklärt sie und lächelt. „Ich, äh, weiß, wir leben jetzt schon eine ganze Weile auf der selben Straße, von Angesicht zu Angesicht sozusagen – aber bisher hatten wir noch nie die Chance, einmal hallo zu sagen. Ich bin Emma. Wir wohnen gegenüber. Ich habe Ihnen einen Kuchen gebacken – quasi als verspätetes Willkommensgeschenk. Mit echten Zitronen“, fügt sie noch schnell hinzu. „Darf ich reinkommen?“
Es ist nicht schwer zu erkennen, dass der Mann aus dem kleinen Haus zögert. Durch den Spalt ist sein Gesicht nur halb zu erkennen, nur eine halbe Kopfhälfte, sicher hinter der Tür, die fast im Schatten verschwindet. Der Frau fällt der Bademantel auf, den der Mann trägt. Er ist fest verschlossen, keine Sorge, nichts unanständiges – aber die offenen Hausschuhe mit den weißen Tennissocken sehen schon merkwürdig aus. Eine Hose trägt er auch nicht. So empfängt niemand Besuch.

„V-vielen Dank“, sagt der Mann schließlich zögerlich. „Danke. Aber…ich bin gerade beschäftigt.“
„Ja?“ fragt die Frau. „Haben Sie Besuch?“
Der Mann schüttelt den Kopf. „Ich…muss noch arbeiten. Aber danke.“
„Sind sie sicher?“ hakt die Frau nach, mit sich sorgenvoll verengenden Augenbrauen. „Wenn ich ehrlich bin…“
„J-ja?“
„…habe ich ein wenig Sorgen, dass sie einsam sein könnten. Ich sehe Sie immer, wie Sie morgens zur Arbeit gehen und Abends wieder zurückkommen, aber nie, wie sie mal das Haus verlassen und…“
„Vielen Dank, für ihre Sorgen“, sagt der Mann schüchtern lächelnd, „aber seien Sie versichert, mir geht es gut. Sehr gut sogar. Danke.“
Er nickt eifrig, während er sich rückwärts bewegt und die Tür zu drückt. Dann ist es auch wieder still.

Ratlos zuckt die Nachbarin mit den Achseln.

Wer nicht will, der hat schon.

Jetzt ist der Kuchen langsam kalt geworden, bemerkt sie und steigt die Treppenstufen wieder herab. Da hört sie Stimmen aus dem Haus kommen.

„Aber Fran!“ ruft jemand, auch wenn es durch die Tür gedämpft klingt.

Fast, denkt die Nachbarin, hörte sich das wie der alte Herr an.

 

Jenseits der Haustür sinkt der Mann aus dem kleinen Haus zu Boden. Mit dem Rücken an der Wand sinkt er herab. Dabei schiebt sein Bademantel sich hoch, sodass er mit der Unterhose über die Tapete schrabbt und mit dem Hinter auf dem kalten Parkett landet. Er schlägt die Hände vor dem Gesicht zusammen.

Es dauert nicht lange, und der erste salzige Tropfen kullert über seine Finger.

Warum? Denkt der Mann. Warum geht es nicht? Warum ist das so?
Er schämt sich. Er hat Angst – davor, die Tür aufzumachen. Vor den Kindern draußen, vor den Leuten, vor den Familien mit Hunden, vor dem Postboten, dem Kühlkostwarenmann. Vor allen.

Sie amten, sie sprechen – sie wollen mit ihm reden. Ihn anlächeln. Hallo sagen, sich nach seinem Befinden erkundigen, über das Wetter plaudern, vom Schwimmunterricht und der Schule des Nachwuchses erzählen. Warum macht ihm das solche Angst?
Das Ping-Pong des sozialen Hin- und Hers – er weiß nicht, wie es funktioniert. Hat es noch nie verstanden. Es verwirrt ihn. Spielt man ihm den Ball zu, hält er plötzlich den Schläger schief. Es ist, als ditsche der Ball auf seiner Seite auf die Platte und bekäme plötzlich einen Drall in die falsche Richtung. Spastisch, wie ein Krüppel, versucht er ihn anzunehmen – und bricht über dem Tisch zusammen. Er schlägt den Ball ins Off, weg vom Tisch. Dabei fällt der Schläger ihm aus der Hand und er steht da, wie mit heruntergelassenen Hosen.

Schon als Kind ging es ihm so. Als Jugendlicher auch, selbst als Erwachsener. Sein Büro betritt er nur mit gesenktem Haupt, aus Angst, jemand könnte ihn wie auf dem Schulhof zum Rundlauf auffordern.

Er weiß nicht, wie man das Spiel spielt. Ein Kuchen? Was soll man dazu sagen? Was macht man damit? Wie soll er eine Frau in seine Wohnung bitten? Dazu auch noch im Bademantel? Ohne Hosen? Und dann?

Der Mann aus dem kleinen Haus schaut auf, schaut durch den Flur. Sein Haus ist nicht gigantisch, doch für ihn ist es groß. Eine Villa, in der die Zimmer leer stehen. Nichts wünscht er sich mehr, als ein wenig Gesellschaft in den leeren Hallen.

Aber wie?

Aus dem Wohnzimmer ist ein Lachen zu hören. Es kommt vom Band – Heiterkeit aus einer Blechbüchse, von jemand anderem, nicht ihm. Die quietschende Stimme der Haushälterin sagt etwas; der Engländern antwortet. Wieder lachen.

Trotz der Tränen muss der Mann lächeln. Er kann die Stelle im Schlaf mitsprechen. Sie fühlt sich gut an.

Stumm formen seine Lippen die Worte mit. Er fühlt sich zuhause.

 

„Und, wie war es?“ fragt ihm Haus auf der anderen Straßenseite ein neugieriger Ehemann seine Frau. „Hat ihm der Kuchen nicht gefallen?“
„Etwas stimmt mit dem Alten nicht“, erwidert die Nachbarin und stellt den Kuchen auf den Küchentisch, wo zwei rotznäsige Jungs sich die Hände reiben über das Mitbringsel. „Ein komischer Kauz ist das.“
„Was meinst du?“ Der Ehemann klingt besorgt.

„Ich weiß nicht. Ich glaube…nein…“
„Sag schon?“
Die Nachbarin seufzt. „Als ich geklingelt habe, dachte ich, ich höre Stimmen. Schon hab ich mich gefreut, weil ich glaubte, der Mann hätte doch Besuch. Aber dann öffnet er im Bademantel die Tür.“
„Meinst du, so empfängt er seine Freunde?“
„Ich befürchte, er redet mit sich selbst.“
„Laut? Vor sich her?“
Ein Nicken.
„Hm“, macht der Mann. Er klingt besorgt.

Die beiden Jungs, seine zwei Männer, machen sich über den Kuchen her, mit den bloßen Händen, als hätten sie nie etwas von Gablen und Tellern gehört. Der Ehemann lächelt, aber in seinem Kopf sieht es anders aus.

Er ist sich nicht sicher, ob ihm die Sache gefällt.

Er weiß nicht, ob er möchte, dass gegenüber jemand wohnt, der Selbstgespräche führt.

Was kommt als nächstes? Denkt er. Was, wenn er beginnt, sich etwas einzubilden?

Ohne, dass jemand etwas gesagt hätte, schüttelt der Ehemann den Kopf. Er hat einen Entschluss gefasst.

„Hör mal“, sagt er zu seiner Frau und erklärt ihr den Plan.

Widerwillig stimmt sie zu. Der Ehemann nickt.

Morgen wird er telefonieren. Er kennt da jemanden.

 

In der nächsten Woche kommt der Mann aus dem kleinen Haus wieder einmal von der Arbeit zurück, wieder mit einer Plastiktüte, wieder mit gesenktem Haupt. Er hat den Schlüssel schon in der Hand, da steigen zwei Männer aus einem dunklen Auto neben ihm aus.

Einer von ihnen trägt einen Mantel und Hut, dazu ein mitfühlendes, weises Lächeln. Der andere hingegen ist gekleidet in einer weißen Uniform. Er sieht nach Krankenhaus aus.

„Hallo, Herr Westermann“, grüßt der Mantelträger. „Können wir kurz mit Ihnen sprechen?
„Worum geht es denn?“ fragt Herr Westermann schüchtern. „Ist etwas passiert?“
„Nein, nichts dergleichen. Wir möchten Ihnen nur helfen…“
Ab da weiß der Mann aus dem kleinen Haus Bescheid.

Er nickt. Er fühtl sich beinahe erleichtert. Ohne viel Aufhebens geht er mit und steigt in das Auto.

 

Die Therapie tut ihm gut. Von den Ärzten erfährt er viele interessante Sachen. Sie sprechen über Sozialphobien, über Traumata aus der Kindheit. Für eine Zeitlang lebt der Mann aus dem kleinen Haus nun in einem großen, einer Villa, die außerhalb der Stadt liegt, mit einem weiten Garten von der Tür und einem See, den er sehen kann, wenn er morgens aus dem Fenster schaut. Tagsüber spricht er mit Kittelträgern und Kittelträgerinnen, trifft sich mit anderen, denen es ähnlich geht wie ihm und bildet einen Stuhlkreis. Anfangs ist er noch nervös. So viele Menschen, so viele Gesichter auf einmal ist er nicht gewohnt. Es macht ihn unruhig. Aber die Ärzte lächeln allesamt und wissen, wie sie mit ihm umgehen müssen. Bald schon spürt er, wie es ihm besser geht. Er wird an die Hand genommen und darf trainieren. Das Ping-Pong.

Es funktioniert.

„Machen Sie sich keine Sorgen, Herr Westermann“, sagt der Arzt nach ein paar Monaten draußen auf der Treppe vor dem Eingang. Er drückt ihm die Hand. „Sie kommen schon zurecht.“
„Meinen Sie wirklich?“ fragt Herr Westermann.
„Davon bin ich fest überzeugt. Was werden Sie als erstes tun, wenn Sie wieder zuhause sind?“
Der Mann aus dem kleinen Haus überlegt kurzt. Dann hat er auch schon die Antwort parat.
„Einen Kuchen backen“, sagt er. Und lächelt.

 

Die Straße wo er wohnt hat sich in seiner Abwesenheit nicht viel verändert. Es stehen noch die selben Bäume am Bürgersteig, nur die Blätter sind jetzt grüner. Auf der Straße parkt so manch ein neueres Auto, auch die Zäune der Gärten scheinen gestrichen worden zu sein. Vielleicht liegt es am Sommer, denkt Herr Westermann – aber alles wirkt irgendwie heller.

Er kehrt zurück in sein Heim, in den leeren Flur, der plötzlich nicht mehr so leer wirkt wie früher. Ein bisschen hat er ein mulmiges Gefühl. Alles wirkt so still, so steril.

Keine Angst, denkt er. Ich schaffe das schon.

Am nächsten Tag bereits holt er ein dampfendes Blech aus dem Backofen. Zitronenkuchen – das Rezept hat er sich aus der Bücherei besorgt. Das war ein Erlebnis. Die ganzen Bücher, und die ganzen Menschen.

Der Kuchen duftet fein, es sind extra frische Zitronen darin. Er genießt den Geruch, saugt ihn durch die Nase ein. Die Stille in der Wohnung macht ihn ein wenig nervös. Aber dafür ist keine Zeit.

Er macht sich auf, um danke zu sagen.

Gegenüber auf der Straßenseite sieht er schon die Kinder spielen. Sie haben einen Ball bei sich, sie sind zu dritt. Was macht er, wenn der Ball zu ihm rüber gespielt wird? Wie reagiert er?

Keinen Gedanken daran verschwenden, sagt er sich. Alles ist im Lot.

Mit dem warmen Blech in der Hand kreuzt er die Straße, zu den Kindern, nickt und grüßt freundlich.

„Hallo zusammen“, sagt er. „Spiel ihr schön?“
Die Kinder starren ihn an. Ein kleiner Junge blinzelt, nicht wegen der Sonne.

Der alte Mann lächelt. Noch.

„Ist eure Mutter vielleicht da? Ich wollte mich bedanken, für-“
Ein Kopfschütteln schneidet ihm das Wort ab.
„Komm, wir gehen“, sagt ein anderer Junge und nimmt das blonde Mädchen, das bei ihnen ist an der Hand. Der Ball wird unter den Arm geklemmt und dann eilig verschwunden.

„Ist er das?“ hört man das Mädchen flüstern. „Der mit den Stimmen?“
„Psst“, zischt der größere der beiden Jungs und wirft dem Mann einen vielsagenden Blick über die Schulter zu. „Verwirr ihn nicht noch mehr.“
Hinter einem weiß gestrichenen Zaun verschwinden die Kinder und der Mann aus dem kleinen Haus steht wieder alleine da.

Alles ist im Lot, sagt er sich. Keine Furcht.

Beherzten Schrittes, zumindest so gut es geht, tritt er an die Tür heran. Er balanciert das Kuchenblech auf einer Hand. Es vergeht ein Augenblick, bis er sich traut, die Klingel zu drücken. Das metallische Bimmeln der Klingel klingt hohl.
„Hallo“, verkündet Herr Westermann, „ist jemand da? Ich habe Kuchen mitgebracht.“
Keine Antwort.
Hm.
„I-ich wollte mich bedanken. Für die Hilfe, und die Aufmerksamkeit.“ Er zögert einen Moment. „Darf ich reinkommen?“
Aus den Augenwinkeln nimmt er eine Bewegung wahr und sieht gerade noch eine Gardine, die vorgezogen wird, als er hinblickt.

Er meint, hinter der Tür Stimmen zu hören, ein Flüstern. Aber das ist bestimmt nur Einbildung.

„Hallo?“
Keine Antwort. Keine Reaktion.

Langsam klingt er verzweifelt. „Ist da jemand?“

Nichts.

Geschlagene fünf Minuten steht er vor der Tür und wartet. Er hat Angst – Angst, sich die Blöße zu geben.

Schließlich überwindet er sich. Und geht wieder zurück.

Aus dem ersten Stock des Nachbarhauses folgen ihm zwei Augenpaare, die sich einig darüber sind, dass sie dem alten Mann von gegenüber nicht die Tür öffnen werden.

Zu viel Angst müsse man haben vor dem komischen Kauz, der ein halbes Jahr in der Klapse verbracht hat.

 

Der Mann aus dem kleinen Haus kehrt zurück in seine Wohnung, zurück in den kalten Flur. Er stellt das Kuchenblech auf den Küchentisch. Der Kuchen ist noch warm.

Dann sinkt er an der Wand nieder. Sein Jackett schiebt sich hoch, sodass sein Hintern über die Tapete scharbt und er auf den kalten Fliesen landet. Er schlägt die Hände vors Gesicht.

Warum? Denkt er. Warum denn? Was mache ich falsch?
Es dauert nicht lange, und ein salziger Tropfen perlt über seine Finger.

Das Schluchzen hallt durch den stillen Flur, wo keiner es hören kann.

Als er sich wieder gesammelt hat, steht der Mann auf und geht ins Wohnzimmer. Kraftlos lässt er sich in den Sessel fallen. Den Griff nach der Fernbedienung beherrscht er noch aus der Erinnerung. Er drückt auf die 3 und wartet, bis die Röhre das Bild aufbaut. Ungeduldig wippt er mit den Füßen.

Sein Programm läuft. Die quietschende Hausfrau lacht schrill auf der Mattscheibe.

 

Fünf Minuten steht er vor der Tür und wartet. Aber keiner öffnet ihm.

Dann geht er nachhause.

Der Mann aus dem kleinen Haus kehrt ein in seine Wohnung, stellt das Kuchenblech auf den Küchentisch. Dann sinkt er an der Wand nieder. Sein Anzug schiebt sich hoch, sodass sein Hintern über die Tapete scharbt und er auf den kalten Fliesen landet. Er schlägt die Hände vors Gesicht.

Warum? Denkt er. Warum? Irgendetwas mache ich falsch.

Eine Träne kullert über seine Hände.

Als er sich wieder etwas gesammelt hat, steht er auf und geht ins Wohnzimmer. Kraftlos lässt er sich in den Sessel fallen. Der Griff nach der Fernbedienung beherrscht er noch sehr gut.

Er schaltet den Fernseher ein. Sein Programm läuft. Ein quietschede Frau lacht auf der Mattscheibe.

„Mr. Sheffield, denken Sie an Maggie!“ quäkt sie im Bademantel. „Sie ist noch ein Kind!“

„Lassen Sie das mal meine Sorge sein, Mrs Fine“, erwidert der Mann aus dem kleinen Haus. „Ich komme sehr gut allein zurecht!“


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