Denn sie wissen nicht, was sie sind

Von Liebeserklaerer

Frosch oder Prinz oder Mann oder was?

Erst waren sie Macho, dann metrosexuell, später Alpha-Softie. Männer. Autorin Nina Pauer machte sie schließlich zu „Schmerzensmännern“ und warf  ihnen vor, in dem übertrieben zu haben, was die Gesellschaft vom modernen Mann verlangt habe:  Statt herrisch rücksichtslos sollten sie einfühlsam und sensibel sein, doch nun, so schrieb Pauer es 2012 in der „Zeit“, sei der junge Mann „falsch abgebogen“. Er sei zu schüchtern, zu einfühlsam, zu zögernd, würde sich, so das konkrete Beispiel, dass das Drama veranschaulichen sollte, nicht trauen, die Frau einfach zu küssen.

Sondern darüber nachdenken, ob das mit dem Küssen denn nun richtig sei oder eher nicht so. Darüber würde die Frau sich ungewollt fühlen und das ganze Spiel zwischen Ihm und Ihr nicht mehr richtig funktionieren. Diese Abrechnung mit den neuen Männern blieb natürlich nicht unkommentiert. Die Frauen seien doch selbst schuld, dass sie nun solche Männer bekämen, antworteten die Herren aus  dem Feuilleton zurück – sie könnten eben nicht beides haben: einen verständnisvollen Partner und einen männlichen Eroberer. Nein?
Irgendwie haben doch beide Seiten recht. Weil die Frau jahrelang lauthals verkündete, dass sie das doch alles selber könne, die Tür aufmachen, den Mantel anziehen, das Restaurant und ja, auch den Mann aussuchen, mag mancher Mann sich nun gar nicht mehr trauen, einen Schritt zu tun, den die Frau, er weiß es ja nicht, vielleicht lieber selbst gehen will. Und verharrt in – so erscheint es der Frau dann – unmännlicher Passivität.

Da haben wir es, das große Dilemma, das nun scheinbar Verlage für sich entdeckt haben und mithilfe ihrer Autorinnen und Autoren im Alleingang lösen wollen – und damit aber gleichzeitig wieder suggerieren, wie unmännlich der Mann doch geworden ist. Nie gab es so viele Bücher, die sich mit dem beschäftigen, was ein Mann sein muss, was ein Mann können muss. Die Werke wollen ihm das Kochen, das Sex-Haben, das Gentleman- und Männlich sein beibringen. Es gibt Bücher mit „allem, was ein Mann im Kopf haben muss“ und andere, die immer noch die Frage „Macho oder Memme?“ stellen und beantworten wollen.

Autor Bernhard Blöchl hat mit „Für immer Juli“ einen Roman über dieses Paradoxon geschrieben, dass die Männer in ihre Orientierungslosigkeit treibt: „Dem originär Männlichen werden Attribute zugeschrieben, die per Definition nicht in Einklang mit Gleichberechtigung zu bringen sind: Dinge wie Dominanz, klare Ansagen, Führen, Entscheiden.“ Aber er sieht einen Ausweg – es brauche eben, analog zu den Frauen die ja auch über Jahre einen Geschlechterkampf kämpften, eine neue Männerbewegung, einen „modernen Machismo“, der die neuen Anforderungen an den Mann integriere. Klar, das provoziert – und soll es laut Autor auch.

Eine Kernthese:Der moderne Machismo lässt Männlichkeit zu 100 Prozent zu, ohne das Weibliche in irgendeiner Form abzuwerten. Männlichkeit ist großartig – Weiblichkeit auch.“ Selbstverständlich dürften Männer weibliche Züge haben, „doch wenn dabei das Gespür für Männlichkeit auf der Strecke bleibt, ist niemandem geholfen“.  So durchlebt die Romanfigur Juli (alter Ego des Autors), stellvertretend für den orientierungslosen Mann, die Metamorphose vom Weichei übers Machso-Sein zum Mann. Ja, einfach nur Mann, ohne Alpha, ohne Macho, ohne Softie, ohne Schmerz Mann. Anders als Frau. „Schluss mit luschig!“ lautet das Motto von Juli und Bernhard Blöchl.

So einfach ist es doch. Und eigentlich brauchen wir doch gar nicht so viel zu streiten, schreiben, diskutieren über die Tatsache, dass es zwei Geschlechter gibt, die sich gegenseitig irgendwie gut finden, gut finden sollen, weil sie sind, was sie doch so reizvoll macht: unterschiedlich. Wir Frauen freuen uns jedenfalls auf Männer, die sich trauen, uns zu küssen.