Denkmalpflege und Pragmatismus – Fachwerk-Großbaustelle Bödinger Hof

Bei einem Baustellenbesuch auf dem Bödinger Hof in Hennef bei Bonn erlebte ich nicht nur mein bis dato größtes Fachwerk-Bauvorhaben. Mit dem Bauherren Wolfgang Staudt, dem Lehmbau-Unternehmer Bodo Weber und dem Naturbaustoffhändler Karl Schmitz traf ich auch auf eine illustre Riege echter Bau-Urgesteine.

Investor Wolfgang Staudt, Naturbaustoffhändler Karl Schmitz und Lehmbau-Spezialist Bodo Weber (v.li.). vor dem ehemaligen Herrenhaus

Investor Wolfgang Staudt, Naturbaustoffhändler Karl Schmitz und Lehmbau-Spezialist Bodo Weber (v.li.). vor dem ehemaligen Herrenhaus

Der Bödinger Hof in Hennef im Rhein-Sieg-Kreis, nahe der alten Bundeshauptstadt Bonn, diente einst als Versorgungsstation für das Kloster Bödingen. Hier wurde die Bewirtschaftung der Klosterinsassen und Pilger organisiert, Viehzucht für die Fleischproduktion betrieben, Brot gebacken. Das sanierungsbedürftige weitläufige Fachwerk-Ensemble aus dem frühen 18. Jahrhundert erwarb 2013 das Hennefer  Bauunternehmen RS-Bau. Unter den Maßgaben des Denkmalschutzes entstehen nun neun großzügig geschnittene Eigentums-Wohneinheiten mit eigenen Gärten und einem weitläufigen gemeinsamen Innenhof.

Auf der Baustelle treffen wir RS-Bau-Geschäftsführer Wolfgang Staudt zusammen mit dem Lehmbau-Spezialisten Bodo Weber und Claytec-Partnerhändler Karl Schmitz (Baukraft Naturbaustoffe). Diese Konstellation erfahrener Bau-Spezialisten erweist sich schnell als mindestens ebenso interessant wie das eindrucksvolle Bauvorhaben selbst: Der  hessisch eingefärbte Zungenschlag des Bau-Urgesteins Wolfgang Staudt trifft auf den breiten kölschen Dialekt Bodo Webers. Dass zwischen Lehmbauer und Bauunternehmer die Chemie stimmt, ist sofort zu spüren. Das mag daran liegen, dass beide ihr jeweiliges Ingenieur-Studium vorab mit einer bodenständigen Maurer-Ausbildung unterfüttert haben. Da stehen jedenfalls zwei, die genau wissen was sie wollen, anpackender Pragmatismus spricht aus allen Statements an diesem Vormittag.

Die Seitenflügel der Hofanlage wurden zur Stabilisierung mit einer gegossenen Betonplatte abgefangen.

Die Seitenflügel der Hofanlage wurden zur Stabilisierung mit einer gegossenen Betonplatte abgefangen.

Auf die ökologischen Aspekte des unter den Maßgaben des Denkmalschutzes stehenden Bauvorhabens angesprochen, räumt Investor Staudt unumwunden ein, dass die denkmalpflegerischen Auflagen den Gebrauch der Naturbaustoffe Lehm und Holz nun mal vorsähen. Deren Einhaltung wiederum seien Voraussetzungen für steuerbegünstigende Abschreibungsmöglichkeiten. Gleichzeitig sei man wegen der Auflagen weitgehend einzuhaltender historischer Authentizität beispielsweise in Sachen EnEV ohnehin außen vor.

Bauspezialisten in ihrem Element

An einem Seitenflügel der Hofanlage zeigt uns Wolfgang Staudt, mit welchem Aufwand hier der Erhalt der historischen Fachwerkbauten betrieben wurde: Das Gebäude ruht heute auf einer massiven, gegossenen Beton-Bodenplatte.  Zu deren Einbringung war zuvor der gesamte Fachwerkbau angehoben und „aufgebockt“ worden. In den Schilderungen des erfahrenen Bau-Spezialisten wird deutlich, dass solch ein komplexes Bauvorhaben nicht zuletzt eine logistische Herausforderung darstellt. Ebenso plastisch wie glaubhaft schildert Staudt die eine oder andere Episode von der Bändigung und Koordinierung der unterschiedlichen am Bau beteiligten Gewerke.  Jetzt sind alle drei Bauspezialisten in ihrem Element: Bauherr, Baustoffhändler und Lehmbau-Fachmann spielen sich die Bälle zu und tauschen Anekdoten aus.

Erfahrene Bau-Spezialisten im regen Erfahrungsaustausch

Erfahrene Bau-Spezialisten im regen Erfahrungsaustausch

Die aufgeräumte Atmosphäre macht deutlich: Auch wenn es hier noch sehr viel Arbeit gibt – alles in allem ist man auf dieser Baustelle im Soll, der geplante zeitliche Rahmen zur Fertigstellung bis Ende 2016 bleibt realistisch. Nachdem sich der Bauherr zum nächsten Termin verabschiedet hat, gibt Bodo Weber uns noch einen Einblick über bereits geleistete und noch anstehende Lehmbau-Arbeiten: Mit seinem Team hat er bereits zahlreiche marode Ausfachungen entfernt und mit Lehmsteinen neu ausgemauert. Dazu kommen zahlreiche Wandflächen, die mit Pavadentro-Innendämmung versehen und mit Claytec-Lehm verputzt wurden. Einer der nächsten Bauabschnitte wird die Instandsetzung des ehemaligen Herrenhauses sein. „Da werden wir von Fall zu Fall entscheiden, wie viel Sanierungsaufwand wir betreiben müssen. Bei Stichproben haben wir festgestellt, dass manche Ausfachungen noch so gut erhalten sind, dass wir lediglich mit neuem Lehm auffüllen müssen, andere Stellen werden wir komplett neu ausmauern.“

Händler und Handwerker als schlagkräftiges Team

Nicht nur bei der anstehenden Sanierung des Herrenhauses muss Lehmbauer Weber flexibel auf unterschiedliche Anforderungen reagieren. Auf einer Baustelle dieser Größenordnung können immer unerwartete Problem auftauchen. Dann kommt Baukraft-Inhaber Karl Schmitz ins Spiel. Mit seinem Unternehmen versteht er sich als Partner des Handwerks. Ob bei der Bewältigung unerwartet auftauchender Feuchtigkeitsprobleme oder bei der Auswahl des geeigneten Anstrichstoffes für die Balken des Holzständerwerks: mit seinen Lösungsvorschlägen und Material-Empfehlungen stärkt Naturbaustoffhändler Schmitz dem Verarbeiter Weber den Rücken. Als kompetentes und schlagkräftiges  Team bieten sie dem Investor Staudt die Planungssicherheit, die er braucht.

Hier entsteht später ein großzügiger gemeinsamer Innenhof für 9 Parteien

Hier entsteht später ein großzügiger gemeinsamer Innenhof für 9 Parteien

Als ich meine Verwunderung äußere, dass er auf der  Claytec-Homepage gar nicht als Handwerkspartner gelistet ist, gibt mir Bodo Weber zu verstehen, dass er diesen prominenten Status ganz bewusst nicht anstrebt, denn: „Wir sind immer komplett ausgebucht. Mein Unternehmen hat keine Homepage, ich selbst besitze nicht einmal Visitenkarten. Gute Arbeit spricht sich auch so herum.“ Jetzt hake ich nach und will wenigstens den Grund für seine „Markentreue“ wissen. „Du hast doch eben Herrn Staudt erlebt. Das ist ein absolut verlässlicher Auftraggeber ‚vom alten Schlag‘,“ sagt Bodo, „Dafür erwartet er aber auch, dass seine Vorgaben akkurat eingehalten werden. Da gibt es zeitlich und für die Kosten einen exakt gesetzten Rahmen. Ich habe mittlerweile etliche Lehmbaustoff-Hersteller durch und bin am Ende immer wieder bei Claytec gelandet. Der Grund ist ganz einfach: Um die Vorgaben des Auftraggebers und meine eigene Kalkulation verlässlich einzuhalten, muss der verwendete Lehm fehlerfrei  maschinengängig sein. Da darf nichts verstopfen, das können wir uns zeitlich gar nicht leisten. Diese kontinuierliche Materialqualität habe ich bisher ausschließlich bei Claytec-Lehm gefunden.“

Das zu hören freut den Social Media Mann natürlich, da brauche ich nichts hinzuzufügen, die Aussage spricht für sich. Genauso wie darüber freue ich mich jetzt schon darauf, das spektakuläre Fachwerk-Bauprojekt „Bödinger Hof“ nach seiner Fertigstellung erneut zu besuchen. Ob das Endergebnis wohl dem entspricht, was man heute bereits auf der Website der Sparkasse Köln sehen kann? Ich wage mal eine Prognose und sage: mindestens!


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