Ihr Lieben,
heute Abend möchte ich Euch eine Geschichte von Ingrid Kötter erzählen:
„Welt-Themen“
„Schreibt einen Aufsatz zu dem Thema: „Wie ich einmal großen Hunger hatte“,
Sagte ein Lehrer zu den Kindern einer Schulklasse in Bonn.
Die Kinder sahen sich gegenseitig an, überlegten angestrengt und kauten an ihren Füllfederhaltern. Niemand schrieb.
„Schreibt einen Aufsatz zu dem Thema: Wie ich einmal so richtig satt war!“,
sagte der Lehrer zu den Kindern einer Schulklasse im Bombay.
Die Kinder überlegten nicht lange.
Sie schrieben und ihre Augen glänzten.“
Ihr Lieben,
am Samstagabend, da war es fast, als wenn ganz viele Menschen in Deutschland, in Österreich und der Schweiz den Atem anhielten: Bayern München stand im eigenen Stadion im Endspiel der Fußball-Champions League gegen Chelsea London.
Und dann verlor Bayern München das Endspiel und ganz viele Menschen waren deshalb traurig, sehr traurig sogar.
Ich gebe gerne zu, dass ich früher auch ein großer Fan des Fußballs gewesen bin, ich war schon in meiner Jugend ein großer Fan von Werder Bremen und der deutschen Fußballnationalmannschaft.
Aber eines Tages änderte sich das: Ich trainierte damals eine Handball-B-Jugend bei Göttingen 05 und diese Handballjugendmannschaft war sehr erfolgreich. In diesem Zusammenhang habe ich auch einmal die Geschichte erzählt, wie ich an den damaligen Präsidenten der UDSSR, Michael Gorbatschow, geschrieben habe.Aber davon möchte ich heute nicht sprechen.
Als ich mit dieser Handball-B-Jugend Niedersachsenmeister wurde, hatte ich eine einschneidende Erkenntnis. Mir wurde mir einem Schlag klar, dass die Siege im Sport einen gewaltigen Nachteil haben: Siege, die heute errungen werden, sind morgen schon wieder Schnee von gestern.“
Meine handballerische Jugendarbeit hatte also nur einen sehr kurzen Gegenwartswert.
Ich aber wollte etwas verwirklichen, das auch dann noch wirkte, wenn ich selbst schon alt und müde geworden war.
Und so legte ich neben dem Sportlichen fortan vor allem darauf Wert, dass die jungen Menschen lernten, anderen Menschen offen und ohne Angst ins Gesicht zu blicken, eine eigene Meinung zu entwickeln und auch dazu zu stehen und ihren eigenen Weg zu gehen.
Natürlich habe ich das nicht bei allen mir anvertrauten Spielern erreichen können, aber bei zahlreichen! Und auch wenn diese Spieler mit wenigen Ausnahmen heute gar nichts mehr mit mir zu tun haben, so können sie das, was ich ihnen damals beigebracht habe, ihr Selbstbewusstsein und ihre persönliche Stärke bis heute nutzen! Und so habe ich etwas erreicht, das auch dann noch nachwirkt, wenn ich schon längst gestorben bin.
Aber nun noch einmal zurück zum Fußball und Bayern München.
Als ich ein junger Mensch war, verdiente Franz Beckenbauer damals bei Bayern München 5.000 Deutsche Mark, etwa 2.500 Euro im Monat, und Uwe Seeler bei Hamburger Sportverein 3.000 DM im Monat.
Heute verdienen Spieler wie Mario Gomez und Bastian Schweinsteiger mehr als 4 Millionen Euro im Jahr. Wenn unsere Bundeskanzlerin und der US-Präsident bei rund 250.000 Euro im Jahr verdienen, dann finde ich das angemessen. Wenn aber Fußballer mehr als 4 Millionen Euro im Jahr verdienen, finde ich das völlig unangemessen.
Ein kluger Mann hat einmal ausgerechnet, dass das Geld, das jährlich in sämtlichen Fußballprofiligen dieser Welt für Spielergehälter ausgegeben wird, ausreichen würde, um die Hälfte aller Hungernden auf dieser Welt täglich mit einer Mahlzeit zu versorgen.
Ich kann Fußballbegeisterung sehr gut verstehen und ich finde es auch gut, wenn junge Menschen sich mit einem Verein identifizieren, aber ich finde die Gehaltsdimensionen nicht mehr normal.
Die beiden angeblich besten Fußballvereine, Real Madrid und FC Barcelona,
sind mit 500 Millionen und 350 Millionen Euro verschuldet.
Vielleicht müssen wir lernen, umzudenken, nämlich, dass es nicht das Größte ist, dass Bayern die Champions League gewinnt, sondern dass es das Größte ist, eine Frau vor einer Vergewaltigung, ein Kind vor sexuellem Missbrauch und viele Menschen vor dem Hungertod zu bewahren!!!
Damit will ich nicht dazu aufrufen, sich nicht mehr für den Fußball zu begeistern, nein, es geht mir nur um die richtige Reihenfolge. Erst sollten wir mithelfen, diese Welt zu verbessern, heller und menschlicher zu machen und in zweiter Linie sollten wir uns an den sportlichen Erfolgen von Sportarten freuen, für die wir uns interessieren.
Es kommt darauf an, was für uns die zentrale Mitte ist, was uns wirklich wichtig ist.
Wenn wir darüber nachdenken und dementsprechend handeln, dann wird alles andere imk wahrsten Sinne des Wortes zweitrangig.
Ich wünsche Euch eine gute erholsame Nacht und grüße Euch herzlich aus Bremen
Euer fröhlicher Werner
Quelle: Karin Heringshausen
