Demokratie als Variante der Diktatur

Von Modesty

Inzwischen hat sich herumgesprochen, dass es bei der Sternstunde demokratischer Herrschaft, der Wahl des Regierungspersonals, keine Wahl mehr gibt. Zumindest keine Wahl mehr im Sinne von Alternativen. Denn die Möglichkeiten der Regierenden, gleich welchen Parteien sie angehören, werden in erster Linie von so genannten Sachzwängen definiert, also Bedingungen, die Wirtschaft und Finanzelite diktieren. Das sagt unsere Regierungschefin zwar schon länger – Stichwort “alternativlos” – aber so richtig glauben wollte es das Wahlvolk bisher noch nicht: Was zum Teufel soll eine Demokratie, die angeblich die beste aller denkbaren Staatsformen ist, denn dann noch wert sein?!

Es fährt ein Schiff nach nirgendwo:
Kein Zufall, dass der Ausflugsdampfer vor dem Bundeskanzleramt Nostalgie heißt…

Die Antwort liegt auf der Hand: Keinen Pfifferling! Ob sich nun eine Angela Merkel oder ein Peer Steinbrück vom Kapital (also Wirtschaft und Finanzelite samt deren Experten) diktieren lassen, was gefälligst zu tun sei, ist tatsächlich scheißegal. In etwas anderen Worten hat das auch der Politikwissenschaftler Herfried Münkler im Deutschlandradio Kultur gesagt. Interessanterweise schreckt er allerdings vor seiner eigenen (zutreffenden!) Analyse zurück, dass es keine Alternativen bei den Wahlen mehr gäbe, und betont, dass er nichts Böses über die Demokratie sagen wolle, auch wenn diese, nun ja, offenbar jetzt an ihre Grenzen stoße, angesichts einer immer mächtiger werdenden Bürokratie und einer damit eingehenden Expertenherrschaft. Die Politik lagere immer mehr wichtige Entscheidungen in Expertenzirkel aus und entziehe sie damit demokratischer Kontrolle. Für Münkler stellt sich nun die Frage, ob man die Demokratie modernisieren könne, etwa durch den Einbau von mehr direktdemokratischen Elementen, oder ob man sich mit einer Expertenherrschaft abfinden müsse.

Ich finde beide “Alternativen” nicht besonders attraktiv und fordere ausdrücklich dazu auf, sich über echte Alternativen zur bekannten derzeit praktizierten parlamentarischen Demokratie inklusive ihrer Selbstaufgabe zugunsten einer Expertokratie (siehe Italien) Gedanken zu machen. “Demokratie” heißt nämlich keineswegs, dass das Volk das Sagen hat, es heißt nur, dass das Volk die herrschende Regierung akzeptieren muss, weil es sie ja selbst mit ausgesucht hat. Ziemlich perfide, nicht wahr?

Als Anregung empfehle ich einen Ausschnitt aus dem Film “Der Diktator” von und mit Sacha Baron Cohen. Der Film “erzählt die Geschichte eines Diktators, der sein Leben riskiert, um sicherzustellen, dass die Demokratie sein Land, das er so liebevoll unterdrückt, nie heimsuchen wird.” (zitiert nach Wikipedia.)

Man muss kein ausgesprochener Fan des oft doch recht rüpeligen Cohen-Humors sein, um diese Szene zu kapieren: Der Diktator Aladin zählt vor den Vereinten Nationen in New York die Vorzüge der Diktatur auf: Ein Diktator könnte den Reichtum im Land an eine kleine Oberschicht verteilen, die Steuern senken, damit die Reichen noch reicher werden, Bedürfnisse der Armen völlig ignorieren, Medien und Wahlen manipulieren, ausländische Gefangene Foltern, überhaupt willkürlich Leute, die ihm nicht passen in Gefängnisse werfen, sich Lügen ausdenken, um Kriege anzufangen und überhaupt die Leute so verängstigen, dass sie eine Politik unterstützen, die ihren Interessen völlig zuwider läuft.

Nicht nur den betroffenen dreinblickenden Zuschauern in der Filmszene dürften all diese Dinge ziemlich bekannt vor kommen.