«Dem Verfassungsschutz traue ich so weit wie der NPD»

Dieses Interview haben wir mit Marina Weisband auf Twitter geführt. Viele Politiker, so auch Volker Beck (Die Grünen) oder Peter Altmaier (CDU/CSU), sind auf dem sozialen Netzwerk aktiv und nutzen die Möglichkeit, um mit Wählern in Kontakt zu treten. Weil nur 140 Zeichen pro Statusmeldung zur Verfügung stehen, müssen sie sich kurz fassen. Groß drumherum reden ist also nicht drin.

Sie sind sehr erfolgreich auf Twitter. Wird man da irgendwann vorsichtiger in Bezug auf das, was und wie man schreibt?

Marina Weisband: Ich habe gelernt, dass ab einer gewissen Followerzahl Sarkasmus keine gute Idee ist. Aber ich bin nicht viel vorsichtiger geworden.

Studentin vs. Politkerin: Wie viel Zeit ist da bis zuletzt für welche Rolle draufgegangen?

Weisband: Ich habe an meiner Diplomarbeit seit Oktober nichts mehr gemacht. Ich schätze, Parteiarbeit nimmt 60-70 Stunden ein.

Das ist viel. Leidet da manchmal auch das Privatleben darunter? Oder wiegen die spannenden neuen Erfahrungen das auf?

Weisband: Ich leide nicht wirklich darunter. Es ist anstrengend, aber bereichernd. Für meinen Freund finde ich immer Zeit.

Als eines der bekanntesten Gesichter der Piratenpartei, das Sie sind: Schon mal den Promistatus bei Professoren ausgenutzt?

Weisband: Nicht wirklich. Ich bin im Studium bisher im zeitlichen Rahmen, musste es also nicht mal als Entschuldigung nutzen.

Sie wollen sich vorerst von der vordersten Piratenfront zurückziehen. Was haben Sie dort in den vergangenen Jahren gelernt?

Weisband: Im vergangenen Jahr! Ich hab viel über Menschen und Zusammenleben und Öffentlichkeit und Freiheit gelernt. Muss es erst sortieren.

Nehmen wir mal an, Sie geben einem Parteikollegen einen Tipp für den Politikbetrieb: Wie würde er lauten?

Weisband: Bleib du selbst! Es wird richtig schwer. Es wird verlockend sein, sich zu ändern. Alle werden sagen, man muss. Aber das ist falsch.

Es gab Situationen, in denen es für Sie verlockend war, sich zu ändern? Gibt es da ein Beispiel? Wie widersteht man dem Druck?

Weisband: Ich versuche, ein offenes Gehör für alle zu haben. Da kommt ziemlich viel Mist rein. Weiter zuhören ist aber trotzdem wichtig.

Warum ist Ihnen der Abschluss als Psychologin wichtig, wo Sie doch als Politikerin so erfolgreich sind und Karriere machen könnten?

Weisband: Politik und Erfolg sind nie beständig. Ohne Berufsabschluss muss man an seinen Pöstchen festhalten, um zu überleben.

Achtung, harter Themenwechsel! Was halten Sie von Erika Steinbachs Äußerung, die NSDAP sei eine linke Partei gewesen?

Weisband: Der ist Quatsch, quatschiger geht es nicht. McDonald’s ist doch auch nicht gesund, nur weil es draufsteht.

Hätte Erika Steinbach das in einem Gespräch mit ihnen gesagt: Was hätten Sie erwidert?

Weisband: Die NSDAP war keine sozialistische Partei. Unsere Vorstellungen von «rechts» messen sich sogar größtenteils an der NSDAP.

Nächstes Thema: Vorratsdatenspeicherung. – Ist das ein richtiger Weg, um Terroranschläge oder ähnliche Verbrechen zu verhindern?

Weisband: Nein. Sogar Studien haben inzwischen gezeigt, dass die Vorratsdatenspeicherung wirkungslos ist. Plus, sie erzeugt ein Klima gegenseitigen Misstrauens.

Umso erstaunlicher, dass unter anderem die CDU von deren Wirksamkeit überzeugt ist. Woher dieser Irrglaube? Was glauben Sie?

Weisband: Ich verstehe das Bedürfnis, etwas zu kontrollieren, das man nicht versteht. Aber Kontrolle ist hier nicht die Antwort.

Auch über den Verfassungsschutz wird gerade heftig diskutiert. Ist er überhaupt noch zeitgemäß?

Weisband: Seit ich dem Verfassungsschutz ungefähr so weit traue wie der NPD, finde ich ihn jedenfalls überflüssig.

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Marina Weisband (24), ist politische Geschäftsführerin der Piratenpartei. Sie trat 2009 in die Partei ein und wurde im vergangenen Jahr in ihr Amt gewählt. Vor wenigen Tagen machte sie mit ihrer Ankündigung, nicht erneut für ihr Amt kandidieren zu wollen und ihr Studium zu beenden, eher unfreiwillig Schlagzeilen. Seit einigen Wochen ist sie für die FAZ als Bloggerin aktiv.

Quelle:
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Marina Weisband – «Dem Verfassungsschutz traue ich so weit wie der NPD»


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