Auch die letzte Nacht war einfach mal wieder viel zu kurz, dabei dachte ich, dass der Schlaf nach Deinem letzten Gang nun endlich zu mir kommen würde.
Das war gestern ganz schön schwer, weißt Du das? Mit dem bestellten Taxi sind wir mega pünktlich am Friedhof angekommen und ich habe mich dann mit Michelle auf den Weg zur Kapelle gemacht, wo Du schon auf uns gewartet hast.
Dieser Weg war das allerschwerste gestern. Ich wollte ihn einfach nicht gehen müssen. Immer wieder bin ich stehen geblieben und habe nach einem Ausweg gesucht. Doch es gab keinen. Da warst Du als mein Ziel. Der Abschied von Dir. Weiß auch nicht mehr genau, wie ich es geschafft habe, dann doch plötzlich vor dieser Tür zu stehen.
Hab so vieles nur am Rande mitbekommen.
Die vielen Menschen, die kamen um – wie hat Silvio es genannt: „Dein Leben zu feiern.“. Da waren Verwandte, Freunde und Kollegen. Jede Menge wunderschöner Blumen und Gestecke. Michelle war mir eine so große Hilfe. Sie hat sich der Umschläge angenommen, die uns mitgebracht wurden. Ich hätte gar nicht gewußt wohin damit. Außerdem war ich die ganze Zeit am knuddeln. Meine Dankbarkeit an Alle, die gestern dabei waren ist unbeschreiblich. Du hättest sicher ganz erstaunt geguckt. Selbst nicht glaubend, bei wie vielen Menschen Du so einen Eindruck hinterlassen hast, dass ihnen es wert waren zu kommen. Daran musste ich zwischendurch immer denken. Und auch Du hättest jeden Einzelnen ganz fest in den Arm genommen aus Freude und Dankbarkeit. Das hab ich nun für Dich übernommen. Keine Sorge.
Als wir dann gebeten wurden, die Kapelle zu betreten war das auch nochmal… mega Scheiße… ja… ist nun mal so…
Hand in Hand bin ich mit unserer Tochter auf Dich zugegangen und wir haben beide unsere Tränen nicht zurückhalten können. Es sah alles so wunderschön aus. Ich hab das Bild aufstellen lassen, dass Dir selbst am Besten gefallen hat, glaube, das Ganze hätte Dir unheimlich zugesagt. Auch den Song, den ich für diese Stelle rausgesucht hatte… mehr als passend. Nur etwas leise abgespielt.
Die Grabrede kannte ich ja auch nicht. Und so kam, wie es kommen musste…
Michaela hat das so wunderbar rüber gebracht. Ich hab geweint und gelacht. An viele Kleinigkeiten gedacht und natürlich auch an unseren gemeinsamen Lebens-Höhepunkte. Bin so froh und dankbar, dass ich Dich ein Stück begleiten durfte, ein Teil von diesem Deinen Leben war.
Besonders schwer und gleichzeitig unendlich schön war die Stelle, an der Michaela über das Verhältnis zwischen Michelle und Dir gesprochen hat. Aber auch hier: wir haben geweint und geschmunzelt. Haben uns gegenseitig festgehalten und Taschentücher zugeschoben. Es gab nur noch uns drei. Alles Andere um uns herum war ausgeblendet. Sicher hättest Du uns beide am liebsten in Deine starken Arme genommen und versucht zu trösten. Doch das ging nicht. Und so sind die Tränen und Gedanken unaufhaltbar zu dir geflossen. Und das war gut so. Michelle hat noch auf eine ganz besondere Art Abschied genommen. Ich weiß, dass Du geweint hast, als Du der Song gespielt wurde, den sie heraus gesucht hat. Für Eurer ganz eigenes Auseinandergehen. Zwischen Tochter und Dad.
Auch Michaela hatte danach ihre Probleme, wieder zu Dir und Deiner Lebensgeschichte zu kommen. Dieser Song geht einfach nur mega ans Herz.
Doch sie hat es geschafft und so wurde auch Dein letzter Lebensabschnitt noch wunderbar dargestellt. Sicher waren Einige der Anwesenden erstaunt, was so über Dich und Dein Leben erzählt wurde. Schließlich kannten Dich Viele nur eine relativ kurze Zeit. Dabei hast Du so viel er- und durchlebt. So viele verschiedenen Stationen angefahren, bevor Du weiter gezogen und bei uns angekommen bist.
Ab da ist meine Erinnerung ziemlich verschwommen. So schade es ist, aber meine Gedanken waren bei Dir und dem, was nun noch kommen würde. Diese letzten Schritte bis zu Deinem Baum. Michelle hat festgestellt, dass in der Baumnummer Dein Alter enthalten ist. Sicher auch ein Grund, warum es genau dieser geworden ist. Wie in Trance sind wir Dir gefolgt.
Und dann war da dieses „Erde zu Erde“ und so…
Ich hab nur noch gehofft, dass es Dir gut geht, Du nicht mehr traurig bist und Deinen Frieden gefunden hast. Wir packen das hier – weißt Du! Deine Kraft, Ruhe und Beständigkeit ist ja bei uns. Die kann uns auch keiner mehr nehmen. Genau wie all die Erinnerungen.
Wir halten uns einfach an den letzten Song und denken an Dich, so wie Du es gewollt hättest:
Wollt ihr mich sehn, so schließt die Augen.
Wollt ihr mich hörn, so lauscht dem Wind.
Wollt ihr mich sehn, schaut in die Sterne.
Wollt ihr mich hörn, kommt an den Fluss.Wenn Musik erklingt, lasst mich bei euch sein.
Wenn ihr die Krüge erhebt und feiert, ebenso.
Bei helllichtem Tag wie bei Feuerschein: Gedenkt meiner und dann seid bitte froh.
Ich finde, wir haben das gestern dann auch noch ganz gut umgesetzt. Erst im großen Kreis und ganz zum Schluß nur noch Kalle, Helge und ich. Wir haben es endlich mal geschafft, gleichzeitig zusammen zu kommen. Und Du warst so nah bei uns. Hast mit uns getrunken und gelacht.
Wir werden versuchen, das auch weiter so umzusetzen. Kommt mir nicht so vor, als ob das Klappen wird. Doch ich werd mich bemühen. Für Dich – ein allerletztes Mal…
