Death Cab For Cutie live im Wiener Gasometer
Ja, Death Cab For Cutie sind eine Rockband. Das hätte man schon vorab wissen können, auch wenn man auf den gestrigen Auftritt im Wiener Gasometer als österreichischer Fan lange warten musste.
Live-Videos gibt’s immerhin en masse. Trotzdem, der erste Moment, wir sind leider erst hineingesaust, als die Vorband schon vorbei war – und Ben Gibbard sich auf der heroisch inszenierten Bühne ums Mikrophon ränkelt, war schon mal gold wert. Oft als Softies der Branche abgetan präsentiert sich das ganze Set ausgefranst, abgerissen, roher, als man das glauben würde. Lieblich hätte man wohl eher erwartet. Das Gasometer ist ja nicht die liebste Spielstätte des Wiener Publikums, da muss man auch nicht lange um den heißen Brei reden. Und trotzdem, dem Soundteam sei es gedankt, gestern ist da wirklich alles aufgegangen. Nun gut, teilen wir’s mal auf, 50 Prozent an die Tontechniker, 50 Prozent an die Band, die immerhin schon jahrelang gemeinsam auf der Bühne steht.
Death Cab For Cutie spielen ein zwar geradliniges, klares, aber nicht vorhersehbares Set (für die unter uns, die sich die Überraschung nicht durch vorhergehenden Check der Setlist nicht zerstört haben). Natürlich liegt der Fokus auf ihrem neuesten Streich Kintsugi, aber das nostalgische Herz schlägt eben immer noch höher, wenn Plans rezitiert wird. In der Schlange vor Einlass war ich Teil einer netten Konversation. Bzw. war ich gerade mit meinen besten Freunden am diskutieren darüber, welche Songs das Wiener Publikum wohl heute gerne hören würde. In meiner relativ unangespannten Erwartungshaltung, da ich dem letzten Album nur fangirladequates Mittelmaß zugestanden habe, habe ich natürlich großmaulig hinausposaunt, dass eh alle nur auf die Supersingle Soul Meets Body warten würden.
Da dreht sich der Typ vor uns um und sagt: Richtig. Ich warte auch nur darauf. Cheers to that hab ich mir gedacht, na das kann ja was werden. Zugegebenermaßen war es später natürlich dann ärgerlicherweise auch genau der Moment, an dem ich mir noch ein neues Bier geholt habe: der nämlich, auf den ich auch schon gute zehn Jahre gewartet habe. Als sie dann endlich ertönt, eine der größten Indie-Hymnen der frühen 10er Jahre. I want to live where soul meets body and let the sun wrap it’s arms all around me. Die Träne fließt, die Nostalgie auch.
Ich muss aber gleichzeitig revidieren: Ich war dann doch nicht nur wegen diesem Song hier. Das wäre der Band auch nicht gerecht geworden– und da geht es nicht nur um das vermeintliche Phänomen des One Hit Wonders, bzw. um den Fan, der sonst nichts anderes kennt. Jeder hat Bands seiner Jugend, die dann eben für ein besonderes Lied stehen, das auch nicht übertroffen werden kann. Als Ben Gibbard aber zum Beispiel rein akustisch, nur mit Gitarre auf der Bühne steht – und das Publikum lauter singt als er selbst, ist Gänsehaut eine Untertreibung. Ein Set, ewig lang, ewig spannend. Death Cab For Cutie sind über die Jahre einfach nur noch besser geworden. I will follow you into the dark.
Autor
Lisa SchneiderAufgabenbereich selbst definiert als: Groupie, nichtsdestotrotz. Findet „Schrecklich amüsant aber in Zukunft ohne mich“ (David Foster Wallace) immer wieder treffend.
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