De Maizière will „Heldengedenktag“ einführen

16.2.2012 – Am Rande eines Truppenbesuchs in den USA hat Bundesverteidigungsminister Thomas de Maizière vorgeschlagen, in Deutschland einen Veteranentag einzuführen. Auf Kritik stößt dabei nicht nur der Vorschlag selber sondern vor allem auch das vom Minister ins Gespräch gebrachte Datum.

De Maizière will „Heldengedenktag“ einführenDe Maizière hält den Volkstrauertag für einen geeigneten Anlass, um die Veteranen der deutschen Bundeswehr zu ehren. Auch die Nationalsozialisten hatten den Feiertag im Jahre 1934 zum „Heldengedenktag“ umgemünzt und für ihre ideologischen Ziele genutzt.

De Maizière will „Heldengedenktag“ einführen

Vom Volkstrauertag zum Heldengedenktag

Der Volkstrauertag wurde auf einen Vorschlag des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge am 28. Februar 1926 erstmalig begangen. Die „Cellesche Zeitung“ berichtete am Tag darauf:

„Volkstrauertag! Der erste deutsche Volkstrauertag soll in erster Linie dem Ehrengedenken unserer im Weltkriege gefallenen Väter, Brüder und Söhne gewidmet sein. Es ist nur zu wünschen, daß sich diese ernste Feier recht tief und fest und feierlich, auch ohne viele Reden und Gesänge, aus dem ureigenen deutschen und menschlichen Empfinden heraus geltend macht in den Herzen des ganzen Volkes.“

Mit dem „Gesetz über die Feiertage“ benannten die Nationalsozialisten den Volkstrauertag am 27. Februar 1934 in „Heldengedenktag“ um. Von da an stand nicht mehr das Gedenken an die Kriegstoten aller beteiligten Länder im Vordergrund sondern die Heldenverehrung deutscher Soldaten. Die Nazis missbrauchten den Feiertag von da an, um im Rahmen von propagandistischen Großveranstaltungen völkisches und rassistisches Gedankengut zu pflegen und zu verbreiten, den Krieg vorzubereiten und das Bild des „deutschen Helden“ in der Mitte der Gesellschaft zu verankern.

Im Jahr 1952 wurde der Volkstrauertag in der Bundesrepublik wieder in seinen ursprünglichen Sinn zurückgeführt. In Abgrenzung zur faschistischen Tradition wurde er an das Ende des Kirchenjahres verlegt. Gedacht wurde seitdem den „Toten zweier Kriege an den Fronten und in der Heimat und den Opfern der Gewaltherrschaft aller Nationen“. In der DDR wurde anstelle des Heldengedenktages der „Internationaler Gedenktag für die Opfer des faschistischen Terrors und Kampftag gegen Faschismus und imperialistischen Krieg“ eingeführt.

In der rechtsextremen Szene in Deutschland wird der Begriff „Heldengedenktag“ bewusst weiterhin verwendet. An diesem Tag finden Nazi-Aufmärsche, zweifelhafte Gedenkveranstaltungen und rechtsradikale Kundgebungen statt.

De Maizière will „Heldengedenktag“ einführen

De Maizière will Veteranen ehren

Der Verteidigungsminister wählte als Rahmen für seinen historisch zweifelhaften Vorstoß ausgerechnet einen Besuch in den USA. Hier spielt die unkritische Verehrung von „Kriegshelden“ traditionell eine große Rolle. Ohne der unzähligen unschuldigen Opfer in Korea, Laos, Vietnam, Kambodscha, Indonesien, Chile, Angola, Argentinien, El Salvador, Irak, Nicaragua, Iran, Sudan, Jugoslawien, Afghanistan oder Libyen zu gedenken, werden hier die Akteure dieser Kriege gefeiert und ausgezeichnet.

De Maizière sagte über sein Veteranenkonzept, es sei überfällig und wir hätten uns bisher davor gedrückt.:

“Eine Tradition entsteht nicht durch Verordnung. Aber vielleicht kann man mal eine Tradition stiften, und die Zeit ist jetzt reif.”

Der Minister führte aus, dass er an einem solchen Tag nicht nur die verwundeten Soldaten würdigen, sondern auch Tapferkeitsmedaillen für besondere Leistungen im Einsatz verleihen wolle. Gerade mit diesem Vorschlag knüpft de Maizière unmittelbar an die NS-Tradition an. Anstelle von stillem Gedenken, nicht nur an die Opfer der Kriege sondern auch an die Schuld von deren Verursachern, soll der Volkstrauertag zu einem militärischen Spektakel mit Lobreden und der Verleihung von Orden, Abzeichen und Medaillen umgemünzt werden.

Unterstützung erhielt der Verteidigungsminister heute von dem CDU-Bundestagsabgeordneten Bernd Siebert. Der Politiker betonte, dass der Begriff Veteran der Preis sei, den die Angehörigen der Bundeswehr für die Verteidigung „unser aller Freiheit mitunter zahlen müssen“ und führte weiter aus:

“Für die Soldaten der Bundeswehr würde ein Veteranentag ein Stück Anerkennung für ihre schwierige und gefährliche Aufgabe bedeuten. Gerade im Hinblick auf die laufende Neuausrichtung der Bundeswehr ist eine neue Kultur innerhalb der Armee, aber auch im Zusammenspiel von ziviler Gesellschaft und den Streitkräften notwendig.“

Auf Ablehnung stieß der Vorschlag des Ministers dagegen bei dem SPD-Wehrexperten Rainer Arnold. Er sagte der „Mitteldeutschen Zeitung“, dass so ein Tag als „künstlich aufgepfropft“ empfunden würde. Außerdem halte er es für „undenkbar, das Veteranengedenken auf den Volkstrauertag zu legen“, da dieser Tag eine Tradition habe, die in „hohem Maße mit unserer unsäglichen Geschichte verknüpft“ ist.

Der Vorschlag des Ministers mag im Hinblick auf den neuen, aggressiven Kurs, den die Bundesregierung der Bundeswehr verordnet hat, konsequent wirken. Vor dem Hintergrund der historischen Verantwortung ist es unerträglich, wenn mit der Ummünzung des Volkstrauertages eine NS-Tradition wiederbelebt wird.

Betrachtet man zudem, den unsinnigen und absurden Bundeswehreinsatz in Afghanistan, dann täte de Maizière besser daran, sich um Schadensbegrenzung zu bemühen, als das Märchen von „Deutschlands Sicherheit, die am Hindukusch verteidigt werden muss“ durch einen Gedenktag für deutsche Veteranen zu bekräftigen und zu pflegen.

 


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