David Pelzer – Sie nannten mich ‘Es’

Von Nicsbloghaus @_nbh

Es ist kaum erträglich, dieses Buch zu lesen. Eine Aneinanderreihung von kaum zu begreifenden Folterungen prägen das Leben des jungen David Pelzer, der mit und in diesem Buch seine Kindheit zu verarbeiten versucht.

Es mag dahingestellt bleiben, ob das Lesen, das Mitleiden für den Leser so etwas wie therapeutische Wirkung hat. Vermutlich aber nicht. Das gesamte schmale Buch ist der Aufschrei einer gequälten Kreatur. In jeder Zeile, in jedem Wort ist zu spüren, dass Pelzer versucht zu begreifen, was ihm passierte. Und vor allem: warum.

Dieses “Warum?” durchzieht das gesamte Buch. Und es bleibt unbeantwortet. Es geht dem Autoren, es geht dem Kind einzig um das eigene Überleben. Die Kraft, die es bräuchte, um zu begreifen, warum die Mutter (von insgesamt 4 Kindern) ihn auswählte, um ihre sadistische Seite auszuleben; diese Kraft bringt Pelzer (in diesem Buch) nicht auf. Das kann er auch nicht. Er muss überleben.

Dieses “Tagebuch der Misshandlungen” zeigt eine Mutter, die ihren Sohn in einer Art und Weise quält, wie sie kaum vorstellbar ist. Ich erspare mir Einzelheiten.
Es zeigt einen Vater, der schwach und nicht in der Lage ist, sein Kind zu schützen. Es zeigt eine Umwelt, die Jahre braucht, um endlich zu helfen.
Und es zeigt ein Kind, das trotzdem um die Liebe seiner Mutter bettelt. Für mich ist das zu lesen fast quälender als von all den Schlägen und Misshandlungen zu erfahren.

Manchmal war mir beim Lesen, als würde ich das “Handbuch für Sadisten” in der Hand halten. Es ist – im wahrsten Sinne – unglaublich, was Menschen Menschen anzutun in der Lage sind. Und aus der Sicht eines Betroffenen wird es zu einem Aufschrei. Zu einem Warnschrei, hinzuschauen, was um uns herum geschieht. Dabei spielt es keine Rolle, ob sich all die Misshandlungen, die Dave Pelzer schildert, tatsächlich genau so zugetragen haben, wie er sie schildert. 1

Dave wurde gerettet. Seine eigenen, leidvollen Erfahrungen nutzt er heute dazu, gegen Kindesmisshandlung einzutreten Das hat er sich unter dem Motto “Hilfe zur Selbsthilfe” zur Lebensaufgabe gemacht.

Nic

PS: Es gibt noch zwei Folgebücher: “Der verlorene Sohn” und “Ein Mann namens Dave” in denen David Pelzer seine Biographie weiter erzählt.

David Pelzer – Sie nannten mich ‘Es’ – Goldmann Verlag (2000) – ISBN: 9783442150557 – 7,00 Euro

Webseite von Dave Pelzer

  1. siehe New York Times