Es ist wieder Urlaubszeit und wir sehen uns mit der Frage konfrontiert, wohin es denn gehen soll. Für eine Flug- oder Fernreise sind wir zu spät dran, also muss ein Urlaubsziel in Mitteleuropa her. Zwei Wochen stehen uns zur Verfügung und wir wollen mit Rad, Boot und Kletterausrüstung mal so richtig Gas geben. Nach einigem Suchen werden wir fündig: das Zentralmassiv. Diese Gegend beeindruckt nicht nur durch eine atemberaubende Landschaft, sondern bietet auch für ambitionierte Outdoorsportler jede Menge Möglichkeiten sich auszutoben.
Das Zentralmassiv ist ein im südlichen Frankreich gelegenes Mittelgebirge und erstreckt sich in dem Dreieck Limoges-Lyon-Toulouse. Typisch für das Zentralmassiv sind vor allem die in der Auvergne gelegenen Vulkankegel. Hier kommen Mountainbiker und Wanderer voll auf ihre Kosten. Im südlichen Teil, den Cevennen, dominieren vor allem tiefe Schluchten und Hochebenen. Die Flüsse Allier und Tarn sind für Paddler ideal geeignet und an den steilen Felsen der Flusstäler wurden zahlreiche Klettergebiete erschlossen.
Wandern
In der gesamten Auvergne gibt es zahlreiche Wanderwege. Je nach Geschmack kann man hier Touren mit vergleichsweise wenigen Höhenmetern und sanften Anstiegen machen oder auch die steil aufragenden Vulkankegel erklimmen. Das deutschsprachige Führer- und Kartenmaterial ist für die Auvergne gut und darüber hinaus sind in nahezu jedem Ort Toureninformationen beim Office de Tourisme kostenlos erhältlich.
Ein absolutes Muss: eine Wanderung auf den Puy de Dôme. Die typische Route beginnt auf dem Col de Ceyssat, wo man auch das Auto parken kann. Von dort kann man in etwa einer Stunde die 390 Höhenmeter zum Gipfel auf guten Wegen überwinden. Oben angekommen, wird man bei gutem Wetter mit einer herrlichen Fernsicht über weite Teile der Auvergne belohnt.
Mountainbike
Wer die einzigartige Vulkanlandschaft der Auvergne mit dem Mountainbike erkunden möchte, ist im Massif du Sancy bestens aufgehoben. Hier gibt es 47 beschilderte Tracks in zahlreichen Schwierigkeitsgraden mit einer Gesamtlänge von 437 Kilometern. Informationen über Streckenverlauf, Charakteristik und Schwierigkeit erhält man bei den Tourismusbüros in Issoire, Besse und St. Nectaire. Darüber hinaus ist man gut beraten, eine topografische Karte mitzuführen. Die Karten von IGN oder Michelin sind für dieses Gebiet sehr zu empfehlen und können entweder vor Ort oder in Deutschland erworben werden.
Ein Tourentipp: Tour des Lacs. Diese gut ausgeschilderte Tour führt an zahlreichen Seen der Auvergne vorbei und bietet Varianten sowohl für Tourenfahrer wie auch für Cracks und die Chance auf eine unvergessliche Tour in einer Bilderbuchlandschaft.
Klettern
Die wichtigsten Klettergebiete im Norden des Zentralmassivs liegen im Großraum Montluçon. Gerade die Felsen von Lignerolles bieten sehr schöne Klettertouren in überwiegend gemäßigten Schwierigkeitsgraden. Die Absicherung ist frankreichtypisch sehr gut und der Granit griffig. Die Felsen liegen jedoch gut versteckt in einem kleinen Wald und sind trotz Beschilderung an der Durchgangsstraße ohne Kletterführer nicht zu finden. Die Fédération Français de la Montagne et de l’Escalade hat einen recht einfach aufgemachten, aber dennoch zweckmäßigen Führer herausgebracht. Die aktuelle Auflage „Escalade Lignerolles, St. Genest (2013)“ gibt es beim Office de Tourisme in Montluçon und in Deutschland im Fachhandel.
Wer es beim Klettern ausgefallen mag, wird im Alliertal sein Glück finden. Was von Weitem schon fast wie Spritzbeton aussieht, stellt sich bei näherer Betrachtung als Basaltfelsen heraus. Die Kletterei macht sehr viel Spaß, ist aber auch gewöhnungsbedürftig. Die Struktur der Felsen beherbergt viele Kamine und Verschneidungen. Das Klettern ist daher oft ein Ziehen, Drücken und Schieben. Das Gestein ist sehr griffig, leichte Touren muss man jedoch suchen. Wer sicher im 5. besser aber 6. Grad klettert, wird hier trotzdem fündig werden.
Während es in Lignerolles und im Alliertal überwiegend einseillängige Touren gibt, geht es in der Tarn- und der angrenzenden Jonteschlucht hoch hinaus. Mehrseillängentouren in bestem Kalk sind an der Tagesordnung, wobei es auch kürzere Routen gibt. Die Absicherung ist wie erwartet vom Feinsten und die Landschaft einfach grandios. Mit den Kletterführern „La Jonte“ und „Le Tarn“ ist man bestens über die zahlreichen Klettergebiete informiert.
Paddeln
Auch mit dem Boot gibt es im Zentralmassiv einiges zu erkunden. Hotspots sind Allier und Tarn. In der Hochsaison sind diese Flüsse in den populären Abschnitten stark frequentiert und böse Zungen behaupten, man könne aufgrund unzähliger Boote den Fluss trockenen Fußes überqueren. Zahlreiche Verleiher bieten vor Ort Boote und Transport an, auch geführte Touren gibt es hier.
Eine populäre Paddelstrecke auf dem Allier ist der Abschnitt von Prades nach Langeac. Diese Tour ist landschaftlich sehr schön und überrascht immer wieder mit kleinen Stromschnellen, wobei WW II kaum erreicht wird.
Actionhighlight dieser Tour: eine kleine Bootsrutsche mit „Schanze“ am Wehr vor Langeac. Als Informationsquelle für den Allier ist der DKV-Führer 101 (Nordfrankreich/Benelux) sehr zu empfehlen.
Die Strecke von St. Enimie bis zum Pas de Souci ist mit Abstand der landschaftlich spektakulärste Teil des Flusses. Ein zweiter Abschnitt schließt sich von Les Vignes bis Le Rozier an. Diese Strecke ist ebenfalls sehr schön und kann durch ein paar nette Stromschnellen (WW I-II) punkten. Theoretisch könnte man auch die komplette Strecke von St. Enimie bis Le Rozier in einem Tag zurücklegen, dies beinhaltet jedoch eine ca. 1,5 km lange Umtragestrecke am Pas de Souci. Der Tarn ist im DKV-Führer 352 (Südfrankreich/Korsika) ausführlich beschrieben.
Allgemeine Reisetipps
So gut das TGV-Netz in Frankreich ist, so schlecht ist der Nahverkehr vor Ort. Mit Bus oder Bahn zur Wanderung oder zum Kletterfelsen zu gelangen, ist entweder schlicht unmöglich oder mit einem erheblichen Aufwand verbunden. Auch beim Paddeln hat man an Allier und Tarn keine Möglichkeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln umzusetzen. Wer mit dem eigenen Auto oder einem Mietwagen unterwegs ist, tut sich leichter.
Das Zentralmassiv ist ein Paradies für Urlauber und daher gerade in den Sommermonaten stark besucht. Wer mit Zelt oder Wohnmobil unterwegs ist, wird selbst in den Ferienkernzeiten einen adäquaten Platz bekommen. Ist man auf die Hotellerie angewiesen, kann es hier zu regionalen Engpässen kommen.
Alles in allem ist des Zentralmassiv ein riesiger Abenteuerspielplatz, auf dem es so schnell nicht langweilig wird.
Autorin: Lisa Kopas
Will man Lisa Kopas treffen, sollte man dort suchen, wo das Abenteuer wartet. Ob mit Seil und Haken, Ski oder Fahrrad, bei Lisa wird es so schnell nicht langweilig. Darüber hinaus bewältigt sie als freie Texterin und Autorin die Wirren der deutschen Sprache ebenso leicht wie hohe Berge und tiefe Täler.