Das Wunschkind-Buch und ich

Ist das "Wunschkind-Buch" überhaupt praxistauglich? Oder bringt einen die Lektüre erst recht an den Rand des Wahnsinns? Kann man in Trotzphasen überhaupt entspannt bleiben? Was das Besteller-Buch von Katja Seide und Danielle Graf mit mir gemacht hat, möchte ich heute einmal kurz (öhm, naja, ist dann wohl doch etwas länger geworden) beschreiben.
Das Wunschkind-Buch und ichVorweg: 1. Ich mag eigentlich keine Erziehungsratgeber, aber seitdem ich Mutter bin, hat sich erstaunlicherweise doch das eine oder andere Exemplar davon in mein Bücherregal verirrt. 2. Ich finde das Buch "Das gewünschteste    Wunschkind aller Zeiten treibt mich in den Wahnsinn. Der entspannte Weg durch Trotzphasen" toll. 3. Mein Erziehungsstil ist nicht klassisch "ap" (attachment parenting), ich weiß gar nicht, was er ist - vermutlich irgendwas zwischen autoritär und laisser-faire. 4. Das wird nicht die dröfzigstausendste Buchrezension des Wunschkind-Buchs, sondern eine kurze Beschreibung über die Auswirkungen der Lektüre auf meinen Erziehungsalltag.
Zum Erstlingswerk der Autorinnen des Blogs "Das gewünschteste Wunschkind aller Zeiten treibt mich in den Wahnsinn" ist nämlich wahrlich viel geschrieben worden. Rezensionen um Rezensionen voll überschwänglichen Lobs für diesen etwas anderen Erziehungsratgeber, der stressgeplagten Eltern von Kleinkindern den Umgang mit ihren kleinen Trotzköpfen erleichtern soll. Doch auch Kritik macht sich breit. "Das ist ja in der Praxis gar nicht umsetzbar" so der Vorwurf - zuletzt hatte sich die Rabenmutti Yasmin darüber beklagt, wie der Versuch, die Ratschläge des Buches umzusetzen, sie fast an den Rande des Wahnsinns getrieben haben. Darum hier nur kurz meine Sicht der Dinge.
Ich verstehe das Buch nicht als Bedienungsanleitung für den Umgang mit meinem Kind. So verstehe ich überhaupt gar keinen Erziehungratgeber. Ich erziehe schließlich nicht mit Buch in der Hand, sondern mit dem Herzen. Und mit dem Verstand. Das Wunschkind-Buch finde ich toll, weil es sehr ausführlich aber leicht verständlich erklärt, warum Kinder so sind wie sie sind, warum sie trotzen, toben, schreien und sich in den unmöglichsten Situationen "daneben benehmen." Es schafft Verständnis für das Kind und erleichtert, die Welt aus der Kinderperspektive zu betrachten. Allein dies führt dazu, dass ich mich mehr entspanne. Ich weiß, dass mein Kind mich nicht absichtlich in den Wahnsinn treibt, dass es nicht böswillig und hinterhältig ist und ich keine Angst haben muss,  dass es zu einem verzogenen Balg heranwächst, wenn ich nicht ständig mit dem erhobenen Zeigefinger daneben stehe und mit Konsequenzen drohe. Die beschriebenen Alltagssituationen und Lösungsansätze sehe ich als Vorschläge, wie man es machen kann. Ich denke, jeder muss schauen, was letztlich zu einem passt, wie man mit schwierigen Situationen umgehen will. Aber die Autorinnen zeigen mir eine Fülle von Handlungsmöglichkeiten, aus denen ich mich bedienen kann oder auch nicht. Jeder pickt sich am besten das raus, was für ihn funktioniert. Aber allein das Verstehen des kindlichen Verhaltens hilft schon viel, um mit stressigen Situationen entspannter umgehen zu können.
Was läuft bei uns jetzt anders?
Nach der Lektüre des Buches weiß ich: Viele Dinge (klopf mir selbst auf die Schulter) mache ich anscheinend schon "richtig" (wenn man überhaupt von "richtig" und "falsch" sprechen kann.) Ich begleite meine Tochter immer durch ihre Trotzanfälle und zeige Verständnis für ihren Frust, ihre hilflose Wut (auch wenn ich mich am liebsten laut schreiend daneben legen würde). Bei anderen habe ich leider voll versagt. Folgende Dinge habe ich geändert:
  1. Ich überlege genau, ob ein "Nein" jetzt wirklich sein muss, versuche die "Neins" wohldosiert einzusetzen, damit sie nicht ihre Wirkung verlieren. 
  2. Ich versuche positiv zu sprechen, also nicht "Sei nicht so laut", sondern"sprich bitte leiser". 
  3. Wenn ich wütend bin, nehme ich mir eine "Auszeit" (wohlgemerkt, ich mir, nicht umgekehrt), sage meiner Tochter, dass mich die Situation (nicht sie) gerade sehr frustriert und wütend macht und ich mich mal kurz abreagieren muss. Dann gehe ich aus dem Zimmer, atme, mache ein paar Kniebeugen oder "Squats"(Wut abreagieren und am Knackarsch arbeiten, hey, das ist doch eine Win-Win-Situation". Danach umarme ich meine Tocher ganz fest und und wir reden über die vorangegangene Situation. Ich hoffe, damit auch ihr Strategien mit auf den Weg geben zu können, wie sie mit ihrer Wut umgehen kann. Das im Buch beschriebene "Schieben" fand ich auch sehr interessant, das muss ich aber noch ausprobieren. 
  4. Ich achte jetzt viel bewusster darauf, wie toll mein Kind kooperiert. Es gibt tatsächlich so viele Alltagssituationen die mir vorher selbstverständlich erschienen, die aber in den Tat beachtenswert sind. Beispiel: Bei uns gibt es die Regel (jawohl, voll altmodisch, ich weiß), dass jeder sich beim Hereinkommen von draußen, im Flur Schuhe und Jacke auszieht, alles ordentlich wegräumt und sich dann im Bad die Hände wäscht. Das alles macht meine Tochter alles ganz selbstständig, meistens ohne daran erinnert zu werden. Toll! Noch eins: Nach dem Abendessen räumen wir gemeinsam die Spielsachen zurück in die Kisten und machen Ordnung im Wohnzimmer. Auch das macht sie geradezu mit Freude. 
  5. Ich versuche tagtäglich ihren "Glückskessel zu füllen, ihr viel Aufmerksamkeit und Beachtung zu schenken. Denn gerade jetzt, mit einem neuen kleinen Bruder, möchte ich, dass sie sich nicht zurückgesetzt fühlt, sondern möglichst viel Beachtung findet.
  6. Wenn sie beim Abholen aus der Kita quengelt, weil ich mich wieder mal mit einer anderen Mutter verquatsche, weiß ich: mein Kind braucht mich jetzt. Es hat so lange so toll kooperiert, jetzt ist das Kind an der Reihe, und ich kürze das Gespräch ab, um mich voll meiner Tochter widmen zu können. (Beim Übergabegespräch mit der Erzieherin quengelt sie übrigens nicht, da merkt sie wohl, dass das wichtig ist, nur wenn es darüber hinaus geht, wird sie ungeduldig - ihr gutes Recht.)
Was mache ich bewusst immer noch "falsch"?
Das ist bestimmt eine ganze Menge und mehr als ich hier beschreiben kann und möchte:
  1. Ich bringe ihr bei, "bitte" und "danke" zu sagen . Ich weiß, das ist "dressieren", Kinder lernen durch gute Vorbilder, aber das dauert mir ehrlich gesagt zu lange. Ich  schwöre, ich bin in dieser Hinsicht wirklich ein überaus höfliches und gutes Vorbild, aber trotzdem sagt sie die "Zauberwörter" nicht. Und ja, ich gebe auch zu, es ist mir peinlich, wenn meine Tochter an der Fleischtheke im Supermarkt eine Scheibe Wurst geschenkt bekommt und sie sich nicht bedankt. Also erinnere ich sie daran. Denn mir sind gute Umgangsformen wirklich sehr wichtig. Da bin ich altmodisch. 
  2. Ich bin der Chef. Manchmal möchte ich mich nicht mehr "auf Augenhöhe" begeben, sondern klare Ansagen machen - von oben herab. "So machen wir das jetzt und nicht anders. Basta." zugegeben, sehr autoritär so ein Verhalten, aber in manchen Situationen durchaus angebracht. Denn letztendlich muss ich einen stressigen Alltag wuppen, mit Kind, mit Baby, mit Haushalt, bald wieder mit Job. Da habe ich nicht immer die Zeit und Geduld, jederzeit auf mein Kind einzugehen. Da muss es manchmal auch einfach mal mitlaufen, funktionieren und - ja- auch mal einfach "gehorchen". 
  3. Ich greife ab und zu auf "Wenn-Dann-Sätze" zurück. Einfach, weil es mir in manchen Situationen logisch und angebracht erscheint, auf Konsequenzen hinzuweisen. Und ja, auch als Druckmittel. "Wenn du dir nicht die Schuhe anziehst, werden deine Füße nass und du wirst dich erkälten". Keine Ahnung, ob das kindliche Hirn mit dieser Kausalkette überhaupt was anfangen kann, ich mach es trotzdem. 
  4. Ich schnuppere immer noch am Windelpo meines Babys - aber ich schwöre, ich mach das seeehr liebevoll. Das ist für mich der einfachste und schnellste Weg festzustellen, ob ein Wickelstopp eingelegt werden muss. Und das Baby quiekt so niedlich, wenn ich mit der Nase am Popo rieche.
Mein Fazit: 
Ich bedanke mich bei den Autorinnen Danielle Graf und Katja Seide für diesen wundervollen, liebevollen Ratgeber, der in erster Linie Verständnis fürs Kind schafft und dabei hilft stressigen Situationen entspannter zu begegnen ohne die Angst im Nacken, kleine Tyrannen  herauszuzüchten, wenn man nicht hart durchgreift. Auch wenn ich nicht alles 1:1 umsetzen kann und möchte. Aber ich glaube, so war das auch gar nicht gedacht.

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