Das Wunder von Cleveland: Drei Entführungsoper nach zehn Jahren gerettet

Das Wunder von Cleveland: Drei Entführungsoper nach zehn Jahren gerettet

Drei junge Frauen, alle verschwunden vor rund zehn Jahren, wurden Montag in Cleveland (Ohio) lebend gefunden. Sie waren in einem unscheinbaren, doppelstöckigen Haus, Adresse Seymour Avenue 2207, festgehalten worden. Sie sollen gefesselt gewesen sein, die Polizei hätte an den Decken montierte Ketten gefunden, zitierte der Lokalsender WOIO Polizeiinsider. Offiziell blieben solche ersten Horror-Details vorerst unbestätigt. Der ehemalige Schulbusfahrer Ariel Castro (52) und zwei Brüder, Pedro (50) und Oneil (54), wurden verhaftet. Ariel ist jedoch als Haupttäter im Visier: Seine Brüder könnten Komplizen oder Mitwisser gewesen sein.

Castro schien ein umgänglicher Nachbar, spielte Bassgitarre, liebte Motorräder. Auf Facebook postete er religiöse Sprüche. Am 2. Mai schrieb er: “Wunder geschehen, Gott ist gut..” Er ging auf Nachbarschaftsgrillfeste. Niemand ahnte etwas von dem Horrorhaus. Komisch nur, dass immer die Jalousien bei allen Fenstern dicht waren. Und jetzt konnte sich plötzlich auch eine Nachbarin erinnern, dass einmal Frauenschreie aus dem Haus drangen…

Amanda Berry verschwand am 21. April 2003 am Heimweg nach einer Schicht beim „Burger King“. Einen Tag vor ihrem 17. Geburtstag. Gina DeJesus wurde am 2. April 2004 am Schulweg entführt. Sie war damals 14. Von Michelle Knight verlor sich 2002 die Spur. Die Fälle hatten Cleveland gefesselt: Vor allem Berry und DeJesus wurden jahrelang mit Vermissten-Postern gesucht, jährlich Gedenkfeiern abgehalten.

Montagnachmittag hörte Nachbar Charles Ramsey plötzlich Schreie aus einem Haus dringen: „Ich sitze zu Hause, esse mein McDonald´s”, sagte er, “als ich die Schreie hörte“. Er steigt auf die Veranda des Hauses, sieht durch einen schmalen Spalt in der Türe eine verzweifelte Frau. Sie fleht um Hilfe. Er hilft ihr beim Aufbrechen der Aluminiumtüre.

Berry kriecht heraus, ihre Tochter (6), die sie in der Gefangenschaft zur Welt brachte, an der Hand. Sie weint hysterisch, ist gekleidet in einem Pyjama, hat alte Sandalen an den Füßen. Eine weitere Nachbarin, Anna Tejeda (50), gibt ihr das Telefon für einen 911-Notruf, der ganz Amerika erschütterte: „Helft mir, ich bin Amanda Berry, ich wurde entführt und war vermisst seit zehn Jahren“, sagt sie frenetisch, atemlos. Und: „Ich bin hier! Ich bin frei!“ Ängstlich fügt sie an: „Kommt schnell, bevor er zurückkehrt“. Die eingetroffene Polizei findet die zwei weiteren Entführungsopfer.

Berry (27), DeJesus (23) und Knight (32) wurden ins „MetroHealth“-Spital gebracht. Sie waren unterernährt und dehydriert, heiß es. „Sie können sprechen, sie sind sicher hier, sie werden untersucht“, sagte Notarzt Gerald Malony. Berry posierte mit ihrer Tochter und ihrer herbeigeeilten Schwester zu einem „Wiedersehensfotoo“ am Spitalsbett. Dienstag wurden sie entlassen. Ihre Familien baten die Medien, die Privatsphäre zu achten. Die Opfer müssen unvorstellbares durchgemacht haben.

Das FBI durchsuchte die erste Nacht bis 5 Uhr morgens die Kidnapper-Adresse. Details über das Innere des Horror-Hauses blieben unter Verschluss. Die Polizei wich bei einer Pressekonferenz Fragen nach einer möglichen Tortur der Frauen als Sexsklavinnen aus.

Erforscht werden aber auch mögliche Fahndungspannen: 2004 ermittelten die Behörden, da Castro ein Kind in einem Schulbus vergessen hatte. Doch die Untersuchung verlief im Sand.


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