Eine der schönsten Tulpen in meinem Garten
„Dunkel war alles und Nacht. In der Erde tief die Zwiebel schlief,die braune. Was ist das für ein Gemunkel, was ist das für ein Geraune,dachte die Zwiebel, plötzlich erwacht.
Was singen die Vögel da droben und jauchzen und toben?
Von Neugier gepackt, hat die Zwiebel einen langen Hals gemacht
und um sich geblickt mit einem hübschen Tulpengesicht.
Da hat ihr der Frühling entgegen gelacht.“
Josef Guggenmos
„Die Tulpenzwiebel – sie ähnelt Dir und mir!“„In einem Lagerschuppen nahe einem Garten lebte einmal eine zufriedene und bequeme Tulpenzwiebel. Vielleicht wäre sie dort alt geworden, wenn sie der Gärtner nicht eines Tages ergriffen hätte, um sie einzupflanzen.
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„Es ist an der Zeit“, sagte er zu ihr. „Heute ist die Stunde für dich gekommen, das Leben kennenzulernen.“ „Deine rätselhaften Worte machen mir Angst“, entgegnete die Tulpenzwiebel mit zitternder Stimme. „Das Leben zu lernen, scheint mir nicht so verheißungsvoll zu sein, wie du es sagst. Es ist so ungewiss, was aus mir werden wird.Stimmt es denn, dass man in die tiefe dunkle Erde muss und ganz schmutzig wird?
In dem Lagerschuppen, in dem ich bisher lebte, war alles sauber. Ich war bei meinen Freunden und fühlte mich geborgen.“ „Du wirst dein Leben in dieser sauberen, wohl behüteten Umgebung nicht finden. Du wirst dich auf die Suche machen müssen, sonst vertrocknest du zu einer alten, dürren Zwiebel. Das Leben würde nie in dir aufbrechen, wenn du so bleiben willst, wie du jetzt bist. Du wirst es nur dann finden, wenn du bereit bist, zu wachsen.“
„Aber wenn du mich eingräbst, dann sterbe ich“, wehrte sich die Tulpenzwiebel immer noch. „Was heißt schon sterben“, entgegnete der Alte. „Du siehst es nur von einer Seite. Aus dem Dunkel der Erde wächst dein neues Leben. Du stirbst nicht, du wirst verwandelt. Je mehr du deine alte Gestalt aufgibst, desto mehr kann eine neue geboren werden, die dir selbst und den Menschen gefallen wird. Werde die, die du wirklich bist!“ „Das klingt fremd für mich, Gärtner: Werde die, die du wirklich bist? Ich bin doch schon jemand, eine Tulpenzwiebel.“
„So einfach, wie du denkst, ist es mit dem Leben nicht“, erklärte der Gärtner. „Manches, was dir heute weh tut und als Unglück erscheint, kann morgen dein Glück bedeuten. Nicht nur das Licht der Sonne fördert unsere Fähigkeiten und unsere Lebensenergie, sondern auch das Dunkel und die Erde helfen uns zum Wachsen und Reifen, wie nur sie es vermögen.“
„Es hätte so schön sein können, aber nun vergeht mein Leben in der Erde!“ Und sie schien sogar Recht zu haben. Denn ihre Gestalt veränderte sich mehr und mehr. Sie war nicht länger eine glatte, wohlgeformte Zwiebel, sondern begann runzlig und schrumpelig zu werden. Aber sie bemerkte auch, wie sich tief in ihr etwas regte und bewegte, von dem sie nicht sagen konnte, was es war. Dieses Gefühl in ihrem Innern versetzte sie für viele Wochen in unbekannte Unruhe.
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Nach langen, traurig-düsteren Tagen durchfuhr sie ein heftiger Schmerz, als ob eine Lanze sie aus ihrer Mitte heraus durchbohre. Diese Wunde eröffnete ihr einen neuen Lebensraum. Der Panzer ihres bisherigen Lebens war durchbrochen. An die Stelle abgrundtiefer Finsternis trat wenig später taghelles, wärmendes Licht: Ihr erster Trieb hatte nämlich die Zwiebelschale und den Erdboden durchdrungen. Das flimmernde Sonnenlicht, ein erfrischend prickelnder Luftzug und das vielstimmige Lied der Vögel umwarben sie nun.„Das also meinte der Gärtner“, dachte die heranwachsende Blume. „Wachstum betrifft das ganze Wesen. Mein äußeres Wachsen ist ein Gleichnis für etwas noch Größeres und Schöneres, das tief innen in meiner Mitte beginnt und dann die Schale durchbricht, damit sich der Kern, mein eigentliches Wesen, entfalten kann.“ Sanft streichelten die Sonnenstrahlen den hellgrünen Trieb, der sich wohlig räkelte und unter der Zärtlichkeit der Sonne wuchs. Es tat ihm gut, dass die Sonne ihn einfühlsam zum Leben lockte, ganz wie es seiner Kraft entsprach.
Quelle: Helmut Mühlbacher
Mit der Zeit bildete sich am Schaft des Triebes eine Verdickung. Die Blüte reifte und reifte. „Noch lebst du nur für dich selber und verwendest deine Kraft auf die Entfaltung deines Wesens“, erklärte der Gärtner. „Aber bald wirst du ganz offen sein für das Lächeln der Sonne, für die Schmetterlinge, für den Wind und den Regen. Du wirst Farbe und Duft und Freude in die Welt tragen, um diesen Garten für alle lebendiger und bunter zu machen. Dann wirst du blühen, kleine Blume, und es wird keine einzige Blume im großen Garten geben, die so ist wie du.“„Es bereitet sich schon vor“, flüsterte die Knospe. „Es ist, als ob sich in mir Schale um Schale schöbe. Aber nicht so wie in der Zwiebel. Die Schalen fühlen sich viel zarter und verletzlicher an, wie Schmetterlingsflügel. Wann ist der Tag gekommen, an dem ich meine Knospe öffnen muss?“ „Du musst so weit in den Himmel hineinwachsen, wie du in die Tiefer der Erde verwurzelt bist. Dann ist deine Stunde gekommen. Du wirst es spüren. Bald würde das Knospengehäuse zu klein sein für die Blüte. Ihre Blätter begannen schon, sich auszuspannen und auszudehnen.
Quelle: Astrid Müller
Die erwachsende Tulpe versuchte, ihre Blütensegel wie Flügel zu weiten. Aber noch waren sie im Dunkel ihrer Knospe gefangen und mussten mit aller Kraft drängen, um die behütende Knospe aufzubrechen. Das war nicht leicht. Jeder Riss in der Schale schmerzte ein wenig.Bald aber strömte helles Sonnenlicht durch die ersten Risse, ein wenig später begrüßte die junge Tulpe noch etwas zerknittert den sonnigen Tag. Langsam und vorsichtig tastend streckte sie ihre rotgelben, seidenen Blätter dem Licht entgegen. Sie ließ sich von der angenehmen Wärme durchströmen bis in die letzten Fasern.Ein unbekanntes Glücksgefühl durchzitterte sie, und sie empfand sich zum ersten Mal als ganz frei. Sie fühlte sich so leicht wie das Licht und zugleich so schwer wie die Erde und spürte, dass beides – Himmel und Erde – als eine große Wirklichkeit zusammengehören.“
Quelle: Frank Zickerick
Ihr Lieben,jeder von uns, Du und ich, gleicht dieser Tulpenzwiebel.
Jeder von uns muss irgendwann bereit sein, sich zu entwickeln, von der Zwiebel hin zu einer wunderschönen Blume. Ich mag diese Geschichte so sehr gerne, weil sie gleichnishaft zeigt, womit wir uns in unserem Leben meist abgeben:
Wir sind zufrieden, eine Zwiebel zu sein, wir glauben gar nicht daran, eine wundervolle, leuchtende und wunderschöne Tulpe werden zu können.
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Aber jedem von uns ist es bestimmt, das zu erleben!
Du musst aber eine Grundsatzentscheidung in Deinem Leben treffen,
die Dir niemand abnehmen kann:
Willst Du für den Rest Deines Lebens Zwiebel bleiben oder willst Du die Tulpe in Dir entdecken und diese zur Blüte bringen?
Und wenn Du Dich entschließt, Zwiebel bleiben zu wollen,
dann verzichtest Du auf etwas ganz Entscheidendes: Du wirst nie erfahren, was wirklich in Dir steckt, was Du wirklich für Möglichkeiten in Dir hast, über was für Talente Du wirklich verfügst. Aber es ist Deine Entscheidung!
Quelle: Marina Tiemann
Wenn Du Dich aber dazu entschließt, zur Tulpe zu werden, die Talente, Fähigkeiten und Möglichkeiten in Dir zu entdecken, dann musst Du unbedingt zwei Dinge beachten:Höre nicht auf die Entmutiger, auf diejenigen, die schon immer gewusst haben, dass Dir dieses oder jenes ohnehin nicht gelingen wird, die Dich davon abhalten wollen, Dein Ziel zu erreichen, Deinen Traum zu verwirklichen.
Es mag den Fall geben, dass jemand einen Traum, ein Ziel hat und versucht, das Ziel zu erreichen und den Traum zu verwirklichen und dass der Weg zum Ziel ein Weg der puren Freude, ein Weg des fröhlichen Voranschreitens ist.
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Aber lasst Euch nicht einreden, dass das immer so sein.
Der Normalfall ist das nicht.
Der Normalfall ist die Geschichte der Tulpe.
Der Weg zum Glück, zum Ziel, zur Traumerfüllung ist in den meisten Fällen auch mit schweren, dunklen Tagen verbunden, es ist eben nicht nur ein Schreiten auf einer Freudenbahn, sondern auch ein tägliches Bemühen, den Traum zu verwirklichen, das Ziel zu erreichen.
Auf dem Weg zu unserem Glück, zu unserem Traum, unserem Ziel verändert sich unser Wesen, kommt unser eigentlicher, wertvoller Kern zum Vorschein.
Und das mitzuerleben, ist eine wundervolle Erfahrung.
Ihr Lieben,
jedem Einzelnen von Euch wünsche ich, dass er keine Angst vor Veränderung hat und dass er den Mut hat, wie eine Tulpenzwiebel gegen alle Widerstände heranzuwachsen zu einer wunderschönen Tulpe, die alle erfreut, die sie sehen.Ich grüße Euch alle ganz herzlich aus Bremen
Euer zuversichtlicher und fröhlicher Werner
Quelle: Karin Heringshausen