Das Wunder der Ermutigung

Von Wernerbremen

Quelle: Helmut Mühlbacher


„Freundliche Worte können kurz sein und sind leicht zu sprechen, aber ihr Echo ist wahrhaft grenzenlos.“
Mutter Theresa

Ihr Lieben,
heute möchte ich Euch eine Geschichte von James M. und James C. Kennedy erzählen:

„Was Ermutigung vermag“

„Lilian war ein junges Mädchen französisch-kanadischer Abstammung, das in der bäuerlichen Umgebung von River Canard in Ontario/Kanada aufwuchs. Als sie sechzehn Jahre alt war, meinte ihr Vater, Lilien habe lange genug die Schule besucht.
Sie wurde gezwungen, die Schule zu verlassen, um aktiv zum Familieneinkommen beizutragen.
 
Es war das Jahr 1922 und mit Englisch als Zweitsprache, einer abgebrochenen Schulbildung und begrenzten Fähigkeiten sah die Zukunft für Lilian nicht gerade rosig aus.
Ihr Vater war sehr streng und unnachgiebig. Er akzeptierte niemals ein Nein als Antwort und ließ keine Entschuldigung gelten. Nun forderte er Lilian auf, eine Arbeit zu finden. Seine Tochter aber hatte nur sehr wenig Selbstvertrauen und ein geringes Selbstwertgefühl. Außerdem wusste sie nicht, was sie tun könnte.

Weil ihr Vater es so wollte, führ Lilian jeden Tag mit dem Bus in die großen Städte Windsor oder Detroit. Sie hatte jedoch nicht den Mut, auf Schilder mit der Aufschrift „Arbeitskraft gesucht“ zu reagieren und sich vorzustellen. Sie war noch nicht einmal in der Lage, an eine Tür zu klopfen. Jeden Tag fuhr die einfach in die Stadt, lief ziellos umher und kehrte nach Einbruch der Dämmerung nach Hause zurück. Ihr Vater fragte dann immer: „Hast Du heute endlich Glück gehabt?“
„Nein…heute hatte ich wieder kein Glück“, antwortete Lilian jedes Mal kleinlaut.Als die Tage verstrichen, fuhr Lilian immer noch mit dem Bus und ihr Vater fragte sie weiterhin, was ihre Arbeitssuche mache. Die Fragen wurden immer fordernder und der Ton des Vater immer bedrohlicher und Lilian wusste, dass sie bald an eine Tür würde klopfen müssen.
Auf einer ihrer Fahrten sah sie ein Schild des Unternehmens Carhartt Overall Company in der Innenstadt von Detroit. „Hilfskräfte gesucht“, stand auf dem Schild und „Bitte im Sekretariat melden!“

Sie stieg die lange Treppe zu den Büros der Firma empor. Ganz vorsichtig klopfte Lilian an die allererste Tür. Margaret Costello, die Bürovorsteherin, empfing sie. In gebrochenem Englisch erzählte Lilian ihr, dass sie an einer Stelle im Sekretariat interessiert sei, wobei sie behauptete, sie sei schon neunzehn. Margaret spürte, dass irgendetwas nicht stimmte, entschloss sich aber, dem Mädchen eine Chance zu geben.
Sie führte Lilian durch das alte Geschäftsbüro der Firma. In langen Reihen saßen viele Menschen an unzähligen Schreib- und Rechenmaschinen und Lilian fühlte sich, als ob hundert Augenpaare sie anstarrten. Mit gesenktem Kopf und die Augen auf den Fußboden gerichtet, folgte das Bauernmädchen Margaret bis ans hintere Ende des düsteren Raumes. Margaret ließ Lilian an einer Schreibmaschine Platz nehmen und sagte: „So Lilian, nun zeig uns doch einmal, was Du alles kannst.“
Sie wies Lilian an, einen Brief zu tippen, und verschwand. Lilian schaute auf die Uhr. Es war zwanzig Minuten vor zwölf. Um zwölf Uhr würden alle zum Mittagessen gehen. Sie nahm sich vor, dann in der Menge unterzutauchen und wieder zu verschwinden. Aber sie wusste, dass sie zumindest versuchen sollte, den Brief zu schreiben. 

Beim ersten Versuch schaffte sie eine Zeile, die aus fünf Wörtern bestand, und sie machte dabei vier Fehler. Sie zog das Papier aus der Schreibmaschine und schmiss es weg. Die Uhr zeigte nun Viertel vor zwölf. „Um zwölf Uhr“, sagte sie zu sich selbst, „werde ich mit der Menge verschwinden und niemand wird mich hier wieder sehen.“Beim zweiten Versuch schaffte Lilian einen ganzen Absatz, machte aber immer noch viele Fehler.
 
Erneut riss sie das Papier aus der Maschine, warf es weg und fing von vorn an. Diesmal schaffte sie den ganzen Brief, aber er war immer noch voller Fehler. Sie schaute auf die Uhr – noch fünf Minuten, und sie war wieder frei.
Genau in diesem Moment ging die Tür auf und Margaret kam herein. Sie ging direkt hinüber zu Lilian, legte eine Hand auf die Schreibmaschine und die andere auf Lilians Schulter. Sie las den Brief durch und hielt inne. Dann sagte sie: „Lilian, Du machst das sehr gut!“
Lilian war verblüfft. Sie schaute auf den Brief und dann auf Margaret. Nach diesen einfachen Worten der Ermutigung hatte sie nicht mehr den Wunsch, zu fliehen. Stattdessen fasste sie Vertrauen und dachte: „Nun, wenn sie meint, ich sei gut, dann muss es wohl stimmen. Ich denke, ich sollte bleiben.“
Lilian blieb in den Unternehmen…einundfünfzig Jahre lang!
Sie erlebte die Weltwirtschaftskrise und den Ersten Weltkrieg, elf Präsidenten und sechs Premierminister – und das alles nur, weil jemand die Einsicht hatte, einem schüchternen und unsicheren jungen Mädchen Selbstwertgefühl zu schenken, als es an die Tür klopfte.“
 

www.gerber-reisen.ch


Ihr Lieben,
als ich diese Geschichte las, musste ich zunächst einmal schmunzeln. In meiner Kindheit und Jugend gab es viele Menschen, vor allem Frauen, die in einem Unternehmen an einer Schreibmaschine arbeiteten. 
Das Computerzeitalter hat diesen Beruf ausstreben lassen. Heute kann eine Sekretärin mit einem guten Computer mehr schaffen als damals 25 Frauen, die fleißig Briefe und Ähnliches auf Schreibmaschinen tippten.
Unsere heutige Geschichte möchte uns zeigen, wie ungeheuer wichtig Ermutigung ist.
 
Ermutigung bedeutet, dass wir in dem anderen Menschen den Mut wecken, sich selbst etwas zuzutrauen. Denn nur dann, wenn wir uns selbst etwas zutrauen, dann können wir auch etwas bewirken, etwas schaffen, ein Ziel erreichen, eine Aufgabe zufriedenstellend erledigen.
Wenn wir also einen Menschen ermutigen, dann gewinnt er Freude an der vor ihm liegenden Aufgabe und er gewinnt Selbstvertrauen und Kraft und Zuversicht.
 
Wenn wir aber einen Menschen entmutigen, dann lähmen wir die Kräfte, die in dem anderem Menschen stecken und sein Mut, etwas zu vollbringen, nimmt ab oder schwindet ganz.

Aus bitterer eigener Erfahrung weiß ich, wie wichtig Ermutigung ist und wie lähmend Entmutigung wirken kann.
In meiner Jugend hörte ich auf dem Bremer Gymnasium, das ich besuchte, immer wieder:
Du bist zu dumm zum Lernen! Aus Dir wirst nie etwas Gescheites. Das Einzige, wozu Du taugst, ist, dass man Dir ab und zu den Hintern versohlt, bis es raucht!“

Hätte ich nicht gleichzeitig Menschen gehabt, die mich ermutigten, die mich liebten, die mir etwas zutrauten und mir halfen, dann wäre ich an den Entmutigungen zerbrochen und niemals zu dem fröhlichen Menschen geworden, der ich heute bin.
Uns begegnen jeden Tag Menschen, die auf unsere Ermutigung warten:
Unsere Partnerin, unser Partner, unsere Kinder und Enkelkinder, unsere Verwandten, Freunde und Bekannten und alle die anderen Menschen, mit denen wir es im Alltag zu tun haben.

Lasst uns ihnen das beste Geschenk machen, das es gibt: Ermutigung!
Ermutigung ist so einfach und kostet kaum etwas:
Nur einige freundliche Worte!
 

Quelle: Helmut Mühlbacher


Ihr Lieben,
ich wünsche Euch nun ein fröhliches, ein ruhiges und ein gesegnetes Pfingstfest und ich grüße Euch herzlich aus Bremen
Euer fröhlicher Werner

Quelle: Astrid Müller