Nach zwanzig Minuten hat er definitiv aufgegeben, der Herr Minister, und fuhr unverrichteter Dinge wieder nach Hause. José Ignacio Wert wollte heute Abend einen Vortrag in einem Hotel in Sevilla halten. Er kam nicht dazu. Etwa 100 (nicht-)Zuhörer liessen ihn gar nicht erst zu Wort kommen. Der spanische Minister für Bildung, Kultur und Sport hat keine guten Karten mehr in der Bevölkerung. Zum Beispiel seine Bestrebungen, die Staatsbügerkunde zugunsten von Religionsunterricht zurück zu drängen, verzeiht man ihm nicht.
Abends um 20 Uhr war sein Vortrag angesagt. Mit der akademischen Viertelstunden-Verspätung erschien der Herr Minister dann auch am Mikrophon in Sevilla. Ab Sekunde 1 schallten ihm Parolen entgegen wie “Wert escucha, Sevilla está en la lucha”, “Esto nos pasa por un Gobierno facha” oder “Wert dimisión”. Die Ordnungsrufe des Personals der organisierenden Zeitung “El Mundo” (Haus- und Hoforgan der konservativen Madrider Regierung) verhallten ungehört; auch die Bitten des Ministers brauchten kein Ergebnis. “Den muss man nicht ausreden lassen, wir wissen längst zur Genüge, auf welcher katholisch-neoliberalen Welle Wert schwimmt”, hiess es im Publikum.