Das war 2012 . . . für Muslime

Das war 2012 . . . für Muslime

Das Jahr 2012 nähert sich seinem Ende. Viel ist dieses Jahr passiert. „Das war ja mal wieder klar. Zu dem christlichen Neujahr gratulieren die! Was ist mit dem islamischen Neujahr?“- Ja ja… ich weiß, das islamische Kalenderjahr hat auch gerade erst begonnen. Also nochmal nachträglich ein schönes Jahr 1434 n.H! Lasst uns also gemeinsam unseren Blick über das letzte Jahr und seine Ereignisse schweifen. Wir haben uns in der Redaktion gefragt: Welche Momente waren im Jahr 2012 n.C. und 1433 n.H. von besonderer Bedeutung für deutschsprachige Muslime und vielleicht auch Muslime aus aller Welt?  Vorab eine kleine Warnung: Bei uns besteht kein Anspruch auf Vollständigkeit!

Und um erst einmal an all den anderen Jahresrückblicken, die uns schon die ganzen Wochen begleitet haben, anzuknüpfen, kommen wir schon auf unseren rekordverdächtigen Präsidenten, oder Ex-Präsidenten Christian Wulff zu sprechen. Nur 598 Tage hat es ihn am Schloss Bellevue gehalten, danach wollte oder konnte er nicht mehr. Die Presse setzte ihn wochenlang durch Aufdeckungen von Affären unter Druck. Dies machte ihn wohl zum deutschen Präsidenten mit der kürzesten Amtszeit in der bisherigen Geschichte. Doch wollen wir ihm nicht auch noch einen auf den Deckel hauen. Im Gegenteil. Gerade die deutschen Muslime erhielten durch ihn besondere Anerkennung: „Der Islam gehört zu Deutschland.“, ließ Christian Wulff in seiner Rede zum Tag der Deutschen Einheit im Jahre 2010 verlauten. Nach einem kurzen Beifall, trauten sich allerdings immer mehr kritische Stimmen nach vorne und kritisierten seine damalige Aussage. Auch Bundeskanzlerin Merkel gehörte zu den Kritikern. Der jetzige Bundespräsident Gauck wurde folglich gedrungen hierzu ein Statement  abzugeben. Dieser gab eine weniger bejahende Stellungnahme zur Zugehörigkeit des Islam bzw. der Muslime ab. Trotz alle dem: Danke, Herr Wulff für Ihren Mut!

Schloss Bellevue in Berlin (C) Christian Draghici / shutterstock

Am 26.Juni dieses Jahres gab das Landgericht Köln ein folgenreiches Urteil zur Beschneidung von Jungen ab. Eine Welle von Diskussionen und Debatten wurde ausgelöst. Das Gericht entschied aufgrund eines konkreten Vorfalls, in welchem bei einem vierjährigen Jungen durch die Beschneidung Komplikationen zwei Tage nach dem Eingriff eingetreten waren. Das Wohl des Kindes stehe über der freien Religionsausübung der Eltern, so hieß es. Es hätte keine medizinische Notwendigkeit bestanden. Körperliche Unversehrtheit vs. Religionsfreiheit. Die Debatte schafft es bis zum Ethikrat. Und es wird sogar zum Politikum. Muslime können wohl von Glück reden, dass sie nicht die Einzigen sind, welche Beschneidungen als religiöses Ritual pflegen. Auch der Zentralrat der Juden schaltet sich ein und gibt Rückenwind auf der Pro-Beschneidung-Seite. Das Ende kennen wir. Es bleibt dabei: Die Beschneidung darf weiterhin fortgeführt werden, wenn auch unter medizinischer Aufsicht, was wohl im Sinne aller sein sollte.

Ende Juli begannen die Olympischen Spiele 2012. Und noch viel wichtiger für Muslime – der segensreiche Fastenmonat Ramadan. Ja, das hat hier und da für Gesprächsstoff gesorgt. Denn was machen muslimische Hochleistungssportler bei den olympischen Spielen in London? Fasten oder doch lieber essen und vor allem: trinken? Die Gemüter spalten sich. Der oder die eine fastet, der andere nicht. Auf Reisen ist das Fasten zwar nicht verpflichtend, wenn man es dafür nachholt. Doch auch hier gilt diese Regelung nur für eine bestimmte Zeitspanne. Die Organisatoren mussten sich viel Kritik diesbezüglich anhören, weshalb man die Spiele nicht verschoben habe. Andererseits gingen sie mit ihren speziellen Iftar-Essenszeiten auf die fastenden Olympioniken im Gegenzug ein. Ein gelungener Kompromiss, wie wir finden. Und da wäre dann noch der Leichtathlet Mo Farah. Der Brite – geboren in Somalia – gewann den 5000m- und 10.000m-Lauf, was ihn neben dem Kurzstreckenläufer Usain Bolt zu einer olympischen Legende machte. Mo Farah, Muslim, wurde auf einmal zur Inspiration einer Nation. (Mo Farah running away from things [Achtung: Britischer Humor!])

mo farah (C) wikimedia

Für einen Aufschrei in der vorwiegend arabischen Welt sorgte der amateurhafte Film „Innocence of Muslims“. Trotz eines Millionen-Budgets, welches dem Regisseur angeblich zur Verfügung stand, ist der Film sicherlich nicht von Qualität gesegnet, weder technisch und erst recht nicht inhaltlich. Ein bescheuerter Versuch Muslime in Rage zu versetzen. Leider hier und da mit Erfolg. Als Konsequenz gab es etliche Demonstrationen und neben Verletzten leider auch Tote. Die Beleidigung des Propheten Muhammed, Frieden und Segen auf ihm, ist eine schändliche Tat, die jeden Muslim zugleich beleidigt. Als Muslim gilt es aber vor allem uns, vorbildlich zu handeln. Es wird auch in Zukunft mit Sicherheit irgendwelche Intelligenzbestien geben, welche vor solchen Verschmähungen keinen Halt machen werden. Doch wie sollten wir Muslime darauf reagieren? Das Magazin „Neewsweek“ hat eine ganz besondere Antwort zu der vermeidlich weltweiten Empörung der Muslime. „Muslim Rage“ – 13 aussagekräftige Bilder über die blutrünstige Meute. Wie wir von der Cube-Redaktion finden, die beste Art mit Idiotie umzugehen. (gawker.com)

Und dann wäre da noch ein ganz besonderer Kandidat, für den man eigentlich eine ganze Serie an Artikeln veröffentlichen könnte. Seit Amtsantritt unseres jetzigen Innenministers Friedrich wird es uns Muslimen wirklich nicht mehr langweilig. Wenn man glaubt, dümmer geht’s nimmer… dann wird euch Herrn Friedrich noch einen oben drauf setzen. Ganz besonders hervorgestochen ist der Gute im Jahr 2012 durch die „Vermisst“-Kampagne. Ihr Ziel ist es, im Interesse eines friedlichen Miteinanders, der islamistischen Radikalisierung von Jugendlichen und jungen Menschen entgegenzutreten, hieß es in einer Erklärung des Bundesinnenministeriums. Dass hiermit unterschwellig wieder alle ausländisch aussehenden Menschen eine potentielle Gefahr vorgeworfen wird,  scheint dem Bundesinnenminister völlig abwegig zu sein. Ach was täten wir nur ohne Friedrich! An der Stelle möchten wir nochmal an unseren Brief an Innenminister Friedrich erinnern: Die Muitation! Ein Brief an Innenminister Friedrich (Cube-Mag)

stasi 2.0 (C) gruenebremen / flickr

Ein kleiner Anhänger Friedrichs findet sich übrigens in Niedersachsen wieder. Landesinnenminister Uwe Schünemann – Partei- und wohl auch Gesinnungsgenosse zugleich. Er stellte Mitte Juni eine Broschüre mit einer Liste von etwa 30 sogenannten „Radikalisierungsmerkmalen“ mit dem niedersächsischen Verfassungsschutz vor. Diese solle den Arbeitgebern eine Hilfestellung sein, damit sie über ihre muslimischen Mitarbeiter Buch führen können. Quasi, Stasi 2.0! Über die Lächerlichkeit der angeführten Merkmale braucht man sich nicht zu streiten. Das Migazin berichtete erstmals darüber: www.migazin.de

Was uns sonst so dieses Jahr bewegte.

Die NSU-Morde sind weiterhin über das gesamte Jahr hinweg Top-Thema und der Verfassungsschutz schafft es doch immer wieder uns auf ein Neues mit Eklats und Pannen zu ‘überraschen‘. Eine Verteilaktion von Koran-Exemplaren auf Deutsch sorgt für Aufregung. Dabei sei die Intention dahinter das Bedenkliche gewesen. Syriens Freiheitskampf wird immer mehr zum Bürgerkrieg. Die Fronten sind erhärtet. Und nun rückt auch Deutschland mit bis zu 400 Soldaten an die syrisch-türkische Grenze. In Ägypten wird für eine neue Verfassung gestimmt. Die Revolution scheint allerdings nicht zur Ruhe zu kommen. Wie geht es mit dem Arabischen Aufstand weiter?

Und was Cube-Mag betrifft. Wir schauen uns heute Nacht die bunten Lichter an, spenden das Böller-Geld und bemühen uns 2013 wieder neue Standpunkte zu beziehen. Bis dahin wünschen wir allen Leserinnen und Lesern schöne freie Tage und den Studenten unter uns fleißiges Lernen!


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