Das Wandern ist nicht des Kindes Lust.

Von Eva Grossert @HiddenGemReise

Wandern mit Kindern und ein paar (nicht ernst gemeinte) Tipps, die Qual zu minimieren.

Es soll diese seltene Spezies geben, meine Nachbarn behaupten, sie hätten sie schon zu Gesicht bekommen, oder halten sich diese selbst sogar Zuhause: Kinder, die gerne wandern.

Nun ja, Schmerzempfinden und Toleranzschwelle sind bei jedem anders gepolt. Manch einer wird durchaus auch mit der rosaroten Brille geboren. Ich gehöre nicht dazu, mein Nervenkostüm ist dünn, um nicht zu sagen transparent, mein Temperament schnell am Überkochen, und mein Kind ist eben auch nur ein gewöhnliches Kind mit lahmem Beinen und spontan einsetzendem abwertenden Grunzen, sobald das Wort „Wandern“ fällt.

In letzten Bilderbuch Herbst in Südtirol habe ich es wieder am eigenen Leibe erlebt und gerade beim Frühjahrswandern das Déjà-Vu: Das Wandern ist zwar der bayerischen Eltern, aber entschieden nicht des Kindes Lust!

Gewissermaßen kann ich die Unlust gut nachvollziehen. Auch meine Eltern haben versucht, in die Zukunft zu investieren und mich in jungen Jahren auf jeden Berg rund um München geschleppt, der in weniger als drei Stunden erreichbar war. Die Früchte ihrer Saat konnten sie dabei nie ernten, denn bis heute kann ich keinen Gipfel aus der Ferne benennen und auf den Geschmack gekommen, einen Berg zu beradeln oder zu besteigen, bin ich erst in den Zwanzigern, als sie mich längst vor die Tür gesetzt hatten.

Warum tut man sich den Wahnsinn eigentlich an, der klassischerweise folgendermaßen abläuft?

– Das Kind ist guter Dinge als das Wort „Ausflug“ fällt (das Wort Wandern inklusive sämtlicher Synonyme unterschlagen wir in weiser Voraussicht).

– Die Autofahrt dauert bereits zu lange, erstes Gezeter setzt ein, als ihm schwant, wir werden wandern.

– Kind prescht die ersten Meter bergauf vor und wieder zurück, muss alsbald aufs Klo (am Parkplatz waren ausreichend vorhanden – mit fließend Wasser!).

– Hunger und Gejammer treten synchron auf und steigern sich von Höhenmeter zu Höhenmeter.

– Nach einem Viertel der Strecke, Trotzausbrüche und lautstarkes Klagen. Wir retten uns mit Gummibärchen und Ablenkungsmanöver bis zum letzten Viertel.

– Weitere Gegenmaßnahmen versagen zu diesem Zeitpunkt.

– Alle sind genervt, die Stimmung am Boden. Papa erbarmt sich und schleppt (ebenfalls unter Gejammer) das Kind auf den Schultern bis zum Gipfel/Ziel, Mutter unter Schweißausbrüchen beide Rucksäcke.

– Auf der Bergeinkehr mit Spielplatz und Tiergehege funktionieren Beine und Spieltrieb des Kindes urplötzlich hervorragend. Für eine Brotzeit bleibt keine Zeit.

– Nach den ersten Metern des Rückwegs setzt dann, wer hätte es gedacht, Hunger ein und das ganze Spiel beginnt von vorne.

Dieses allwissende Internet und schlaue Wanderführer halten eine Menge an Tipps und Tricks parat, wie das Wandern mit Kindern angeblich auch Spaß machen kann.

Wir haben alle mit mäßigem Effekt probiert.

Durchschlagend erfolgreich hat sich nur Folgendes erwiesen:

#1. Ohropax einpacken.

#2. Legen Sie eine Gummibärchenspur vom Parkplatz bis zum Gipfel und wieder zurück.

#3. Nehmen Sie andere Kinder mit auf die Wanderung. Der Schuss könnte allerdings auch nach hinten losgehen und Sie haben das Gemaule unfreiwillig potenziert.

#4. Parkieren Sie das Kind am nächsten Baumstumpf mit Essen, Trinken, einem mobilen Gerät und ausreichend Podcasts, Games oder Videos.

#5. Nehmen Sie die Bergbahn, machen Sie es sich in der Sonne mit Radler und Germknödl bequem, und lassen Sie das Kind am Spielplatz austoben.

#6. Lassen Sie das Kind besser gleich bei der Oma.

#7. Oder legen Sie sich einfach ein besonders dickes Fell zu.

Wir geben auch nicht auf. Wir wollen schließlich Familienauszeiten, etwas gemeinsam erleben, dem Kind die Schönheit der Natur und unserer Heimat zeigen. Und wenn es so läuft wie bei mir, ist das schon die halbe Miete.

Wenngleich ich persönlich nichts mehr davon habe, vielleicht erinnert meine Tochter sich später an gemeinsame schöne Familienerlebnisse, so wie auch ich es tue.

Dass auch ich meinen Eltern gehörig auf die Nerven gefallen bin, haben beide Parteien erfolgreich verdrängt und heute überwiegen schöne Erinnerungen.


Und wie läuft das bei Euch üblicherweise? Habt ihr die ultimativen Ratschläge oder einfach die Geduld mit dem Löffel gegessen?

Bilder: ©HIDDEN GEM