Das verdanken wir der Sex-Revolutionärin
Beate Uhse. Bei diesem Namen stellt sich manch einer einen abgehalfterten Pornostar vor. Ganz falsch. Doch die bekannteste Erotikunternehmerin Deutschlands war kein Vamp, sondern die spießige Mutter zweier anständiger Kinder. Sie trugt gestrickte Westen und war immer brav zugeknöpft.
Uhse ist der lebende Beweis dafür, dass ein offener Umgang mit Sexualität nichts mit Anzüglichkeit und mangelnder Moral zu tun hat. Dass sich Frauen ganz selbstverständlich über ihr Sexleben unterhalten, ihre Fantasien ausleben und experimentieren können, ohne sich als Schlampen fühlen zu müssen, ist ihr größter Verdienst.
Die Sexunternehmerin war eine Vorreiterin in jeder Beziehung: Beate Uhse hat in den 1950er Jahren Dinge gemacht, die sich damals für Frauen nicht schickten. Sie war Deutschlands erste und einzige Stunt-Pilotin. Und sie hat – was weit bekannter sein dürfte – gegen alle Widrigkeiten den ersten Sexshop und schließlich ein erfolgreiches Millionenunternehmen aufgebaut.
Ständig unter Gegenwind
Dafür wurde sie ständig von der Kirche und Konservativen verklagt. Sie war ihrer Zeit voraus, wurde für ihre Vision stigmatisiert. Durchgesetzt hat sie sich trotzdem und ein gutes Stück zu unser aller sexuellen Freiheit beigetragen.
2001 verstarb Beate Uhse an einer Lungenentzündung. Das ZDF versuchte jetzt, zehn Jahre später, mit einem Film unter dem Titel Beate Uhse – Das Recht auf Liebe ihre Biographie filmisch umzusetzen. Was hat uns die Erotikrevolutionärin hinterlassen? Wie konnte eine einzige Frau die sexuelle Revolution so entscheidend vorantreiben?
Im Interesse der Frauen
Beate Uhses Erfolg baut vor allem darauf, dass sie sich den Frauen zugewandt hat, von denen sie erwartete, ihre Sexualität in die eigene Hand zu nehmen. So begann ihre Karriere nicht als berechnende Geschäftsfrau, die mit Sex Geld verdienen wollte, sondern als Aufklärerin. Eher psychologisch und gynäkologisch interessiert als verruchte Geschäftsführerin schmuddeliger Sexshops.
Beate Uhse war sich früh des Dilemmas ihrer Geschlechtsgenossinnen nach dem zweiten Weltkrieg bewusst: Einerseits hatten junge Frauen ein großes Bedürfnis nach Sexualität, andererseits Angst, wegen Wohnungslosigkeit und Zukunftsängsten Kinder zu bekommen. Sie brachte deshalb eine Broschüre über die Verhütungsmethode nach Knaus-Ogino heraus. Bis 1947 verkaufte sich die Schrift X etwa 32.000 Mal.
Uhse wurde so zur gefragten Ratgeberin in Sachen Sexualität und Erotik. Bald verkaufte sie auch Kondome zur besseren Familienplanung und sogenannte «Ehebücher», in denen Tipps für ein gesundes Sexleben gegeben wurden. 1951 gründete die Aufklärerin mit vier Angestellten das «Versandhaus Beate Uhse», um die deutschlandweite Nachfrage decken zu können.
Gebrandmarkt
1962 öffnete in Flensburg ihr «Fachgeschäft für Ehehygiene», der erste Sexshop der Welt. Uhses Anwalt musste ihr raten, das Geschäft zu Weihnachten zu eröffnen, da in der besinnlichen Zeit keine Übergriffe empörter Bürger zu befürchten seien und sich die Aufregung danach abgekühlt haben würde.
Auf Anzeige besorgter Bürger wurden die «Artikel für Ehehygiene» wie Kondome und Vibratoren bald darauf dennoch polizeilich verfolgt, da sie angeblich «der unnatürlichen, gegen Zucht und Sitte verstoßenden Aufpeitschung und Befriedigung geschlechtlicher Reize» dienten. Über 2000 Anzeigen wurden bis 1992 gegen Beate Uhse eingereicht. Der Börsenverein des Deutschen Buchhandels verweigerte ihrem Stephenson Verlag den Eintritt «wegen sittlicher Bedenken» und der Flensburger Tennisclub wollte sie wegen «allgemeiner Bedenken» nicht als Mitglied akzeptieren. Beate Uhse wurde zur märtyrerhaften Missionarin einer gesunden und offenen Sexualität.
Erfolgreiche Visionärin
Die Zeit arbeitete aber für Uhse. 1996 eröffnete sie 77-jährig in Berlin das Beate-Uhse-Erotik-Museum. Drei Jahre später, 1999, ging die Beate Uhse AG an die Börse. Spätestens da war klar: Der Erotikversand ist ihretwegen gesellschaftsfähig geworden. Sexspielzeuge zu besitzen hat nichts Anrüchiges mehr, sexuellen Rat und Hilfe bei Experten zu suchen oder frischen Wind in die Ehe bringen zu wollen schon gar nicht. Spaß am Sex und erotische Experimente – gern auch mit Hilfsmittelchen – gehören heute wie selbstverständlich zu einer funktionierenden Partnerschaft und einem erfüllten Singleleben. Beate Uhse sei Dank.
Sendehinweis: Beate Uhse – Das Recht auf Liebe läuft am Sonntag, dem 9. Oktober um 20.15 Uhr im ZDF.
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Beate Uhse – Das verdanken wir der Sex-Revolutionärin
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