An und für sich wundert es nicht, wenn in den sog. westlichen Demokratien das Recht vielfach gebrochen wird. Die Nichtbeachtung der No-Bailout-Klausel, der fortgesetzte Siedlungsbau in Palästina durch Israel, die US-Drohnenmorde von deutschem Boden aus, alles das ist hinlänglich bekannt.
Ein kurzer Ausflug in die Historie kommt bei Kenntnis des Völkerrechtes bzw. des Internationalen Rechtes zu der Erkenntnis, dass Gebietsabtretungen als Folge eines Krieges von nicht befugten Teilgliederungen des besiegten Landes nicht zulässig waren und sind.
Es überrascht nicht, dass in Zeiten des neu entflammten KALTEN KRIEGES die Propagandamaschinerie auf allen Seiten auf Hochtouren läuft. Die NachDenkSeiten haben das umfänglich illustriert, um nur ein Beispiel zu nennen.
Insbesondere die Bundesregierung unter Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) lässt keine Möglichkeit aus, um auf den Völkerrechtsbruch in der Ukraine, den Präsident Putin höchstpersönlich zu verantworten hat, hinzuweisen. Es wird so getan, als ob nicht eine überwältigende Mehrheit der Bevölkerung auf der KRIM die erlangte Eigenständigkeit demokratisch gewählt hatte. Und die Wahlen waren mindestens so demokratisch, wie so manche Wahlen in der westlichen Welt.
Fraglich ist, ob die Behauptung des Bruches des Völkerrechtes tatsächlich angebracht ist, oder ob auch diese Behauptung in die Kategorie Propaganda einzuordnen ist?
Es fällt auf, dass die ansonsten so “fachlich” diskutierenden Talkshows es bisher versäumt haben, Völkerrechtler mit unterschiedlichen Meinungen diskutieren zu lassen. Das zeigt auf, dass in Zeiten des Säbelrasselns Beiträge für die Zuschauer unerwünscht sind, die Anlass zu eigener Meinungsbildung sein könnten. Befürchtet wird wohl auch, dass die Zahl der medial diffamierten “Putin-Versteher” in der Bevölkerung noch anwachsen würde.
Das “Völkerrecht” hebt bereits bei der Begriffsbildung das Teilsubstantiv VOLK hervor. Es sollen also augenscheinlich die Rechte des Volkes geschützt werden, nicht die etwa von Regierungen!
Die UN-Menschenrechtspakte (IBPR) heben bereits in Artikel 1 hervor, dass alle Völker das Recht auf Selbstbestimmung haben! Zur Erinnerung: Damit sind die VÖLKER angesprochen, nicht die zufällig Regierenden, die möglicherweise die Interessen und die Rechte des Volkes missachten.
Weiter heißt es in Artikel 1:
“…Kraft dieses Rechts entscheiden sie über den politischen Status und entfalten in Freiheit ihre wirtschaftliche, soziale und kulturelle Entwicklung.”
Artikel 2 bestimmt, was noch besonders hervorzuheben ist, folgendes:
“Alle Völker können für ihre eigenen Zwecke frei über ihre natürlichen Reichtümer und Mittel verfügen, unbeschadet aller Verpflichtungen, die aus der internationalen wirtschaftlichen Zusammenarbeit auf der Grundlage des gegenseitigen Wohles sowie aus dem Völkerrecht erwachsen. In keinem Fall darf ein Volk seiner eigenen Existenz beraubt werden.”
Hervorzuheben ist, dass das Selbstbestimmungsrecht ein übergeordnetes Recht des Volkes ist (vgl. auch Kimminich, Einführung in das Völkerrecht, 6. Auflage, Tübingen, Basel 1997 S. 119 ff) und somit ein “Gruppenrecht” darstellt (vgl. Ipsen, Völkerrecht, 4. Auflage, München 1999, § 28 Rdnr. 6, 16)! Es hängt also nicht vom Bestehen eines Staatsgebietes ab, sondern lediglich von der Existenz eines Volkes (vgl. Ipsen, aaO, § 28 Rdnr. 3).
Nur nebenbei sei erwähnt, dass Annexionen und Vertreibungen als Folge eines Krieges klar völkerrechtswidrig sind. Wenn die Brüche von Völkerrecht dazu führen würden, dass Regierungsvertreter schweigen müssten, wenn ihr Staat in der Vergangenheit sich an solchen Völkerrechtsbrüchen beteiligt hatte, dann wäre beinahe flächendeckendes Schweigen bei den streitenden Parteien im Ukraine-Konflikt angesagt. Ergänzend wäre noch darauf hinzuweisen, dass bereits die bestehende bzw. nach einhelliger Auffassung die Staaten bindende Haager Landkriegsordnung (HLKO) vom 18.10.1907 vielfältig in den beiden Weltkriegen und danach von allen Seiten gebrochen wurde.
Dass das Grundgesetz ebenfalls auf die bevorzugte Achtung des Völkerrechtes abstellt, kann Artikel 25 GG entnommen werden:
“Die allgemeinen Regeln des Völkerrechtes sind Bestandteil des Bundesrechtes. Sie gehen den Gesetzen vor und und erzeugen Rechte und Pflichten unmittelbar für die Bewohner des Bundesgebietes.”
Zwar wird ab und an an Verträge erinnert, die das Staatsgebiet der Ukraine garantiert hatten, allerdings wird mit diesem Hinweis davon abgelenkt, dass es die Bevölkerung in der KRIM selbst ist, die ihr eigenes Schicksal in die (Wahl-)Hand genommen hatte! Präsident Putin hier Vertragsbruch vorzuwerfen, erscheint vor dem Hintergrund des klaren Wahlergebnisses geradezu albern.
Allerdings weist die Missachtung des Willens der Bevölkerung bei westlichen Regierungspolitikern darauf hin, wie weit sich die neoliberalen Eliten bereits von der DEMOKRATIE entfernt haben. Das VOLK darf außerhalb der zu wählenden Parteien alle 4 oder 5 Jahre nur Zuschauer sein, keineswegs bzw. nur bedingt (nur wenige Möglichkeiten des Volksentscheides) das eigene Schicksal in die Hand nehmen. Noch nicht einmal über eine neue Verfassung (vgl. Artikel 146 GG) durfte das gesamte deutsche Volk bisher abstimmen, um das Grundgesetz (von den damaligen Alliierten genehmigte Verwaltungsvorschrift besetzter Gebiete) abzulösen. Bis heute werden die Bürger darüber im Unklaren gelassen, warum es nicht längst eine Verfassung gibt, die dem deutschen Volk zur Entscheidung vorgelegt wird. Liegt es an der in Artikel 146 GG postulierten “Freiheit” (noch geltendes Besatzungsrecht?) oder noch unvollständiger “Einheit” Deutschlands?
Wie auch immer, der deutsche Bundesfinanzminister ist offenbar nach eigenen Verlautbarungen der Auffassung, dass sich der Nationalstaat überholt hätte; er strebt, wie alle Alt-Parteien, den EU-Einheitsstaat an, selbstredend ohne das Volk danach zu fragen, ob es damit einverstanden ist. Die abgehobenen GRÜNEN vertraten vor wenigen Jahren sogar die Auffassung, z.B. Claudia Roth, dass sie bedenkenlos die deutsche Staatsbürgerschaft gegen eine EU-Bürgerschaft tauschen würden. Und das vor dem Hintergrund, dass Staatsrechtler wie Prof. Dir. iur. Karl Albrecht Schachtneider von der “despotisch” strukturierten EU sprechen. Eine EU der abgehobenen Eliten, der Finanzeliten und KONZERNE, nicht die der Bürger. Selbst Prof. Dr. jur. Roman Herzog, Alt-Bundespräsident und ehemals Präsident des BVerfG nennt die EU undemokratisch. Der immer behutsam, präzise und vorsichtig formulierende Jurist drückte es in aller Kürze und Klarheit aus: Der EU mangelt es an DEMOKRATIE. Das bedeutet in aller Klarheit, dass die EU in ihrer jetzigen Struktur das Selbstbestimmungsrecht der Völker der EU-Länder klar missachtet. Es fehlt z.B. die Bestimmung, dass EU-Mitglied nur sein kann, wenn das Volk des beitrittswilligen Staates den Willen zum Beitritt in freier Wahl zuvor entschieden hat.
Die skizzierten Gedanken machen deutlich, dass die Bundesregierung besser auf den Vorwurf der Missachtung des Völkerrechtes verzichten sollte.
Zu fragen wäre vielmehr, ob nicht auch ISRAEL angesichts der vielfältigen Völkerrechtsbrüche durch unter Anderem unberechtigte Landnahme mit SANKTIONEN zum Einlenken bewegt werden sollte?!
Die Kriegsführung gegen den IRAK hatte sich ebenfalls als klarer Völkerrechtsbruch herausgestellt. Warum wurden die kriegsführenden Parteien bisher nicht verpflichtet, Reparationen zu leisten, insbesondere Renten und Entschädigungen an Zivilisten zu zahlen?
Warum wurde der Internationale Gerichtshof in Den Haag nicht tätig, mindestens bei den Kriegsparteien, die diese Gerichtsbarkeit anerkennen?
Die Beispiele ließen sich beinahe beliebig erweitern, was an und für sich nachdenklich machen sollte, weil insbesondere die westliche Welt auf der Anklagebank sitzen würde.
Alleine die Tatsache, dass das seit Jahrzehnten begangene Unrecht zum Alltag gehört sollte zu der Erkenntnis führen, dass das Völkerrecht, wie oben dargelegt, nichts taugt, um Vorwürfe an den vermeintlichen Gegner zu richten!
Die Wahrheit ist, dass sich das Volk der KRIM eindeutig entschieden hat. Diese Entscheidung muss allseits anerkannt werden; sie entspricht dem Selbstbestimmungsrecht der Völker.
Ob die Ost-Ukraine als weitgehend souveräner Teil in der Ukraine verbleiben will, entscheiden die Bürger, die dort leben. Die westliche Welt wäre gut beraten, verbal abzurüsten und einen friedlichen Konsens in Abstimmung mit Russland herbeizuführen.
Das setzt allerdings voraus, dass die gewaltbereiten Politiker in Kiew ebenfalls abrüsten und auf militärische Gewalt verzichten.
Wer das VÖLKERRECHT als Argument im Munde führt, der muss in erster Linie das Selbstbestimmungsrecht des Volkes verwirklichen und die Waffen ruhen lassen.
Der anzustrebende Konsens könnte sein, dass die Bevölkerung in der Ost-Ukraine sich nach 5 Jahren entscheiden kann, ob sie in der UKRAINE verbleiben wollen oder nicht. Bis dahin sind Souveränitätsrechte zu gewähren, wie sie für Bundesländer üblich sind.
Das Volk der KRIM hat sich entschieden; das muss endlich anerkannt werden.