Ich kenne das Phänomen aus dem Lehreralltag: Kaum hat man den Termin für das Elterngespräch abgemacht, verhält sich das Kind tadellos und man fragt sich, was man den Eltern denn eigentlich erzählen soll.
Oder aus dem Mutteralltag: Hat man sich erst durchgerungen und einen Arzttermin vereinbart, sinkt das Fieber auf der Stelle und vom Husten des Kindes ist auch nichts mehr zu hören.
Dass das Phänomen einen Namen hat, habe ich allerdings erst heute erfahren:
Am Montag beim Zmittag lag der perfekte Sohn plötzlich unter dem Tisch und der Stuhl, der eben noch neben ihm gestanden hatte, krachte ihm auf den linken Fuss. Es tat unglaublich weh, der kleine Zeh schwoll rasch an, wurde rot und blau, und ans Schuhetragen war nicht zu denken. Am Dienstag humpelte der perfekte Sohn in Crocs in den Chindsgi. Am Nachmittag war der Zeh violett und dick geschwollen.
Ich fand es an der Zeit zu wissen, ob wir es mit einem Bruch zu tun hatten oder nicht. Also rief ich beim Kinderarzt an und vereinbarte einen Termin für heute Nachmittag.
Nach dem Anruf ging der perfekte Sohn in Crocs ohne zu humpeln in den Kinderchor. Anschliessend hüpfte er auf Nachbars Trampolin. Der Zeh war immer noch violett und dick, aber sonst? Nun denn, der Termin bei der Ärztin stand, und wir würden ihn einhalten.
Als wir schliesslich bei der Ärtzin ankamen, war der Zeh regenbogenfarbig und kaum noch geschwollen. Von Humpeln war gar nicht zu sehen. Wir schilderten ihr den Verlauf, inkl. der heilenden Wirkung des Anrufs bei ihr, und sie lachte:
„Ja, das therapeutische Telefon! Die Mutter ruft beim Arzt an, und sofort geht es dem Kind besser. Wie gut, dass Sie angerufen haben!“
Das therapeutische Telefon! Schöner kann man es nicht ausdrücken.
P.S. Der Zeh ist sehr wahrscheinlich nicht gebrochen. Einen Tape-Verband hat er trotzdem bekommen und die Auflage, in den nächsten Tagen nicht barfuss zu gehen. Mal schauen, wie wir mit dieser Therapie klarkommen…