Ein Mensch im 21 Jahrhundert verbindet mit dem „Gefängnis“ einen düsteren Ort in denen Verbrecher – Mörder, Räuber, Vergewaltiger etc. zu langen Haftstrafen verurteilt, Ihre Strafe ableisten müssen. In unserer zivilisierten Welt allerdings sind selbst die Haftanstalten menschenwürdig und mit einem gewissen Komfort für die Insassen ausgestattet. Willkürliche Morde, Erpressungen und Verbrechen innerhalb dieser kleinen in sich geschlossenen Welt, mag es heutzutage ebenfalls geben, allerdings sind die geschilderten Dimensionen der Gewalt vor knapp 300 Jahren wesentlich brutaler.
Die Autorin Antonia Hodgson lässt die Handlung von „Das Teufelsloch“ in diesem berüchtigten, berühmten Gefängnis spielen. Es ist immer schwer, für einen historischen Roman zu recherchieren. Die Quellen finden sich zumeist in Bibliotheken, Archiven, Museen u.a. natürlich auch die wissenschaftlichen Erkenntnisse von Archäologen usw. Diesen Quellen wird sich die Autorin höchstwahrscheinlich bedient haben, doch das wichtigste war wohl das Tagebuch von John Grano, der von 1728 bis 1729 im Marschalsea lebte. Die geschilderten Haftbedingungen, die im Roman verwendet wurden, entspringen demzufolge nicht einer grausamen Fantasie. Die Autorin vermutet, dass die Verhältnisse unter der Willkür des Direktors und der Wächter noch weitaus grausamer gewesen sein dürften.
Antonia Hodgson erzählt das Leiden des jungen Pastorensohnes Tom Hawkins im Marschalsea sehr drastisch. Sein Schicksal ist für die damaligen Verhältnisse realistisch vorgestellt. Das Marschalsea war ein Schuldgefängnis und Tom Hawkinsausschweifender Lebensstil mitsamt Alkohol, Frauen und Glücksspiel führte ihn letztlich in die Mauern des Gefängnisses. Die inhaftierten Schuldner sind der Willkür und der Geldgier des Direktors ausgesetzt. Für Unterkunft und Verpflegung muss gezahlt werden auf der „Masters Side“ – ansonsten sieht man sich als „mittelloser“ Gentleman in den überfüllten Baracken der „Common Side“ wieder, dass gleichwohl einem Todesurteil gleichkommt. Inmitten von zwielichtigen mitgefangenen und verbrecherischen Aufsehern, bekommt Tom Hawkins den Auftrag einen Mord in den Mauern des Marschalsea aufzuklären, damit wäre er wieder ein freier Mann. Leichter gesagt als getan: absolut unerfahren in der Ermittlungsarbeit und sowieso naiv, gerät er schnell in unmittelbare Lebensgefahr.
Die Handlung geht in dem sehr realistisch erzählten Grauen des Marschelsea`s unter. Willkürliche Auspeitschungen durch den Direkter, Erpressung, Mord, Krankheit und Hunger und selbst von barbarischer Folter – die Autorin Antonia Hodgson nimmt kein Blatt vor dem Mund. Da der Schauplatz der Handlung recht übersichtlich ist, ist die Anzahl der Haupt- und Nebencharaktere ebenfalls eingeschränkt. Das schränkt allerdings die spannende Handlung nicht ein, wenn diese sich auch wie schon erwähnt auf das Grauen konzentriert. Die Atmosphäre ist wie erwartet dunkel und fürchterlich beklemmend und manchmal verliert sich die Autorin in ausufernden Dialogen. Für einen Debütroman ist „Das Teufelsloch“ allerdings sehr stark, eine Fortsetzung erscheint am 2.11.2016 mit dem vielversprechenden Titel: „Der Galgenvogel“.
Fazit
„Das Teufelsloch“ überzeugt durch eine anhaltend beklemmende Atmosphäre mit einem überzeugendenden Tom Hawkins und seinem Talent, immer wieder ins sprichwörtliche Fettnäpfchen zu treten.
Antonia Hodgson beweist viel Talent und Geschick spannende historische Fakten, noch ein Stückchen spannender zu beschreiben. Perfekte Unterhaltung garantiert.
Michael Sterzik