Immer mehr arme indische Eltern geben ihre Töchter weg, als eine Art Kreditsicherheit. Denn sie brauchen viel Geld für die spätere Hochzeit der Mädchen. Eine Heirat ist für Mädchen aus armen Familien die einzige Chance auf soziale Absicherung. Doch die Eltern müssen den Mädchen eine finanzielle Aussteuer mitgeben. So verlangt es die Tradition. Ohne Geld würde kein Mann sie nehmen. Weil sie die Aussteuer nicht bezahlen können, verkaufen hunderttausende Eltern ihre Töchter für ein Kreditversprechen an die Textilindustrie. Es gibt wenig Lohn und der wird erst am Ende ausgezahlt – nach Jahren der Knechtschaft. Wenn die Kindheit vollends gestohlen und vorbei ist.
Was hat das alles mit uns zu tun? Eine ganze Menge: Das T-Shirt, das wir tragen, das Sommerkleid oder die modische Unterhose – viele Produkte hierzulande wurden von Priya und ihren Leidensgenossinnen hergestellt. Rund 40.000 Mädchen sollen derzeit versklavt sein, vor allem in den Spinnereien. In Indien ist das Problem seit langem bekannt, doch kaum etwas passiert. Menschenrechtler fordern daher mehr Aufklärung in den Abnehmerländern. Die Konsumenten sollten wissen, woher die Kleidung kommt, die sie tragen: Nur die Macht des Marktes könnte etwas verändern, so die Experten.
Zoom-Autor Michael Höft begibt sich auf Spurensuche. Es stellt sich heraus: Die “schmutzige Ware” trägt viele bekannte Markennamen. Als Hersteller beschäftigen die Unternehmen Lieferanten in Südindien, und die bekommen ihre Rohware aus Fabriken, in denen die Mädchen praktisch gefangen gehalten werden. Tirupur in der Provinz Tamil-Nadu hält einen traurigen Weltrekord. Nirgendwo sonst auf der Welt gibt es so viele Selbstmordversuche wie hier. Die Opfer sind meist Mädchen zwischen 14 und 19 Jahren. Die meisten versuchen sich mit Pestiziden das Leben zu nehmen. Oder sie übergießen sich mit Benzin und zünden sich an. Dennoch geht die Versklavung der jungen Mädchen weiter.
Quelle: http://zoom.zdf.de/ZDFde/inhalt/8/0,1872,8488008,00.html