Auf einen Kaffee / Foto: Christoph Baumgarten
WIEN. (hpd) Ein Richter am Landesgericht Leoben hat die Klage eines ehemaligen Schülers des Stiftsgymnasiums Admont abgewiesen. Der war als Kind nach eigenen Angaben schwer misshandelt und vergewaltigt worden. Das Stift sei nicht verantwortlich, befindet der Richter, sondern der Staat.Trüge der Schriftsatz nicht die Unterschrift eines Leobener Richters, man könnte beinahe meinen, er stammte aus der Feder des Anwalts des Stiftes Admont. Die mehr als eigenwillige Rechtsauffassung findet sich 1:1 in dem richterlichen Beschluss wieder, den der Richter »im Namen der Republik« gefällt hat. Mit dem er die Klagen eines ehemaligen Internatsschülers abschmettert, der angibt, dass ihn Lehrer im Internat des Stiftsgymnasiums geschlagen und vergewaltigt hätten.
»Handelnde Organe des Bundes«
Wenn überhaupt jemand Schmerzensgeld für die erlittenen Torturen leisten müsste, sei es die Republik Österreich, befindet der Richter knapp und mit der gleichen Begründung wie der Anwalt des Stifts. Das Stiftgymnasium habe das Öffentlichkeitsrecht besessen, schreibt er in der Begründung, »sodass der Zweit- und Drittbeklagte als handelnde Organe des Bundes in Vollziehung der Gesetze tätig geworden sind«.
Öffentlichkeitsrecht mit öffentlicher Schule verwechselt?
Was den Richter zu dem Schluss verleitet: »Gemäß § 1 Abs 1 Amtshaftungsgesetz haften der Bund, die Länder, die Bezirke, die Gemeinde, sonstige Körperschaften des öffentlichen Rechts und die Träger der Sozialversicherung nach den Bestimmungen des Bürgerlichen Rechts für den Schaden am Vermögen oder an der Person, den die als ihre Organe handelnden Personen in Vollziehung der Gesetze durch ein rechtswidriges Verhalten wem immer schuldhaft zugefügt haben; dem Geschädigten haftet das Organ nicht.«
Das ist eine – höflich formuliert – kühne These, die Themen zusammenbringt, die nichts miteinander zu tun haben. Jeder halbwegs Kundige kann sich des Eindrucks nicht erwehren, der Richter verwechselt hier »öffentliche Schule« mit einer »Privatschule mit Öffentlichkeitsrecht«. Das ist die denkbar höflichste Erklärung für die geradezu groteske Begründung, mit der die Klage abgewiesen wird.
Eine öffentliche Schule ist eine öffentliche Schule und gehört einem öffentlichen Träger. Das sind der Bund oder – theoretisch – die Gemeinden. Sie hat einen Schulsprengel. Alle Kinder, die im Schulsprengels eines, sagen wir, öffentlichen Gymnasiums wohnen, müssen dort hingehen, wenn sie ein Gymnasium besuchen wollen. Wollen sie in ein anderes Gymnasium, müssen sie das der Schulbehörde bekannt geben.
Eine Privatschule mit Öffentlichkeitsrecht ist einer öffentlichen Schule nicht gleichgestellt. Sie hat nur das Recht, Prüfungen abzuhalten und Zeugnisse und Abschlüsse auszustellen, die den gleichen Stellenwert haben wie die einer öffentlichen Schule. Eine Privatschule bleibt sie trotzdem.